Die drei !!! - Tatort Filmset
mehr unternehmen. Naomis Mann war für den Rest des Tages beschäftigt und hatte zum Glück keine Zeit, Schaden anzurichten. Morgen am Set würden sie sich verstärkt um Naomi kümmern, aber bis dahin war Entspannung angesagt. Nachdem sich Marie von Kim und Franzi verabschiedet hatte, entschied sie sich, einen Abstecher ins Jugendzentrum zu machen. Dafür gab es gleich drei gute Gründe: Es lag in der Nähe, sie war länger nicht dort gewesen und sie hatte Lust, in der neuen Lounge abzuhängen.
Marie beschleunigte ihre Schritte und pfiff vor sich hin. Als sie in die Straße einbog, an deren Ende das Jugendzentrum lag, wurde sie von einer Joggerin überholt. Wie Kim die Angewohnheit hatte, sich die Personenbeschreibung von neuen Leuten einzuprägen, hatte Marie die Angewohnheit, sekundenschnell das Outfit zu scannen. Die Bewertung fiel in diesem Fall äußerst positiv aus: Die Joggerin trug eine silbrig glänzende Hose, coole Laufschuhe und ein schulterfreies Top, das ihre zart gebräunten, durchtrainierten Oberarme betonte. Marie war so in das Outfit vertieft, dass sie erst auf den zweiten Blick merkte, wer da an ihr vorbeijoggte: Es war Donna. Marie sah der Schauspielerin bewundernd nach. Anscheinend hatte Donna einen ausgefeilten Fitnessplan, den sie konsequent durchzog. Und der Plan zahlte sich aus.
Marie beneidete die Schauspielerin nicht um den Druck, dem sie ständig ausgesetzt war. Trotzdem murmelte sie: »Tolle Figur. Wenn ich mal so alt bin wie Donna, möchte ich auch so aussehen.« Mit diesem Vorsatz betrat sie das Jugendzentrum. Staunend blieb Marie im Eingangsbereich stehen. Der große Aufenthaltsraum war kaum wiederzuerkennen. Die gemütlichen, aber schon etwas älteren Sofas und Sitzkissen waren verschwunden. Auch der dunkelblaue Knautschsessel war weg. An seine Stelle waren dunkelbraune Lounge-Möbel gerückt, die man je nach Bedarf zusammenstellen konnte. Dazwischen gab es kleine runde Tische auf Rollen zum Abstellen der Getränke. Marie holte sich eine eisgekühlte Cola mit Strohhalm und wollte sich gerade setzen, als sie eine vertraute Jungenstimme hörte: »Hallo, Marie!«
Marie hob den Kopf und sah direkt in Leonards Augen.
»Äh ... hi!«, stammelte sie. »Was machst du denn hier?«
Marie wusste, dass man den meisten Menschen zweimal im Leben begegnete, aber bei Leonard hatte sie gehofft, dass diese Regel ausnahmsweise nicht zutraf. Die Sache im Rock Camp war einfach nur peinlich gewesen. Obwohl Leonard gar nicht in ihr Beuteschema gepasst hatte und ziemlich durchschnittlich aussah, hatte sie mit ihm geflirtet. Doch als der attraktive Matt auftauchte, hatte sie Leonard sofort fallen gelassen. Später hatte sie sich zwar bei ihm entschuldigt. Trotzdem gehörte der Auftritt nicht gerade zu ihren Glanzleistungen.
»Ich mache einen Gesangsworkshop in der Stadt«, sagte Leonard. »Wusstest du das nicht?«
»Doch, klar!« Marie erinnerte sich vage, dass Leonard im Rock Camp davon erzählt hatte. Sie wickelte eine Haarsträhne um ihren Finger, um Zeit zu gewinnen. Dabei musterte sie Leonard so unauffällig wie möglich. Sooo durchschnittlich sah er auch wieder nicht aus. Er hatte schöne braune Augen und ein offenes, warmes Lächeln.
»Wollen wir uns setzen? Im Stehen trinken ist nicht so gemütlich«, sagte Leonard.
Marie nickte mechanisch. Ihre linke Hand, mit der sie das Colaglas hielt, hatte sich in einen Eiswürfel verwandelt, ohne dass es ihr aufgefallen war. Schnell stellte sie das Glas ab und ließ sich in die Loungegarnitur sinken. Leonard verschob ein Element und saß ihr jetzt gegenüber.
»Schön, dich wiederzusehen«, murmelte Marie. Sie freute sich tatsächlich und stellte bei der Gelegenheit fest, dass Adrian wohl doch zu alt für sie war. Leonard sah eindeutig frischer aus, und da er ihr in den ersten Minuten nicht sein Glas an den Kopf geworfen hatte, stiegen die Chancen, dass er es auch in den nächsten Minuten nicht tun würde, gewaltig.
Leonard lächelte. »Und, wie geht’s dir so? Bist du immer noch erfolgreiche Privatdetektivin?«
»Klar«, sagte Marie. »Wir haben auch wieder einen neuen Fall. Ist ziemlich spannend, aber auch ziemlich aufreibend.« Sie knetete mit der rechten Hand die immer noch eiskalte Linke. »Toll«, sagte Leonard. »Da drück ich dir die Daumen.«
Tief in Marie nagte das schlechte Gewissen. Leonard war so nett zu ihr. Er schien überhaupt nicht nachtragend zu sein. Dabei hatte sie ihn echt mies behandelt. Aber vielleicht war es nicht zu spät,
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