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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Finger hindurch den geliebten Mann verstohlen anblinzelte.
    »Sei es!« sprach er. »Seht, als Ihr mir neulich am Abend so liebe Worte gabt, entbrannte ich für Euch in verräterischer Weise, aber ich konnte an mein Glück nicht glauben und wagte nicht, Euch meinen Zustand zu gestehn. Da hat mich, wie ich von Euch weggegangen bin, der Teufel am Ohr genommen, oder sonstwo, und hat mich in ein verrufenes Haus geführt, wo Edelleute hinzugehen pflegen. Wegen heftiger Liebe zu Euch und weil ich meinem treuen Waffenbruder sein Wort halten und den Schild seiner Ehre nicht besudeln wollte, bin ich blindlings in eine stinkende Pfütze getappt, und das Ende wird sein, daß mein junger Körper hinsiecht, daß ich verfaule wie ein Aas; Ihr wißt, man nennt es die Italienische Krankheit.«
    Die Dame, von Entsetzen ergriffen, stieß einen Schrei aus, als hätte sie Wehen bekommen. Aber erfüllt von Mitleid, stieß sie ihn nur sanft zurück. Lavallière erhob sich, und als ein kläglicher armer Sünder verließ er den Saal. »Wie schade!« rief Marie, die ihm nachschaute, wie er sich durch die Tür entfernte. Dann verfiel sie in eine große Traurigkeit und bedauerte in ihrer Seele den armen Edelmann, in den sie sich nur um so mehr verliebte, als er nun eine dreimal verbotene Frucht für sie war.
    Wenn es nicht wegen Maillé wäre«, sagte sie eines Abends zu ihm, da sie ihn über alle Maßen schön fand, »wollte ich mich nicht scheuen vor Eurer Krankheit. Sie würde uns nur fester aneinanderketten.«
    »Da sei Gott vor«, sprach der Kavalier, »dazu liebe ich Euch zu sehr.«
    Und er verließ sie und ging zur schönen Limeuil. Er war nun aber tagtäglich zur Essenszeit und in den Feierabendstunden, ohne es hindern zu können, dem Blickfeuer der verliebten Dame ausgesetzt, und ihr könnt euch wohl denken, daß dabei weder der eine noch der andere Teil sich merklich abkühlte, am wenigsten sie, die dazu verdammt war, an der Seite des schönen Ritters zu leben, ohne ihn anders zu berühren als mit ihren Blicken. Um so sicherer fühlte sie sich gefeit gegen alle Art galanter Angriffe bei Hof: denn es gibt keine uneinnehmbarere Festung und keinen besseren Wächter als die Liebe; sie ist in gewissem Sinn wie der Teufel: wovon sie Besitz ergriffen hat, das hüllt und birgt sie in Flammen.

     
    Eines Abends hatte Lavallière die Frau seines Freundes auf einen Ball der Königin Cathérine geführt, wo er fleißig mit der schönen Limeuil tanzte, in die er bis zur Tollheit verliebt war; denn in jener Zeit scheuten sich die Edelleute nicht, zugleich zwei Geliebten oder gar einem halben Dutzend öffentlich den Hof zu machen. Waren also alle Damen eifersüchtig auf die schöne Limeuil, die in diesem Augenblick sich vornahm, den schönen Lavallière endlich zu erhören. Er hatte sie zu einer Quadrille aufgefordert, und noch bevor der Tanz begann, gab sie ihm das alles versprechende Stelldichein bei Gelegenheit einer Jagd am nächsten Tag. Die große Königin Cathérine, die aus hoher Politik solche Liebesverhältnisse absichtlich schürte, nicht anders als wie die Kuchenbäcker das Feuer ihres Backofens durch Aufstöbern mit der Gabel zu höherer Flamme entfachen, diese Königin ließ ihren Blick über die verliebten Paare, die sich zur Quadrille gefaßt hatten, hingehen und sagte zu ihrem Gemahl:
    »Solange sie sich so lustieren, werden sie keine Verschwörung gegen uns anzetteln, was meint Ihr?«
    »Ja«, antwortete der König, »aber die Ketzer?«
    »Wir fangen sie auch ein«, erwiderte die Königin lachend; »schaut nur den Lavallière dort, der für einen wütenden Hugenotten gilt, meine teure Limeuil hat ihn schon bekehrt; wahrhaftig, sie macht ihre Sache nicht schlecht für ein Mädchen von sechzehn Jahren. Es wird nicht mehr lange dauern, so ...«
    »Glaubt das nicht, Frau Königin«, sagte Marie Maillé, »er ist angesteckt von der Napolitanischen Krankheit, durch die Ihr Königin geworden seid.«
    Bei dieser naiven Rede brachen sie alle in lautes Lachen aus, die Königin, die schöne Diana und der König.
    Und bald, so lief die seltsame Neuigkeit von Mund zu Mund. Und Lavallière wurde mit Hohn und Spottreden nur so übergossen. Man deutete mit Fingern auf ihn.
    Und er hatte noch einen besonderen Grund, sein Schicksal zu verwünschen. Natürlich hatten seine Rivalen nichts Eiligeres zu tun gewußt, als die liebliche Zeitung brühwarm und mit tausend Spottreden verziert der schönen Limeuil zu überbringen. Sie gab ihrem Geliebten

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