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Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Die Drenai-Saga 3 - Waylander

Titel: Die Drenai-Saga 3 - Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Gezeitenliebe war der Name, den man in einem Tempel dafür hatte. Mein Abt hat uns dies oft gelehrt. In einem Kaufladen gibt der Kaufmann dir zuviel Wechselgeld zurück. Du behältst das Geld und freust dich über dein Glück. Aber wenn du weg bist, bemerkt er seinen Fehler und ist wütend, sowohl auf dich als auch auf sich selbst. Also wird er den nächsten, der seinen Laden betritt, betrügen, um seinen Verlust auszugleichen. Dieser Mann wiederum stellt das später fest und ist wütend, und vielleicht läßt er seinen Ärger an wieder jemand anderem aus. Und so steigt die Flut, und jede Welle betrifft mehr und mehr Menschen.
    Die QUELLE lehrt uns, nur gute Taten zu tun – ehrlich zu leben, Böses mit Gutem zu vergelten, um die Flut einzudämmen.«
    »Das ist ja alles sehr edel«, sagte Gellan, »aber märchenhaft unpraktisch. Wenn ein Wolf in einem Schafpferch räubert, bringst du ihn doch nicht dazu, zu verschwinden, indem du ihn mit Lämmern fütterst! Wie auch immer, jetzt ist nicht die Zeit für theologisehe Debatten. Und du hast bereits bewiesen, wo deine Gefühle liegen.«
    »Darf ich etwas fragen, Dun Gellan?«
    »Natürlich.«
    »Ich habe dich heute im Kampf beobachtet, und du hast dich von allen anderen Kriegern unterschieden. Du warst ruhig und gelassen. Inmitten des ganzen Schlachtens und der Angst bliebst du allein ruhig. Wie kommt das?«
    »Ich hatte nichts zu verlieren«, antwortete Gellan.
    »Du hattest dein Leben.«
    »Ach ja, mein Leben. Wolltest du sonst noch etwas wissen?«
    »Nein, aber verzeih mir, wenn ich dir dies sage: Alle Kinder sind Geschöpfe der Freude, und alle Menschen sind der Liebe fähig. Du fühlst, daß du alles verloren hast, aber es gab auch eine Zeit der Freude für dich, als deine Kinder noch nicht geboren waren und du deine Frau noch nicht kanntest. Hältst du es nicht für möglich, daß es irgendwo eine Frau gibt, die dein Leben wieder mit Liebe erfüllen und dir Kinder schenken kann, die dir Freude bringen?«
    »Geh jetzt, Priester«, sagte Gellan sanft.
     
    Waylander ging zur Mauer zurück und beobachtete den Feind. Der Anführer hatte seine Ansprache beendet, und die Männer saßen herum und starrten mürrisch auf die Festung. Waylander rieb sich die Augen. Er wußte, was sie fühlten. Heute morgen noch waren sie voller Zutrauen zu ihren Fähigkeiten gewesen, arrogant und stolz. Jetzt waren sie demoralisiert, weil sie eine Niederlage erlitten hatten.
    Seine eigenen Gedanken waren ein Widerhall ihrer Verzweiflung. Vor einer Woche war er Waylander der Schlächter gewesen, ein Krieger, seiner Talente sicher, aber sich keiner Schuld bewußt.
    Jetzt fühlte er sich einsamer als jemals zuvor in seinem Leben. Wie seltsam, daß die Einsamkeit ihn ausgerechnet jetzt heimsuchte, da er umgeben von Menschen war, dachte er. Er hatte dieses Gefühl nie gehabt, wenn er allein in den Bergen oder den Wäldern lebte. Sein Gespräch mit Gellan hatte ihn tief verletzt, und er hatte sich, wie immer, mit leichtfertigen Reden aus der Affäre gezogen. Von allen Menschen, die sich in seinen Erinnerungen drängten, betrachtete er nur Gellan mit Zuneigung.
    Aber was hätte er ihm sagen können? Ja, Gellan, mein Freund, ich sehe, du bist bei der Armee geblieben. Ich? Oh, ich bin Meuchelmörder geworden. Für Geld bringe ich jeden um – ich habe sogar deinen König getötet. Es war so einfach: Ich schoß ihm in den Rücken, als er in seinem Garten spazierenging.
    Oder vielleicht hätte er den Mord an seiner Familie erwähnen sollen. Hätte Gellan seine Verzweiflung verstanden und was sie aus ihm gemacht hatte? Warum sollte er? Hatte er nicht auch seine Familie verloren?
    Es war der verdammte Priester. Er hätte ihn an dem Baum lassen sollen. Der Priester hatte Macht: Als er die Kleidung der Räuber berührt hatte, hatte er durch das Tuch ihre Bosheit gespürt. Waylander hatte ihn in einen Mörder verwandelt, indem er seine Reinheit befleckt hatte. Aber war eine solche Macht zweischneidig? Hatte der Priester das unheilige Geschenk zurückgegeben, indem er Waylander mit seiner Güte berührte? Waylander lächelte.
    Ein vagrischer Reiter galoppierte aus Norden heran und brachte sein Tier vor dem General zum Stehen. Innerhalb weniger Minuten waren die Vagrier aufgesessen und nach Osten aufgebrochen.
    Waylander schüttelte den Kopf und löste die Sehnen seiner Armbrust. Drenaisoldaten liefen zu den Mauern, um zu beobachten, wie der Feind abrückte, und ein heiserer Jubel brandete auf. Waylander

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