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Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)

Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)

Titel: Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Scherzinger
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sich Sofie
angeschlossen hatten und in ihrem Anwesen als Köche, Handwerker
oder Dienstmädchen halfen, meist abseits der Menschensiedlungen.
Quendressa hatte flauschig weißes Fell und sogar für einen
Hasen sehr große Ohren, womöglich zu groß, da sie
meist abgeknickt an ihrem Kopf herabhingen. Ihr weißes Fell
wurde nur durch zwei schwarze Ringe um ihre Augen, die ebenfalls
tiefschwarz waren, unterbrochen. Ihre Augen strahlten mit jedem Blick
unendliche Fürsorge und Wärme aus. Heute Vormittag trug sie
ihr Lieblingskleid. Es war blassrosa und hatte an ihrem Bauch eine
kleine Tasche, in der sie – soweit Sofie sich erinnern konnte –
immer Haselnüsse und kleine Samen mit sich trug. Eine kleine
rosa Schleife zierte ihr linkes Ohr. Doch heute wippte Qendressa mit
ihren Pfoten in der Tasche nicht fröhlich auf ihren Füßen
hin und her, sondern stand gebeugt vor Sofie und schluchzte leise.
    »Mach
dir keine Sorgen, es wird alles gut ausgehen«, sagte Sofie
leise und legte ihre Hand auf den gesenkten Kopf Qendressas.
    »A-aber
nach d-dem Ritual … dann werden sie …«
    »Es
wäre sowieso bald um mich geschehen, ich bin nicht mehr die
Jüngste«, sagte Sofie scherzhaft.
    Doch
nun schluchzte Qendressa lauter und Sofie sah dicke Tränen auf
dem Holzboden tropfen. Es brach ihr das Herz, ihre kleine Qendressa
so traurig zu sehen. Von all ihren Bediensteten hatte sie Qendressa
am liebsten, auch wenn sie zugeben musste, dass jeder Pixie einen
äußerst wertvollen und einzigartigen Charakter besaß.
Qendressa war stets darauf bedacht, von Sofie zu lernen und kaum
etwas schaffte es, ihr breites Lächeln aus ihrem Gesicht zu
wischen. Es war äußerst selten, Qendressa einmal traurig
zu sehen.
    »Ich
verspreche dir, es wird bald jemand kommen, mit dem du dich prima
verstehen wirst«, sagte Sofie leise aber eindringlich. Dabei
verstärkte sie den Druck ihrer Hand auf Qendressas Kopf. Diese
antwortete mit einem ängstlichen und zugleich fragenden Blick.
Ohne ein weiteres Wort verließ Sofie das Zimmer.

    Vermutlich
war es eine schlechte Idee gewesen, den obersten Raum als Ritualraum
auszuwählen. Oben angekommen drückte sie sich die Hände
in die schmerzenden Hüften und rang nach Luft. Besagter Raum
diente ihr, seit ihre Mutter ihr das Anwesen vererbt hatte, als
Ritualraum. Dicke rote Vorhänge waren vor die dünnen
Fensterscheiben gezogen, nur wenige Sonnenstrahlen schafften es an
den Seiten der Vorhänge einzudringen und den Tanz feiner
Staubpartikelchen in der Luft zu offenbaren. Die Regale an den Wänden
waren übersät mit Büchern, Kesseln und magischen
Werkzeugen. In der Mitte stand der Tisch, auf dem sie die dreizehn
Kerzen aufgestellt hatte und der Stuhl, neben dem sie gekniet hatte.
Oscar, der Bruder von Qendressa wartete mit dem Zauberbuch in den
Armen neben der Tür bis Sofie wieder zu Atem kam.
    »Vielen
Dank«, sagte sie erschöpft. »Vielleicht hätte
ich mir ein Zimmer im ersten Stockwerk aussuchen sollen.«
    »Sie
hätten auch die Kerze auspusten sollen, das ist gefährlich«, ermahnte sie
der kleine Oscar. Er hatte im Gegensatz zu seiner Schwester
hellbraunes Fell; nicht so wuschelig, sondern glatt und glänzend.
Seine Ohren waren wesentlich kleiner und standen fast ausnahmslos
empor. Die wilde Mähne um seinen Hals wehte, als hätte sie
ein Eigenleben, mit jeder seiner Bewegungen in die entgegengesetzte
Richtung. Er war der Handwerker unter Sofies Bediensteten und trug
jeden Tag stolz seine blaue Latzhose, ausgerüstet mit
Mini-Schraubenzieher und Mini-Hammer.
    »Ja,
ich verspreche, es nicht mehr zu vergessen. Hast du meinen Wunsch
erfüllt?«
    »Ich
habe in allen Räumen des ersten Stockwerkes Lampen installiert
und die alten Fackeln weggeworfen. Bis die Nacht der Gaben eintritt,
werde ich auch das zweite Stockwerk geschafft haben«, sagte er
mit vor Stolz anschwellender Stimme und rückte die Träger
seiner Latzhose zurecht.
    »Sehr
gut. Ihr wisst, dass es ein Befehl ist, sich erst einmal von den
Menschen fernzuhalten.«
    »O
ja, Frau Sonnenschein!« Oscar reichte Sofie das Zauberbuch.
    »Gut,
achte auf deine Schwester. Sie ist sehr sensibel.
    Er
verließ mit einem Nicken den Raum.
    »Tapferes
kleines Kerlchen«, murmelte Sofie. Oscar war stets darum
bemüht, seine jüngere Schwester vor Leid oder Gefahr zu
schützen. Selbst in dem Wissen, dass er seine Herrin nie mehr
lebend wiedersehen wird, war er darum bemüht, keine Schwäche
zu zeigen. Stattdessen warf er sich in einen Haufen

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