Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)
sind. Immer aufmerksamer studiert er sie, beschnüffelt und behorcht sie, tappt nach ihr, schlägt nach ihr, wirft sie in die Höhe, rollt sie am Boden, gerät endlich in Zorn und Ungeduld, und wenn er einer von den Dummen ist, ein Affe mit allzu kurzem Verstand, so kann es vorkommen, daß er die Nuß einfach liegenläßt. Also tat der jungfräulich mönchische Bräutigam, der, als nun der Tag zu den Fenstern hereinschaute, der geliebten Frau und Braut gestehen mußte, daß er keine Ahnung habe, was die Pflicht und das Werk sei, wovon ihm sein Vater gesprochen, noch wie und wo es zu beginnen und fortzusetzen; daß er sich aber erkundigen und um Hilfe und Beistand ausschauen wolle.
»Ja«, sagte sie, »Ihr müßt Euch wohl erkundigen, da ich zum Unglück nicht mehr weiß als Ihr.«
In der Tat waren ihre Versuche, Erfindungen, Einbildungen, Neugierigkeiten, kurz, die tausend Seltsamkeiten, auf die so zwei Neulinge verfallen können und wovon die Erfahrenen auf diesem Gebiet sich nichts träumen lassen, vergeblich und fruchtlos geblieben, worüber sie denn einschliefen, ohne das Rätsel der welschen Nuß gelöst zu haben.
Am andern Morgen aber kamen sie dahin überein, vor den Leuten so zu tun, als ob alles gewesen sei, wie es solle; und nachdem die Braut aufgestanden war, immer noch als Fräulein, da sie ja nicht gefraut oder gefreit worden, sprach sie jedermann prahlerisch von der schönen Brautnacht, rühmte, daß sie einen König von Gemahl habe, und fand in dem Geneck und Geplauder mit den andern Damen so kühne Reden und Gegenreden, wie nur eine imstande ist, die vom Zentner auch nicht ein Quentlein weiß. Und wahrlich, man fand dieses Jungfräulein ein wenig allzu rasch aufgetaut. Eine Dame aus La Roche-Corbon hatte aus Jux ein etwas dummes Fräulein, das auch nichts von der Sache wußte, angestiftet, die Neuvermählte zu fragen, wieviel Brote sich ihr Mann die Nacht über aus ihrem Ofen genommen, und ohne sich zu besinnen, hatte sie geantwortet »vierundzwanzig«. Und da nun überdies der Herr Bräutigam in Sorgen umherschlich und eine fast traurige Figur machte, was wiederum seiner jungen Frau sehr zu Herzen ging, die nur zu gut wußte, wo ihn der Schuh drückte, lächelten die andern heimlich ob der überlustigen Nacht und glaubten der Neuvermählten vom Gesicht die Reue abzulesen, weil sie ihrem Bräutigam zuviel zugemutet und ihn nun so elend sehen mußte.
Und dann beim hochzeitlichen Frühimbiß ging unter den Männern das Gestichel erst recht los und das Schwelgen in schlechten Witzen, wie sie damals im Geschmack der Zeit lagen und für geistreich galten. »Das ist eine offenherzige Neuvermählte«, sagte der eine. Der andere: »Diese Nacht scheint es gut Wetter gegeben zu haben im Schloß.« Der dritte: »Wie heiß es hier ist, die müssen die Nacht über gut eingekachelt haben.« Und wieder ein anderer: »Die guten Leute haben heut nacht etwas verloren, was sie in ihrem Leben nicht wiederfinden werden.« Einer suchte den andern zu übertrumpfen von diesen Haudegen und ausgelernten Höflingen, ohne daß, zu seinem Unglück, dem Neuvermählten eine Ahnung dämmerte, wo die Späße aus und ein wollten. Die andern aber waren nicht umsonst in so gutem Zug, die ganze zahlreiche Gesellschaft, die von allen Seiten zusammengeströmt war, hatte die ganze Nacht durchgetollt und, wie es bei so hochherrschaftlichen Hochzeiten Sitte war, getanzt, gespielt und bankettiert bis in den hellen Morgen hinein. Niemand war zu Bett gegangen zur größten Genugtuung des Herrn von Braguelongne, dem die Dame von Amboise, die nur immerfort an das Glück ihrer Tochter denken mußte, mit heißen Blicken und Zeichen vergeblich die süßesten Einladungen zukommen ließ. Der arme Polizeihauptmann, der es doch das ganze Jahr mit den Spitzbuben von Paris zu tun hatte und sich auf geheime Zeichensprache verstehen mußte, tat, als ob er nichts merkte, ließ die gute Dame zappeln und kümmerte sich den Teufel um ihre Aufmunterung.
Ihr müßt nämlich wissen, daß die Liebe dieser Herzogin anfing, ihm lästig zu fallen. Nur ein Gefühl für Gerechtigkeit band ihn noch an sie, da es nicht anging, daß ein Mann der hohen Polizei seine Geliebte wechselte wie ein Mann vom Hof. Als Wächter der Sitten, der Sicherheit und der Religion mußte er ein gutes Beispiel geben. Doch war er entschlossen, das Joch abzuschütteln, und wartete nur darauf, bis er sich schicklich aus der Schlinge ziehen konnte.
Am zweiten Tag verabschiedete sich die
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