Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
den Hof, stellte sich unter den Vorsprung des Dachs, bis der Himmel sich ausgeschüttet haben würde, und zeigte sich zuletzt unerschrocken vor der Halle, wo er wußte, daß der von Cande sich aufhielt. Ein Diener, der vom Vesperbrot an ihm vorüberkam, hatte Mitleid mit ihm und forderte ihn auf, den Hof schleunigst zu verlassen, wenn er nicht etwa in der Absicht gekommen sei, um sich ein Hundert Peitschenhiebe zu holen; verwundert fragte er, wo Amador den Mut hergenommen, sich in einem Hause blicken zu lassen, wo man die Mönche grimmiger verabscheue als den Aussatz.
»Mein Freund«, sprach Amador, »ich gehe im Auftrag meines Herrn Abts nach Tours, und wenn der gnädige Herr von Cande nicht gar so ergrimmt wäre gegen die armen Diener Gottes, würde ich jetzt nicht bei solcher Sintflut in seinem Hofe stehen, sondern säße in seiner Halle. Ich wünsche ihm, daß er Gnade und Barmherzigkeit finde in der Stunde seines Todes.«
Der Knecht überbrachte diese Worte dem von Cande, der im ersten Zorn den Mönch als ein Exkrement und Auswurf der Menschheit in die Unratgrube des Schlosses werfen lassen wollte. Aber die Schloßfrau, die im Schloß die Hosen anhatte, da der Herr Gemahl eine große Erbschaft von ihr erwartete und sie im Grund eine mäßige Tyrannin war, besänftigte ihn und gab ihm zu bedenken, daß der genannte Mönch doch vielleicht sozusagen ein Christ sei, daß man bei diesem Wetter keinen Hund vor die Türe jagen möchte, daß der Schloßherr den Pfaffen schon darum gut behandeln sollte, weil man vielleicht aus ihm herauslocken könne, wie sich das Kapitel von Turpenay in Sachen des Schismas entschieden hätte, und daß es vielleicht, wenigstens sei das ihre Meinung, überhaupt besser wäre, die Streitigkeiten mit der Abtei in Güte beizulegen, da kein Fürst und König seit der Geburt unsres Herrn und Heilands je so mächtig gewesen wie die Kirche, also daß sicher die Abtei noch das Schloß auffressen werde: kurz, sie kramte einen ganzen Haufen von Vernunft und Weisheit aus, wie Frauen in schwierigen Lagen, und wenn sie in Bedrängnis sind, oft an den Tag legen.
Amador machte ein so erbarmungswürdiges Gesicht und sah so schäbig, so einfältig, so dümmlich aus, dergestalt, daß der Schloßherr, der sich bei dem schlechten Wetter langweilte, den Gedanken faßte, sich mit dem armen Teufel einen Spaß zu machen und dem albernen Mönch solchen Schabernack zu spielen, daß ihm das Schloß Candé in schlimmer Erinnerung bleiben solle.
Nun ist zu sagen, daß der Schloßherr ein heimliches Techtelmechtel mit der Kammerzofe seiner Frau unterhielt. Dieses Mädchen mit Namen Perrotte verständigte er über seine Absichten mit dem Mönch. Erschien darauf dieses Gänschen, das in Nachäffung seines Herrn und Meisters die Mönche ebenfalls haßte, mit heuchlerischer Freundlichkeit vor Bruder Amador, der sich unter das Dach der Schweineställe gedrückt hatte.
»Mein Vater«, sagte sie, indem sie ihr süßestes Frätzchen machte, »der Schloßherr macht sich ein Gewissen daraus, einen Diener Gottes im Regen stehenzulassen, während Platz genug ist in seiner Halle, wo im Kamin ein schönes Feuer lodert und das Nachtmahl aufgetragen ist. Ich soll Euch in seinem und der Herrin Namen einladen hineinzukommen.«
»Schönes Kind«, antwortete Amador, »ich danke der hohen Dame und dem Herrn. Ich danke ihnen nicht für ihre Gastfreundschaft, die ihre christliche Pflicht ist, sondern dafür, daß sie zu mir armem Sünder als Boten einen solchen Engel der Schönheit gesandt haben, daß mich dünkt, die Heilige Jungfrau unsres Altars vor mir zu sehen.«
Indem er also sprach, erhob er das Auge und warf einen flammenden Blick, der seine Wirkung nicht verfehlte, auf das hübsche Mädchen, das den Bruder auf einmal gar nicht mehr so garstig und gar nicht mehr so abstoßend und stinkig fand. Aber während er nun mit Perrotte die Vortreppe hinaufstieg, erhielt er auf einmal einen solchen Peitschenhieb über das Auge, die Nase und die Kinnbacken, daß er alle Kerzen des Hochamts vor sich aufflammen zu sehen meinte; so gut hatte ihn der von Candé getroffen, der daran war, seine Rüden zu züchtigen, und dergleichen tat, als ob er den Mönch nicht gesehen hätte. Er bat Amador um Entschuldigung wegen dieses Schlags und fuhr fort, die Meute zu hetzen, die den Gast über den Haufen rannte, indessen das Zöfchen, das um den Handel wußte, sich geschickt auf die Seite gedrückt hatte. Da merkte Amador, daß der
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