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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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gedacht, um in eurer Gesellschaft zu bankettieren und zu pokulieren nach antiklustigem Brauch aus der Zeit, wo Griechen und Römer ihre Paternoster an Sankt Priapus richteten und an den gehörnten Gott, der Bacchus mit Namen heißt in allen Ländern und Sprachen. Nichts soll fehlen bei unserm Gelag, und zum Nachtisch soll es Schnepfen geben von der Art derer mit drei Schnäbeln, wovon, wie ich aus der Praxis langer Jahre weiß, einer immer besser schnäbelt als der andre.«
    Daran erkannten sie ihren Meister, Meister in jeder Beziehung; sie stimmten bei seiner ausgelassenen Rede ein unbändiges Gelächter an mit Ausnahme des Herrn Raoul von Hocquetonville, der, hervortretend, zu dem Prinzen also sprach:
    »Hoher Herr«, sagte er, »ich mag Euch gern zur Seite stehen in der Männerschlacht, nicht aber in einem Gefecht mit Unterröcken, gern beim Waffenklingen, aber nicht beim Becher- und Fächerschwingen. Die guten Gesellen hier haben keine Frau zu Hause; so steht es nicht mit, mir, ich habe eine edle Gemahlin, der allein gehör ich mit meiner Person, ihr bin ich Rechenschaft schuldig über mein Tun und Lassen.«
    »Und ich«, antwortete der Herzog, »bin ich nicht verheiratet? Seit wann halten meine Freunde mir Strafpredigten?«
    »Oh, teurer Herr«, rief Raoul, »Ihr seid ein Fürst, Ihr tut, was Euch gefällt.«
    Bei diesen herzhaften Worten ihres Gemahls lief es der eingesperrten Dame, wie ihr euch denken könnt, heiß und kalt zugleich über den Rücken.
    ›Oh, mein Raoul‹, sprach sie bei sich, ›du bist ein edler Mann.‹
    »Du bist«, sprach der Herzog, »ein Mann, den ich hebe, den ich für meinen treuesten und besten Diener halte, wir andern«, – dabei warf er den drei Edelleuten einen Blick zu – »wir sind rechte Luder. Aber setze dich, Raoul, wenn die Schnabelviecherchen kommen, die schon Viecherchen höheren Grades sind, sollst du Urlaub haben, wir wollen dich deiner Hausfrau nicht vorenthalten. Aber, beim Tod Gottes, siehst du, ich hatte dich für einen Tugendhelden gehalten, dem alle außerehelichen Liebesergötzungen böhmische Dörfer sind, und so hatte ich dir hier in dem Schlafgemach der Königin eine Königin andrer Art zugedacht, eine Königin von Lesbia, eine wahre Teufelin und Ausbund von einer Weibsmaschine. Und da wollte ich, daß du, der allzeit wenig Geschmack an den Konfitüren der Liebe finden konnte und nur von Jagden und Schlachten träumte, daß du wenigstens einmal in deinem Leben deine Nase mit dieser absonderlichen Spezerei in Berührung brächtest, denn wahrlich, es ist eine Schande für einen meiner Leute, in der vornehmsten Wissenschaft seines Herrn und Meisters ein Unwissender zu sein.«
    Raoul setzte sich. Er wollte seinem Herrn gern in allem, was recht und billig war, zu Gefallen sein.
    Und also ging es nun los in der Tafelrunde mit Lachen und liederlichen Reden über die Frauen; denn so war es bei ihnen Herkommen. Sie erzählten ihre Abenteuer und Wüstheiten, und außer der Dame ihres Herzens schonten sie keine Frau, sondern verrieten mit Geprahl die absonderlichen Bettgeheimnisse einer jeden. Sie gestanden sich Ungeheuerlichkeiten und Niederträchtigkeiten der schmutzigsten Art, die immer saftiger wurden, je weniger Saft in den Bechern und Kannen blieb. Der Herzog, aufgeräumt wie ein Universalerbe, reizte die Bande zum Äußersten und gab falsche Geschichten zum besten, um aus den andern die wahren herauszulocken, und also überboten sie sich immer mehr im Sauen und Saufen.

     
    Dem Herrn von Hocquetonville stieg die Schamröte ins Gesicht. Aber allmählich und unmerklich gewöhnte er sich fast ein klein wenig daran, die empörenden Dinge zu hören. Trotz all seiner Tugend regte sich in ihm etwas wie Neugierde, immer mehr schlug ihm der Schmutz über dem Kopf zusammen, daß er darin untertauchte wie ein Heiliger in seinem Gebet. Mit heimlicher Freude und einem Vorgeschmack süßer Rache sah das der Prinz. Geräuschvoll stieß er mit dem Nebenmann an. »Bei Sankt Luzifer, Raoul«, sagte er, »unter uns heißt's ›gleiche Brüder, gleiche Kappen‹ oder auch umgekehrt, und außer bei Tafel sind wir sehr verschwiegene Leute. Genier dich nicht, wir werden der Gnädigen nichts verraten. Beim Leib des Herrn, du sollst heut die Wonnen des Paradieses kennenlernen ...«

     
    »Hier drinnen« – er stieß bei diesen Worten gegen die Kammertüre, hinter welcher er die Dame von Hocquetonville gefangenhielt –, »hier drinnen ist eine Dame des Hofs und Freundin der Königin,

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