Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Schloßherr mit Perrotte und Perrotte mit dem Schloßherrn in jedem Sinn unter einer Decke stak, worüber ihm vielleicht auch die Mägde des Lands an ihren Waschtrögen bereits einiges zugeflüstert hatten.
Von den Leuten, die sich in der Halle befanden, machte niemand dem Mönch Platz, der, im Windzug frierend, zwischen Tür und Fenster stehenblieb, bis der Schloßherr mit seiner Frau und seiner Schwester, dem ältlichen Fräulein von Candé, nebst seiner Tochter, einem Kind von sechzehn Jahren, endlich erschien und alles sich zu Tische setzte, die Herrschaften zuoberst der Tafel, in weitem Abstand von der Dienerschaft, wie es die Sitte der alten Zeit verlangte, von der man, leider, in unsern Tagen abgekommen ist. Der von Candé tat, als ob er sich nicht im geringsten an den Mönch erinnerte, der am untersten Ende der Tafel von zwei rohen Gesellen in die Mitte genommen wurde, als welche Auftrag erhalten hatten, den Mönch zu drangsalieren, wie sie nur konnten.
In der Tat gingen die beiden Knechte mit ihm um, daß es zum Erbarmen war; wie wahrhaftige Leutschinder plagten sie ihn, und dazu schenkten sie ihm fortwährend, als ob es Wasser wäre, weißen Wein in seinen Becher, um ihn zu berauschen und vollends ihren Spielball aus ihm zu machen. Er hatte aber schon sieben Krüge voll ausgetrunken, ohne daß er auch nur einen Rülpser tat oder sonstige Beschwernis zeigte, worüber die Gesellen sich höchlichst verwunderten, während die Äuglein des Mönchs immer klarer und heller blinzelten. Die Knechte jedoch, ermuntert von einem Blick ihres Herrn, trieben es immer ärger. Sie schütteten dem Mönch, indem sie ihm ihre Reverenz machten, ganze Teller voll Brühe in den Bart und zausten und rauften ihn, indem sie vorgaben, ihn wieder abtrocknen zu müssen. Der Küchenjunge, der eine heiße Suppe auftrug, goß ihm die halbe Schüssel auf den Kopf und in den Nacken, daß ihm der kochende Sudel über die ganze Wirbelsäule hinunterlief.
Alle diese Leiden ertrug Amador mit großer Sanftmut. Denn in ihm war der Geist Gottes und vor allem die lockende Hoffnung, den Prozeß des Kapitels an ein günstiges Ende zu führen, wenn er nur den ihm zugefügten Unbilden wacker standhielt. Dagegen brach das Gesinde in ein schallendes Lachen aus über die fette und heiße Taufe des Mönchs, infolgedessen die Schloßfrau unwillkürlich ihre Augen nach dem unteren Ende der Tafel richtete, wo sie den Amador erblickte, der sich mit frommer Ergebenheit das Gesicht wischte und sich Mühe gab, die Ochsenknochen abzunagen, die ihm die Knechte auf seinen Zinnteller geworfen. Mit einem geschickten Stoß seines Messers spaltete er eben einen solchen Knochen, der dick war wie eine Keule, zerbröckelte ihn mit seinen nervigen, haarigen Händen und saugte mit Behagen an dem hervorquellenden warmen Mark.
›Wahrlich‹, sagte die Schloßherrin bei sich, ›diesen Mönch hat Gott ausgerüstet mit seiner Kraft.‹ Dann verbot sie den Knechten und dem andern Volk, den Diener Gottes weiter zu belästigen, dem von allen Seiten faule Äpfel und wurmige Nüsse zugeworfen wurden.
Amador aber, der bemerkt hatte, daß die Schloßfrau und das alte Fräulein, ebenso wie deren sechzehnjähriges Pflegekind und alle Mägde voll Verwunderung zugeschaut hatten, als er so kurzerhand die ungeheure Knochenkeule zermalmte, schob jetzt den Ärmel seiner Kutte zurück, ließ seinen Bizeps spielen, legte eine Nuß zwischen die Verzweigung zweier Venen und quetschte sie mit der flachen Hand, wie wenn es eine mürbe Mispel gewesen wäre. Das Häuflein Trümmer, grüne und braune Schalen, Kern und Gräte, alles zusammen schob er sich zwischen die weißen Hundszähne und zermahlte es zu Brei, den er verschlang wie süßen, seimigen Honig. Die Äpfel legte er sich einen nach dem andern zwischen zwei Finger und schnitt sie wie mit einer Schere mitten entzwei. Ihr könnt euch denken, was die Weibsen für Augen machten. Die Knechte aber waren sicher, der Pfaffe müsse den Teufel im Leib haben, und der Schloßherr hätte ihn am liebsten, wenn er sich nicht vor den Frauen gescheut hätte, in die Finsternis der Nacht hinausgestoßen. Jedermann ahnte bereits in dem Mönch einen Kerl, der imstande war, das ganze Schloß in die Latrine zu werfen.
Nachdem sich dann alles den Mund gewischt hatte, sorgte der Schloßherr dafür, daß dieser Teufel von einem Mönch, dessen Kraft gefährlich war, gut verwahrt am stinkendsten Orte des Kastells untergebracht wurde, wo Perrotte
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