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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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zukünftiges Ich, das nicht mehr sein zukünftiges Ich war; die Metamorphose war beendet, und Palmer Eldritch saß, grau und hochgewachsen, am Schreibtisch und schaukelte in seinem Drehstuhl leise hin und her; ein undurchdringliches Gewirr aus Spinnenfäden, das – quasi als ritterliche Geste – pseudomenschliche Form angenommen hatte. »Um Himmels willen, er wird doch nicht ewig so umherirren?«
    »Gute Frage«, meinte Palmer Eldritch ernst. »Ich wollte, ich wüßte eine Antwort darauf, in seinem und nicht zuletzt auch meinem Interesse. Schließlich sitze ich weitaus tiefer in der Patsche als er.« Er wandte sich an Barney. »Sie haben hoffentlich begriffen, daß Sie keineswegs Ihre normale Gestalt anzunehmen brauchen; Sie können sich ebensogut in einen Stein, einen Baum, einen Jet oder ein Stück Antithermal-Dachpappe verwandeln. Ich war all das – und noch mehr. Wenn Sie sich in einen leblosen Gegenstand verwandeln, sagen wir, in einen alten Holzklotz, merken Sie nicht mehr, wie die Zeit vergeht. Ein bequemer Ausweg für jemanden, der seiner phantasmischen Existenz entfliehen will. Ein Ausweg, der mir leider verschlossen bleibt.« Er senkte die Stimme. »Denn für mich bedeutet die Rückkehr in meinen Raum und meine Zeit den sicheren Tod, durch die Hand von Leo Bulero. Im Gegenteil; ich kann nur in diesem Zustand weiterleben. Aber was Sie angeht ...« Er gestikulierte, und ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Verwandeln Sie sich in einen Stein, Mayerson. Sitzen Sie es aus, ganz gleich wie lange es dauert, bis die Wirkung der Droge nachläßt. Zehn, hundert, eine Million Jahre. Oder verwandeln Sie sich in einen fossilen Knochen im Museum.« Er sah ihn freundlich an.
    Nach einer Weile sagte Roni: »Vielleicht hat er recht, Barney.«
    Barney ging zum Schreibtisch, nahm einen gläsernen Briefbeschwerer, wog ihn in der Hand und stellte ihn dann wieder hin.
    »Wir können ihm nichts anhaben«, meinte Roni. »Aber er kann ...«
    »Daß Phantasmen in der Lage sind, stoffliche Gegenstände zu manipulieren«, sagte Palmer Eldritch, »ist der beste Beweis dafür, daß sie keine bloßen Projektionen, sondern tatsächlich vorhanden sind. Denken Sie nur an das Phänomen der Poltergeister ... sie konnten ganze Häuser verwüsten, obwohl auch sie körperlos waren.«
    An der Wand hing eine schimmernde Ehrentafel; Emily hatte sie, drei Jahre vor seiner Zeit, bei einem Töpferwettbewerb gewonnen, und er hatte sie aufbewahrt.
    »Diese Tafel will ich sein«, beschloß Barney. Sie war aus Hartholz, vermutlich Mahagoni, mit Messingbeschlag; sie würde Ewigkeiten überdauern, und er wußte, daß sein zukünftiges Ich sie unter keinen Umständen aus der Hand geben würde. Als er auf sie zuging, fragte er sich unwillkürlich, wie man sich von einem Menschen in eine Tafel aus Holz und Metall verwandelte, die an einer Bürowand hing.
    »Soll ich Ihnen helfen, Mayerson?« fragte Palmer Eldritch.
    »Ja«, antwortete Barney.
    Irgend etwas riß ihn von den Füßen; er streckte die Arme aus, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und dann stürzte er in einen endlosen Tunnel, der sich nach und nach verengte – als er spürte, wie die Wände seinen Körper umschlossen, wußte er, daß er einer Täuschung aufgesessen war. Palmer Eldritch hatte ihn erneut zum Narren gehalten, seine Macht über all jene demonstriert, die unter dem Einfluß von Chew-Z standen; Eldritch hatte etwas mit ihm angestellt, was er sich nicht erklären konnte, er wußte nur, daß es nicht das war, was er ihm versprochen hatte.
    »Zum Teufel mit dir, Eldritch«, brüllte Barney, aber er hörte seine Stimme nicht, er hörte nichts; er stürzte immer tiefer, schwerelos, nicht einmal mehr ein Phantasma; die Gravitation schien außer Kraft gesetzt, selbst sie hatte Eldritch ihm genommen.
    Irgend etwas mußt du mir doch lassen, Palmer, dachte er. Bitte. Ein Gebet, das nie Gehör gefunden hatte; Palmer Eldritch hatte längst gehandelt – es war von Anfang an zu spät gewesen. Dann rolle ich den Prozeß eben noch einmal auf, sagte sich Barney; wenn ich erst wieder auf dem Mars bin, nehme ich das Gift, werde dich bis an mein Lebensende vor dem Interplan-Gericht bekämpfen – und gewinnen. Und zwar nicht für Leo und P. P. Layouts, sondern ganz allein für mich.
    Da hörte er jemanden lachen. Das Lachen gehörte Palmer Eldritch, aber es kam aus –
    Ihm.
    Er blickte auf seine Hände hinunter und erkannte erst die linke, blaß, aus Fleisch und Blut, mit rosiger Haut und

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