Die drei Steine der Macht
Wall bildete, in dessen Schutz der Hafen von Altseeburg, der Hauptstadt der Welt, lag. Max blickte hinaus auf das Meer. Wellen, die sich an den Felsen brachen, mit denen die Landzunge verstärkt worden war, bespritzten ihn mit Meerwasser. Er spürte es kaum. Ziellos schweifte sein Blick in die Ferne. In Gedanken sah er die Geschehnisse der letzten Wochen an sich vorbeirauschen. Vor beinahe einer Ewigkeit war sein größtes Problem ein kaputtes Auto gewesen. Nun lag das Schicksal dieser Welt auf seinen Schultern. Die Weise Magna hatte ihn wieder nach Hause bringen sollen, stattdessen hatte sie diese Bürde auf ihm abgeladen. Der größte Teil von ihm hatte Angst. Angst vor dem, was ihn erwartete. Angst, dass er es nicht schaffen könnte und vor den Konsequenzen daraus. Ein kleiner Teil war aber froh, dass das Abenteuer noch nicht zu Ende war, denn so konnte er noch weiter mit Anemone, Mimbelwimbel und Hund zusammen sein. Sie wollten ihm bei seiner Aufgabe beistehen und bei seiner Suche helfen. Er drängte seine Gedanken zurück. Das Grübeln half ihm jetzt nicht weiter.
Noch einmal ließ er den Blick über das graue Meer schweifen und schaute dann nach rechts. Dort sah er die Schiffe, die geschützt im Hafenbecken an den Anlegern schwankten. Er drehte sich um. Anemone, Mimbelwimbel und Hund sahen ihn fragend an.
„Ich kann zwei Richtungen fühlen“, sagte Max zu ihnen. „Eine führt direkt auf das Meer hinaus und verliert sich dann Richtung Norden. Die andere führt in Richtung Festland am Ufer entlang.“
„Sie haben sich getrennt“, stellte Mimbelwimbel das Offensichtliche fest.
„Und wohin jetzt?“, fragte Anemone. „Welche Spur verfolgen wir zuerst?“
Max überlegte. Große Seereisen hatte er noch nie unternommen. Die Überfahrt nach Helgoland konnte man wohl nicht wirklich zählen. Obwohl, an dem Tag war die See rau gewesen, und während die Hälfte der Passagiere kotzend über der Reling gehangen hatte, war es ihm selbst ausgezeichnet gegangen. War allerdings auch schon ein paar Jahre her. Auch Anemone und Mimbelwimbel waren noch nie auf See gewesen, und Hund hatte schon die Fahrt im Boot gehasst. Diese Reise würde vermutlich der schwierigste Teil werden. Aber diese Spur fühlte sich schwächer an als jene, die ins Land führte. Über das Meer schien nur einer der Brüder geflohen zu sein, während zwei ihr Glück im Landesinneren versucht hatten.
Max kam zu einer Entscheidung:
„Wir fangen mit dieser an.“
Er zeigte auf das Meer.
„Ich hatte es befürchtet“, knurrte Mimbelwimbel, und Hund ließ mit einem leisen, kläglichen Jaulen die Ohren hängen. „Und wie will der Herr es anstellen?“, fragte Mimbelwimbel schlecht gelaunt.
„Du hast es so gewollt!“, ermahnte ihn Max. „Was ist denn los?“ Widerwillig antwortete Mimbelwimbel:
„Von zu viel Geschaukel wird mir schlecht.“
„Mir auch!“, gab Hund seinen Kommentar ebenfalls dazu.
Max verkniff sich ein Grinsen.
„Wir kommen nicht drum herum. Das größte Übel zuerst, dann haben wir es hinter uns. Wir sollten uns erst einmal mehr Informationen darüber verschaffen, was in dieser Richtung liegt, was ein mögliches Ziel sein könnte.“
„Wie?“, fragte Anemone.
„Gibt es hier eine Bibliothek?“
Anemone zuckte ratlos mit den Schultern und schaute zu Mimbelwimbel, der sich nachdenklich am Bart zupfte.
„Am Marktplatz gibt es eine Bibliothek. Soweit ich weiß, ist sie auch für jeden zugänglich. Einer meiner Bekannten, den ich jedes Jahr in Altseeburg treffe, hat sie sich mal angesehen. Sie soll sehr groß sein. Ich selbst war noch nicht drin.“
Max nickte zufrieden und begann über die Landzunge zur Hafenstraße zurückzuklettern.
„Was willst du dort?“, fragte Mimbelwimbel.
Max verkniff sich die Bemerkung, dass diese Frage eine sehr dumme war.
„Ich gehe davon aus, dass wir dort ein paar Karten finden und vielleicht ein paar Beschreibungen von Leuten, die schon viel gereist sind.“
„Kannst du denn lesen?“, fragte Mimbelwimbel erstaunt.
Max, verblüfft von dieser Frage, achtete einen Moment nicht auf den Weg, rutschte vom nassen Stein ab und wäre fast ins Wasser gefallen, hätte Anemone nicht beherzt zugegriffen und ihn festgehalten.
„Natürlich!“, meinte Max, während er nach einem festen Halt suchte. Er hielt inne. „Das heißt, in meiner Sprache kann ich schreiben und lesen ...“
Die Weise Magna hatte gesagt, dass sein Vermögen, sich mit allen Lebewesen dieser Welt zu verständigen, ein
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