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Die drei ??? und das Narbengesicht

Die drei ??? und das Narbengesicht

Titel: Die drei ??? und das Narbengesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. V. Carey
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Motel brannte kein Licht, und Peter fragte sich, ob es etwa nur über den Sommer geöffnet war.
    Es war fast schon dunkel, als Ernie ein kleines Rednerpult bestieg, das vor der Reihe der Großfotos aufgestellt worden war. Einer von Ernies Freunden kam hinter dem Motelbüro hervorgeschritten. Er trug einen großen Wimpel aus blauem Satin, mit Gold eingefaßt. In der Mitte prangte ein goldener Tisch, umgeben von glitzernden Sternen.
    Eine Frau im Publikum stimmte ein Lied an. Eine andere Frauenstimme fiel ein, dann sang ein Mann mit. Bald hatten sich alle von ihren Plätzen erhoben und sangen. Die Melodie war rhythmisch stark betont, klang aber feierlich. Peter stand auch auf und tat, als singe er mit. Er hatte dieses Lied noch nie gehört, aber es klang wie eine Hymne. Peter fühlte sich ein wenig an die lateinamerikanische Weihnachtsmesse erinnert, die er einmal in einem Schulkonzert gehört hatte.
    Als das Lied zu Ende war, setzten sich die Sänger unter Husten und Stühlerücken wieder hin, und Ernie trat vom Pult ab.
    Nun stieg ein älterer Mann hinauf und begann Spanisch zu sprechen. Das hatte noch gefehlt – wo Peter doch kein Spanisch konnte!
    Erst war die Stimme des Redners verhalten. Bald wurde sie lauter und beschwörend. Der Mann erhob beide Hände, als rufe er eine höhere Macht an.
    Als die Worte des Mannes verklungen waren und er vom Pult abtrat, ertönten begeisterte Zurufe. Dann kam eine junge Frau mit langem, glattem blondem Haar aus dem Publikum. Sie stellte sich vor die Menschen hin und trug laut ein paar Worte vor, die wie ein Gebet klangen. Die Leute reckten die Arme zum Himmel und sprachen im Chor mit.
    Die Frau erhob ebenfalls die Hände, und es wurde still in der Menge. Nun begann die Frau zu reden. Ihr Gesicht strahlte, die weit geöffneten Augen leuchteten, und sie wies im grellen Licht der Scheinwerfer immer wieder nachdrücklich auf die Bilderwand im Hintergrund. Jedesmal wenn sie auf das Porträt des Mannes mit der Narbe zeigte, erschallten aus der hingerissenen Menge spontane Zurufe.
    Als sie ausgeredet hatte, wollten die Beifallskundgebungen kein Ende nehmen. Ernie kam wieder an das Pult, und allmählich beruhigten sich die Leute. Dann begann Ernie zu Peters Entsetzen einzelne Anwesende im Publikum auszuwählen! Er zeigte mit dem Finger auf sie und forderte sie laut auf, sich zu erheben und zu sprechen. Einer nach dem anderen leistete der Aufforderung Folge, und geredet wurde immer spanisch. Erst kam ein Mann in der ersten Reihe, dann eine Frau weiter hinten, dann ein Junge, der sich auf die Stufen vor dem Motel gesetzt hatte. Immer wenn jemand aufstand, rief Ernie etwas Aufmunterndes und hob die Arme.
    Und dann zeigte Ernie auf Peter, und die Männer und Frauen ringsum schauten alle zu ihm her.
    Peter schüttelte den Kopf, aber der Mann, der rechts von ihm saß, faßte ihn unter dem Ellbogen und bedeutete ihm, er müsse aufstehen.
    Langsam, wie in einem Angsttraum, kam Peter auf die Füße zu stehen. Er wußte, daß er sich nun ganz schnell etwas einfallen lassen mußte, aber sein Gehirn war wie erstarrt.
    Ernie sagte etwas, und in der Menge wurde gelacht. Dann war es ganz still. Peter sah lauter Gesichter, alle ihm zugewandt und voller Erwartung.
    Peter wollte weglaufen. Er wollte hier weg, heraus aus dieser Volksmenge und auf die Straße, ehe die Leute hier merkten, daß er als Spion unter ihnen war.Der Mann neben Peter sagte leise etwas zu ihm. War das nur eine Frage? Oder war es eine Drohung?
    Plötzlich legte Peter eine Hand an die Kehle. Er machte den Mund auf und zeigte hin. Dazu stieß er einen halb krächzen-den, halb gurgelnden Laut aus und schüttelte den Kopf.
    »Aha!« sagte der Mann neben ihm. »Stockheiser ist der Junge!«
    Peter nickte und rang sich ein Lächeln ab. Die Leute lachten, und Peter setzte sich wieder hin, ganz schwach vor Erleichterung. Sein Nachbar klopfte ihm mitfühlend auf den Rücken. Das Publikum wandte sich von ihm ab. Ernie sagte etwas und zeigte auf einen ’ anderen in der Versammlung, und der stand auf und sprach ein paar Worte. Anschließend schickten Ernie und einer seiner Freunde ein Körbchen zwischen den Stuhlreihen durch. Die junge Frau mit dem blonden Haar meldete sich noch einmal zu Wort. Offenbar forderte sie die Anwesenden auf, großzügig zu spenden.
    Der Korb war mit Geldscheinen schon bis zum Rand gefüllt, als er bei Peter ankam. Er legte einen Dollar obenauf und reichte den Korb weiter. Und dann rief jemand etwas vom Ende der

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