Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Palast ablieferte, ließ der Kämmerling sie zu sich rufen und begann alsbald, ihr die Lauden und Kompletorien zu singen und tausend Schmeicheleien zu sagen über ihre Schönheit und wie sie dumm sei, keinen Nutzen daraus zu ziehen, sondern ein so üppiges Feld brachliegen zu lassen, wofür er hohe Pacht zu zahlen bereit wäre. Von den Worten ging er zur Tat über, und das hübsche Ding mochte hoffen, ein schönes Stück Geld zu verdienen, oder wie es sonst zugegangen ist. Dann sagte sie, es sei genug fürs erstemal. Und er: Auf bald wieder. Einige behaupten, er habe sie nur mit Not und Mühe vergewaltigt, und das kaum, und andre wieder scherzten, es wäre ihm überhaupt nicht gelungen, da sie weinend und wehklagend seinen Palast verließ und in großer Hast nach dem Haus des Richters eilte. Unglücklicherweise war dieser über Feld. Also wartete die Wäscherin in der Halle auf seine Rückkunft und hörte nicht aufzujammern und zu klagen und der Magd zu erzählen, wie Seine Gnaden der Herr Du Fou ihr Gewalt angetan, ohne ihr etwas andres dafür zu geben als boshafte und höhnische Reden, während ein Chorherr des Kapitels ihr für das, was ihr der Kämmerer geraubt, stets eine schwere Summe Geldes zu bezahlen pflege. Wenn sie einen Mann liebe, sagte sie unter Tränen, wolle sie ihr Vergnügen dabei haben wie er das seine, aber dieser königliche Kämmerer habe sie geknetet und geknutet, genudelt und besudelt, gezerrt und gezaust und gar nicht zart und liebevoll angefaßt. Darum verlange sie tausend Taler von ihm wie seinerzeit von dem Chorherrn.
Unterdessen kam der Richter, sieht die hübsche Wäscherin und denkt ein Geplänkel mit ihr anzufangen. Sie aber sagte ihm kurz, daß jetzt keine Zeit wäre zum Scherzen, sondern daß sie als Klägerin erscheine, worauf der Richter erwiderte, daß sie über ihn verfügen könne, daß er ihr zuliebe zu jeder Schandtat bereit sei und, wenn sie es wünsche, sofort einen hängen lassen wolle, auf welche Art es ihr beliebe. Die schöne Wäscherin aber erklärte, daß es sich nicht um Tod und Leben handle, sondern um eine Buße von tausend Talern für einen Gewaltakt, der gegen ihren Willen an ihr verübt worden sei.
»Oh«, rief der Richter, »eine Jungfernschaft kostet mehr als tausend Taler.«
»Ich begnüge mich mit tausend Talern«, antwortete sie, »damit kann ich meine Wäscherei aufgeben.«
»Und derjenige«, fragte der Richter, »der die Blume gepflückt hat, kann er auch berappen?«
»Sehr gut kann er berappen.«
»Er soll teuer zahlen. Wer ist es?«
»Der edle Herr Du Fou.«
»Das ändert den Fall«, sprach der Richter.
»Und die Gerechtigkeit?« sprach sie.
»Ich habe gesagt den Fall, nicht die Gerechtigkeit. Und zuvörderst tut es not zu wissen, wie sich die Sache zugetragen hat.«
Darauf erzählte die Dirne in aller Ausführlichkeit, wie sie im Schrank Seiner Kammerherrlichen Gnaden die Wäsche geordnet, als sie plötzlich gespürt, daß er sich mit ihren Röcken zu schaffen machte; sie habe sich umgedreht und habe ihm zugerufen, er möge damit zu Ende kommen.
»Damit zu Ende kommen?« lachte der Richter; »nun, da konnte er nicht anders glauben, als daß du ihm erlaubtest, das Geschäft schnell fertig zu machen.«
Das hübsche Ding erwiderte, daß sie sich gewehrt und geschrien habe, was den Fall der Notzucht konstituiere.
»Da könnten viele kommen und klagen«, sprach der Richter.
Darauf antwortete das Dirnchen, trotz ihres heftigen Widerstrebens habe er sie am Gürtel gefaßt und auf sein Bett geworfen, und wie sie auch mit Armen und Beinen um sich geschlagen und geschrien, sei doch niemand zu Hilfe gekommen, so daß sie zuletzt den Mut verloren.
»Gut!« sagte der Richter. »Und es war Euch also kein Vergnügen?«
»Nein«, antwortete sie, »und darum verlange ich eine Entschädigung von tausend Gulden in feinem Gold.«
»Mein Schätzchen«, erwiderte der Richter, »ich muß leider deine Klage abweisen, da es meine Überzeugung ist, daß man keiner Jungfer Gewalt antun kann ohne ihre Einwilligung.«
»Oh, Herr Richter«, jammerte das Mädchen, »da fragt doch einmal Eure Magd, was die dazu sagt.«
Die Magd erklärte, daß es zweierlei Vergewaltigungen gebe, solche, die sehr lustig, und solche, die gar nicht lustig sind, dergestalt, daß die Wäscherin, da sie davon weder Geld noch Vergnügen gehabt, beides beanspruchen könne.
Dieses Sachverständigenurteil setzte den Richter in keine kleine Verlegenheit.
»Jacqueline«, sprach er zu seiner
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