Die drei ??? und das Narbengesicht
In ihrer Sprechweise war die Andeutung eines Akzents zu hören, und dieser wurde nun deutlicher. »Mir machen diese Träume manchmal Angst. Heute nacht träumte ich, ein fremder Mann käme hierher. Er hob eine Brieftasche vom Boden auf und steckte sie rasch in die Tasche. Es war ein sonderbarer Mann.
Er hatte graues Haar wie mein Vincenzo, ehe er starb, aber er war nicht klein und alt wie Vincenzo. Ich sehe ihn jetzt noch vor mir: Er war jünger, und er trug eine dunkle Brille. Im Gesicht hatte er einen Strich, als hätte ihn einmal jemand mit einem Messer verletzt. Er ging an einem Stock wie ein Blinder, aber er wußte, daß ich ihn beobachtete. Er war eine Gefahr für mich, das spürte ich. Es war ein böser Traum, und ganz wirklich.«
Sie wandte sich nach der jüngeren Frau um. »Mir ist gar nicht wohl dabei, Eileen.«
Neben sich hörte Justus einen Laut, als halte jemand entsetzt die Luft an.
Justus drehte sich um. Ernie war blaß geworden, und Justus kam es so vor, als zittere er leicht.
»Was ist denn, Ernie?« fragte die jüngere Frau. »Paßt etwa diese Beschreibung auf einen deiner Bekannten?«
»O nein!« Ernie sprach hastig und zu laut. »Es ist nur so beängstigend, wenn Mrs. Denicola so etwas passiert.«
»Ja, ich kenne das«, sagte die jüngere Frau.
Alle schwiegen kurz. Dann bedankte sich Justus bei den beiden Frauen und trat aus dem Büro ins Freie. Er lief schnell über die Fahrbahn zu Peter, der noch immer ganz hingerissen den Surfern zusah.
»Das ist ein Volltreffer!« sagte Justus. »Die alte Dame dort im Büro ist Mrs. Denicola, und die jüngere Frau ist ihre Schwiegertochter, und sie sagt, daß die alte Dame Wahrträu-me hat.«
»Soll das heißen, sie träumt von Ereignissen, die dann tatsächlich eintreten?« fragte Peter.
»Mag sein«, sagte Justus, »aber sie träumt auch davon, was sich bereits zugetragen hat. Sie hatte letzte Nacht von einem Mann geträumt, der eine Brieftasche gefunden und einge-steckt hatte. Es war ein Mann, der an einem Stock ging – ein Blinder. Und er war eine Gefahr für sie!«
Peter machte große Augen. »Das hast du dir ausgedacht!« meinte er vorwurfsvoll.
»Keineswegs. Ich Wiederhole genau, was sie erzählt hat. Sie hat Angst, und der Bursche, der auf dem Boot draußen war, als wir vorhin herkamen, ebenso. Als er von dem Traum hör-te, war er ganz starr. Er weiß etwas über den Blinden, und er will nicht, daß das jemand erfährt! Er hat etwas mit unserem rätselhaften Fall zu tun. Und ich habe vor, das aufzuklären!«
Peter als ungeladener Gast
Peter beschloß, er wolle beim Pier der Denicolas bleiben und den Burschen namens Ernie im Auge behalten.
»Wenn er etwas vorhat, sollten wir herausfinden, was das ist«, sagte Peter, »und dich hat er ja gesehen. Es würde ihm verdächtig vorkommen, wenn du dich weiter hier herumdrückst. Mich hat er nicht gesehen, also kann ich in der Nähe bleiben. Das fällt ihm sicher nicht auf.«
»Sei aber vorsichtig«, mahnte Justus.
»Du weißt doch, daß ich vorsichtig bin«, sagte Peter. »Ich bin immer vorsichtig – was man von dir nicht behaupten kann!«
Dann machte sich Justus auf und fuhr die Straße entlang, und Peter ging über die Fahrbahn zur Uferseite. Er schob sein Fahrrad an eine Stelle unter dem Pier, der am Ufer hoch genug war, daß man darunter aufrecht stehen konnte, und schloß es an einen Stützpfeiler an. Er achtete sorgfältig darauf, daß man ihm kein Interesse an den Denicolas anmerkte.
Jeder, der ihn jetzt sah, würde ihn für irgendeinen Jungen halten, der einen sicheren Abstellplatz für sein Fahrrad suchte. Peter ging ein Stück am Strand entlang und kam an ein paar Anglern vorüber. Dann setzte er sich in den Sand und schaute übers Wasser zur Maria III hinaus. Ernie war jetzt wieder an Bord. Er polierte die Messingbeschläge.
Der Vormittag ging ganz geruhsam vorüber. Eine Schar Kinder kam zum Spielen im Sand um den Pier. Peter bekam mit, daß sie in der Nähe wohnten, und fragte sie ein wenig aus. Sie erzählten Peter, Ernie wohne in dem kleinen Haus gleich vorn an der Straße, und er habe dort zwei Freunde bei sich. Das seien Männer, die sich untereinander in einer fremden Sprache unterhielten. Peter verbuchte diese Auskunft hocherfreut. Er fand, auch Justus hätte das nicht besser machen können.
Zum Mittagessen aß Peter ein belegtes Brot, das er sich in einem kleinen Supermarkt an der Straße kaufte. Dann kehrte er zum Strand zurück und beobachtete Ernie den ganzen
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