Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Leben zu lesen ist.
Die verschiedene Moral, die ein jeder beim Lesen dieser Historie sich selber aus den Fingern saugen kann, sind höchst nützliche Lebensweisheiten, da wir daraus lernen, daß ein Edelmann wohl daran tut, gegen die Geliebten seiner Frau immer fein höflich zu bleiben. Außerdem lehrt uns diese Geschichte, daß die Kinder ein Geschenk Gottes sind, also daß weder der falsche noch der wahre Vater ein Recht auf ihr Leben hat, wenn auch ein verabscheuungswürdiges heidnisches Gesetz im alten Rom das Gegenteil davon aussprach, was aber für uns Christen, die wir alle Kinder Gottes sind, nicht gelten kann.
Wie das schöne Mädchen von Portillon seinen Richter überführte
Die Schöne von Portillon, die, wie jedermann weiß, eine Wäscherin war, bevor sie eine Färberin wurde und der Taschereau sie zu seiner Tascherette machte, betrieb ihr Geschäft in dem Orte Portillon, von dem sie ihren Namen hat. Für diejenigen, so die Stadt Tours nicht kennen, ist zu sagen, daß das genannte Portillon talabwärts an der Loire liegt, in der Richtung von Saint-Cyr und ebensoweit von der großen Brücke entfernt, die zur Kathedrale führt, als diese Brücke von Marmoustiers abliegt, da die genannte Brücke sich in genauer Mitte befindet zwischen den genannten beiden Orten. Ist das klar? Ja. Nun also, in diesem Portillon, wenige Schritte von der Loire, hatte das genannte Mädchen seine Wäscherei, und zwar nahe bei der Fähre von Sankt Martin, welche Vorstadt am andern Ufer des Flusses lag und unsrer Wäscherin von Schloß Chasteauneuf her und andern die meisten Kunden lieferte.
Ungefähr um Sankt Johannis, sieben Jahre vor ihrer Verheiratung mit dem Gevatter Taschereau, wurde sie mannbar, und da sie ein unbekümmertes und lustiges Ding war, ließ sie sich lieben, ohne von ihren Anbetern einen vor dem andern zu begünstigen, ungeachtet, daß darunter junge Bursche waren, wie der Sohn des Meisters Rabelais, der sieben Frachtkähne auf der Loire besaß, wie der Älteste des Meisters Jahan, wie ferner der Schneider Marchandeau und Peccard, der Bigotterienhändler. Sie spielte ihnen tausend Possen, denn sie wollte von keinem Manne wissen, der nicht entschlossen war, sie vorher in die Kirche zu führen, was beweist, daß sie auf Ehrbarkeit hielt und ihre Tugend zu verteidigen wußte. Sie war eine von den Dirnen, die mit Leichtigkeit so lange keusch und kaltsinnig bleiben, bis eines Tags der Richtige kommt, der sie übertölpelt; dann ist ihnen aber auch alles gleich, und sie denken, einmal mehr oder weniger, darauf kommt's nicht an, ein Flecken oder tausend, gescheuert muß doch werden. Und wahrlich, solche Naturen verdienen unsre Nachsicht.
Ein junger Herr vom Hofe sah eines Tags die schöne Wäscherin bei der Fähre von Sankt Martin. Es war zur Mittagszeit im Hochsommer, und ihre üppigen Reize schienen in der glühenden Sonne noch üppiger aufzublühen. Der Junker fragte, wer das hübsche Mädchen sei, und ein alter Mann, der am Ufer Kies schaufelte, sagte ihm, daß man sie nur die Schöne von Portillon nenne, daß sie Wäscherin sei und weit und breit bekannt durch ihre lustige Schalkhaftigkeit und strenge Tugend. Der feine Hofmann, über und über mit goldenen Ketten behangen und aufgeputzt in seinen Kleidern wie einer, beschloß sofort, die Kundschaft seines Hauses dem schönen Mädchen von Portillon zuzuwenden. Er sprach sie an, als sie aus der Fähre stieg, und sie dankte ihm mit vielen Reverenzen und Knicksen; denn sie kannte ihn und wußte, daß es kein Geringerer war als der Herr Du Fou, der Kämmerling des Königs. Sie war von dieser Begegnung so beglückt und geschmeichelt, daß sie den Mund übervoll hatte von dem vornehmen Namen. Wem sie unterwegs in Sankt Martin begegnete und wer im Lauf des Tags zu ihr ins Waschhaus kam, einem jeden sprach sie von nichts als dem königlichen Kämmerer. Am andern Tag hatte sie große Wäsche am Fluß, und wer nur vorüberging, mußte die Erzählung von ihrer neuen vornehmen Bekanntschaft und Kundschaft anhören, also daß mit der Zeit in Portillon mehr von dem Herrn Du Fou die Rede war als in der Predigt vom lieben Gott, und das war zuviel.
»Wenn die schon vor der Kirmes ein solches Wesen macht ...« sagte eine alte Vettel von Waschfrau, »er wird's ihr schön einbrocken, dieser Du Fou, nun, sie kann sehen, wie sie's ausfrißt.«
Als sie dann, die toll und deren Zunge trunken war von dem Namen Du Fou, zum erstenmal Wäsche im Du Fouschen
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