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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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gutes Feuer anzünden, an dem er sich erholen kann bei seiner Heimkehr.
    Der gute Stoffel ging also nach dem Saal, wo sein Onkel sich für gewöhnlich aufhielt; aber wie erschrak er! Denn hier saß, leib und leibhaftig, auf seinem gepolsterten Ledersessel niemand anders als der Chorherr.

     
    »Aber was hat denn die alte Catherine gefabelt«, sagte er zu dem Mann im Lehnstuhl; »ich wußte doch, daß Ihr viel zu vernünftig seid, um zu dieser Stunde Euer Vergnügen in einem kalten Chorstuhl zu suchen.«
    Der Chorherr blieb stumm. Keinen Piepser gab er von sich. Der ehemalige Viehhirt war aber wie alle diese Art Leute nicht ohne Verständnis für das Wesen heiliger Betrachtung. Er wußte auch, daß hohe Greise sich oft in einem entrückten Zustand befinden, wo sie mit den Dingen, die wir nur durch eine übernatürliche Wissenschaft kennen, geheimen Verkehr pflegen und dann Worte murmeln und Reden halten, die gewiß einen tiefen Sinn haben, die wir aber nicht verstehen. Und in ehrfürchtiger Scheu vor einem so außerordentlichen Zustand setzte er sich etwas entfernt in eine Ecke, um zu sehen, was aus alledem herausschlüpfen möchte. Ohne ein Wort zu sagen, wunderte er sich über die langen Nägel des guten Onkels, die sich kurios durch die Schuhe bohrten. Er sah dann nach den Knien seines lieben Onkels, und da gewahrte er eine noch viel mirakulösere und seltsamere Sache: die Beine des guten Mannes waren rot, so feuerrot, daß sie wie glühende Kohlen durch die Maschen der Strümpfe leuchteten.
    ›Ist er denn tot?‹ fragte sich der Stoffel.
    Aber in demselben Augenblick tat sich die Tür auf, und wer da eintrat, war noch einmal der Chorherr, der mit frostroter Nase geradewegs aus der Messe kam.
    »Aber, mein Onkel«, rief Stoffel, »was ist Euch denn unter die Hirnschale gekrochen? Ihr solltet Euch wirklich ein bißchen zusammennehmen und nicht da zur Tür hereinkommen, während Ihr schon dort am Kamin in Eurem Sessel sitzt; Ihr könnt wahrlich wissen, daß es einen Kanonikus wie Euch nicht noch einmal auf der Welt gibt.«
    »Oh, Stoffel«, antwortete der Chorherr, »es hat eine Zeit gegeben, wo ich mich oft gern verdoppelt hätte, aber das kann nun einmal der Mensch nicht, er wäre sonst zu glücklich; du aber scheinst das zweite Gesicht zu haben, denn was mich betrifft, ich sehe wahrhaftig nichts von einem zweiten Chorherrn.«
    Da wandte Stoffel seine Augen nach dem Sessel, und zu seinem höchsten Erstaunen, wie ihr euch wohl denken könnt, fand er ihn leer; er näherte sich ein wenig und gewahrte auf der Diele ein Häufchen Asche, das noch ein wenig rauchte und gewaltig nach Schwefel stank.
    »Zum Kuckuck!« sagte der Stoffel, »aber das muß ich sagen, daß sich der Teufel wie ein Kavalier gegen mich betragen hat. So wahr ich Michael Christoffer heiße, ich will für seine Seele beten.«
    Dann erzählte er seinem Onkel in aller Unschuld, wie der Teufel für ihn die Vorsehung gespielt hatte und ihm behilflich gewesen war, sich der Herren Vettern auf eine ehrliche Weise zu entledigen. Der Chorherr zeigte viel Bewunderung und ein lebhaftes Verständnis für die lustige Geschichte; denn seine Augen leuchteten noch immer wie die eines Basilisken, und es waren ihm in seinem langen Leben mehr Fälle vorgekommen, wo fromme Christen vorn gezogen und der Teufel hinten geschoben hatte. Auch gab der alte Priester bei dieser Gelegenheit der hohen Weisheit Ausdruck, daß man im Bösen meist ebensoviel Gutes als im Guten Böses entdecken kann und daß man es darum am besten Gott und dem Teufel überläßt, wie sie in dieser und in der andern Welt miteinander auskommen mögen.
    Im Grunde war dies nun freilich eine starke Ketzerei, die schon von manchem Konzil verurteilt worden ist.
    So aber hat sich die Geschichte zugetragen, wie die Stoffels reich geworden sind, also reich, daß sie später den Pont Saint-Michel mit dem großen Brunnen bauen konnten, allwo unter dem erzenen Erzengel Michael auch der Teufel keine üble Figur macht, zur Erinnerung der hier erzählten Abenteuer, die wir aus den wahrhaftigsten Geschichtsbüchern ausgezogen haben.

     

Die Belustigungen König Ludwig des Elften

     
    Der König Ludwig der Elfte war ein guter Gesell, der zu scherzen liebte und, solange es sich nicht um das Wohl seines Staates und die Sachen unsrer heiligen Religion handelte, gern lustig zechte und den ungefiederten Schnepfen nicht weniger gern nachjagte als den gefiederten und andrem königlichem Hochwild. Einige griesgrämige

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