Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
andre für das Vergnügen der Herrschaften. Er hatte es längst erreicht, daß die Königin, die er auf tourainische Art bediente, den melancholischen Zug um ihren schönen Mund verlor, und ihre Augen strahlten von Schönheit und Glück. Aber auch der König kam nicht zu kurz. Gautier versorgte ihn mit mehr schönen Frauen, als das Jahr Tage hat, und riß ihn von einer Tollheit zur andern fort. Der gute König mußte sich nur über die Sanftmut seiner Gemahlin verwundern, an die er seit langer Zeit so wenig rührte wie der Jude an eine Speckschwarte.
Dieses gute Einvernehmen der beiden Freunde dauerte drei Jahre, andre sagen vier; aber sogar den Benediktinern ist es nicht gelungen, dieses historische Datum mit Sicherheit festzustellen, das darum wohl ungewiß bleiben wird für alle Zeiten, ebenso wie die Ursache des Zerwürfnisses der beiden Freunde.
Wahrscheinlich hatte der Venezianer den kühnen Ehrgeiz, seine Macht allein und ungeteilt auszuüben, wobei er die wichtigsten Dienste, die er dem fränkischen Edelmann verdankte, ganz und gar vergaß, wie es unter Hofleuten so Sitte ist, was bereits aus den Schriften des Herrn Aristoteles erhellt, der selber ein feiner Hofmann war und der da sagt, daß nichts so schnell veralte in dieser Welt als eine Wohltat, wenngleich auch oft die Liebe nur allzubald erkalte und ranzig werde.
Vertraute also der Venezianer einzig auf die große Freundschaft des Königs Leufried, der ihn seinen lieben Gevatter nannte und den er sich rühmen durfte ganz in der Tasche zu haben, und beschloß in seinem Herzen, sich des alten Freundes zu entledigen, indem er den König ein wenig aufklärte über das zufriedene Glück seiner Frau Königin, und ihn also an einer Stelle kitzelte, wo er, wie Pezzara wußte, über die Maßen empfindlich war. Träumte auch schon von nichts anderm mehr als von dem abgeschlagenen Kopf des Freundes (denn anders als so konnte ein derartiger Prozeß in Sizilien nicht ausgehen), und multiplizierte im Geist seine Reichtümer, die er unter Gautiers Mitwissen in einem genuesischen Bankhaus niedergelegt hatte und die er mit dem Ritter aus der Touraine teilen mußte, wenn er ihn nicht aus dem Wege räumte. Von Jahr zu Jahr schwoll dieser Reichtum mehr an. Ein großer Teil ergab sich aus den Geschenken der Königin, die von ihren spanischen Besitztümern und einigen Erbgütern in Italien her über beträchtliche Einkünfte verfügte und ihren Geliebten mit echt königlicher Freigebigkeit behandelte; der andre Teil stammte von der Großmut des Königs, der von den Erträgnissen der Handelszölle und andrer Abgaben dem begünstigten Minister ein wichtiges Teil überließ.
Pezzara mußte bei seinem verräterischen Plan, nachdem er sich einmal dazu entschlossen hatte, mit größter Vorsicht zu Werke gehen, denn der Herr von Montsoreau war der Mann, um den Feinsten zu verkaufen. Der Venezianer versprach darum dem Fürsten, daß er mit eignen Augen schauen solle; und eines Nachts, jedoch erst gegen Morgen, damit man besser sehe, führte er den Monarchen in das Schrankzimmer jener spanischen Dame, hinter dem er die Königin und ihren Geliebten im Schlafgemach der genannten Dame, die noch immer die Kranke spielte, in verliebtem Tun beisammen wußte. Denn die Königin liebte den Franzosen noch immer wie in der ersten Nacht. Die Spanierin, schon munter, hörte mit gespitzten Ohren die Tritte der beiden Männer, und durch einen Spalt des Verschlags, hinter dem sie schlief, sooft sie die eigne Kammer der Königin überließ, erkannte sie den König, wie er eben sich anschickte, durch ein Loch der Kammertüre, das der Venezianer heimlich hatte anbringen lassen, in das Schlafgemach hineinzublicken, wo die Königin sich ihres Freundes zwischen den Bettüchern erfreute, welches die beste Methode ist, sich eines Freundes zu erfreuen. Sie lief, um die Verliebten von dem Verrat zu benachrichtigen; aber der König hatte schon das Auge an dem verfluchten Loch.
Und was sah der König? Er sah jene göttliche Laterne, die so viel Öl verbrennt, dafür aber auch die ganze Welt erleuchtet, die mit Arabesken und kostbarem Laubwerk so wunderbar verziert ist und heißer flammt als eine und die er auf einmal schöner fand als alle andern, da er sie so lange nicht gesehen hatte.
Weiter konnte er durch die enge Öffnung nichts erkennen. Nur eine männliche Hand sah er noch, die schamhaft die Laterne bedeckte, und hörte die Stimme Gautiers: »Nun, wie geht es der Kleinen heute
Weitere Kostenlose Bücher