Die drei ??? und das Narbengesicht
im Deck stand offen, und ein junger Mann in einer blauen Segeljacke schaute gerade zum Bootsmotor hinunter.
An der Nordseite des Piers gegenüber dem Boot lag ein Floß, zu dem ein Steg hinunterführte. Ein Ruderboot war an dem Floß vertäut. Im tiefen Wasser draußen vor dem Pier sahen die Jungen ein schnittiges, weißes Motorboot, das an einer Boje festgemacht war. Der Sitz des Steuermanns war mit einer Persenning abgedeckt.
»Das muß Mr. Hitfields Rennboot sein«, meinte Justus,
»Hm«, machte Peter. Er schaute noch immer sehnsüchtig zu den Surfern hinaus.
»Na, willst du hierbleiben und auf unsere. Fahrräder aufpassen?« fragte Justus.
Wieder machte Peter nur: »Hm.«
Justus grinste, stellte sein Fahrrad ab und ging über die Straße.
Eine Zufahrt führte von der Straße zum Pier hinunter. Links war ein kleiner Parkplatz, zur Zeit unbesetzt. Zur Rechten gab es noch eine Abzweigung zu einem Haus mit verblichener grauer Holzverkleidung und weißgestrichenen Fensterrahmen. Auf dem Abstellplatz beim Haus stand ein Lieferwagen. Zwischen dem Haus und dem Pier befand sich ein kleiner Kiosk, der an drei Seiten verglast war und an der dem Dock zugewandten Seite eine Tür hatte. Durch die Fenster dieses Bürohäuschens sah Justus eine grauhaarige Frau in Schwarz an einem Schreibtisch sitzen. Sie war in ein Geschäftsbuch vertieft, während eine jüngere Frau mit dichtgelockter roter Mähne gerade telefonierte.
Justus ging zum Büro, lächelte der rothaarigen Frau durchs Fenster zu, öffnete dann die Tür und trat ein.
Im Büro roch es nach Seewasser und Gummistiefeln und Tang und Moder. An einer Wand standen eine hölzerne Bank und ein Tisch mit Prospekten über Sportfischerei und Bootsausflüge zu den Channel-Inseln vor der Küste.
Die rothaarige Frau legte die Hand über die Sprechmuschel.
»Bin gleich soweit«, sagte sie.
»Eilt nicht«, sagte Justus.
Die ältere Frau sah auf, und plötzlich fühlte sich Justus von ihrem Blick regelrecht durchbohrt. Ein kalter Schauder durchzuckte ihn. Die dunklen Augen der Frau waren eigenartig wissend, als könne sie Justs Gedanken lesen. Doch ihr Lächeln war geistesabwesend. Sie schien gar nicht zu merken, welch beängstigenden Eindruck sie auf Justus machte. Nach einem Augenblick beugte sie sich wieder über ihre Akten.
Voll Unbehagen wandte sich Justus ab und schaute zum Dock hinaus. Der junge Mann in der Segeljacke war mit der Inspektion des Motors auf der Maria III fertig. Er machte die Luke dicht, sprang vom Boot auf den Pier und kam dann pfeifend auf das Büro zu.
»Schön«, sagte die Rothaarige am Telefon. »Sie kommen also am Sonnabend mit dreiundvierzig Mann. Falls es mehr werden, geben Sie mir Bescheid, ja?«
Sie legte gerade auf, als der Bursche in der Segeljacke eintrat. »Ja, bitte?« wandte sie sich an Justus.
»Ich wollte nachfragen, ob Sie eine Brieftasche gesehen haben«, sagte Justus. »Ist eine abgegeben worden? Mr. Hitfield hat gestern oder vorgestern seine Brieftasche verloren.«
»Mr. Hitfield? War der denn in letzter Zeit hier? Ich habe ihn nicht gesehen. Ernie, hast du ihn zu seinem Boot hinaus-gerudert? Würdest du im Ruderboot nachsehen? Schau mal, ob da eine Brieftasche liegt.«
»Da ist keine«, sagte der junge Mann in der Segeljacke. »Mr.
Hitfield war vorgestern hier. Ich mußte das Ruderboot ausschöpfen, als ich ihn zum Dock zurückgebracht hatte. Da hätte ich eine Brieftasche gefunden, wenn er sie im Boot verloren hätte.«
Er schaute Justus verblüfft an. »Wieso kann denn Mr.
Hitfield nicht selbst herkommen? Oder anrufen?«
»Er hat viel zu tun«, sagte Justus. »In den letzten zwei Tagen war er an mehreren Orten, und er kann sich nicht erinnern, wo er seine Brieftasche zuletzt hatte. Ich sagte, ich würde für ihn nachforschen. So kommt man weiter. Wenn man nur anruft, nehmen sich die Leute nicht immer die Zeit, nach verlorenen Sachen zu suchen. « Justus wollte noch sagen, daß Mr. Hitfield einen Mann mit grauem Haar und dunkler Brille und einer Narbe im Gesicht gesehen hatte, aber ehe er den blinden Bettler beschreiben konnte, blickte die ältere Frau zu ihm auf.
»Du fragst nach einer Brieftasche«, sagte sie. »Das ist eigenartig. Heute nacht habe ich von einer Brieftasche geträumt.«
Die Jüngere lächelte. »Meine Schwiegermutter kann einem richtig Angst machen«, sagte sie zu Justus. »Sie hat die seltsamsten Träume, die manchmal Wirklichkeit werden.«
»Ich mache niemandem Angst«, sagte die ältere Frau.
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