Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
Knochen schmerzen im Winter, und meine Augen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Eines Tages werde ich sterben. Ich möchte den … Maggrig … nicht allein hier oben lassen. Ich mag Menschen nicht besonders. Sie sind gemein, haben ein schlechtes Benehmen und sind immer auf der Suche nach etwas zu stehlen oder zu lügen oder zu verleumden. Aber vielleicht ist das nur meine persönliche Meinung. Maggrig kommt mit Menschen zurecht. Er mag Gesellschaft. Es ist Zeit, daß er wieder lernt, unter Menschen zu leben.«
»Denk gründlich darüber nach, Finn«, riet Chareos. »Du bist glücklich hier.«
»Ich
war
es. Aber nichts währt ewig, Schwertmeister. Nicht das Leben, nicht die Liebe, nicht die Träume. Ich glaube, ich hatte von allem mehr, als mir zustand. Ich bin recht zufrieden.«
»Was willst du tun?«
Finn blickte auf und sah Chareos in die Augen. »Ich hatte nie viele Freunde. Brauchte auch nie welche, glaube ich. Aber du – und dieser fette Riese – seid das, was einer Familie am nächsten kommt. Also kommen wir mit euch. Natürlich nur, wenn du möchtest.«
»Das brauchst du nicht erst zu fragen, Finn.«
»Gut«, sagte Finn und stand auf. »Das nimmt mir eine Last vom Herzen. Vielleicht finden wir das Mädchen sogar. Wer weiß?«
Tsudai beobachtete die Auktion ohne großes Interesse. Die hellhäutigen Gothirfrauen mit ihren kalten blauen Augen und den riesigen, kuhartigen Brüsten waren nicht nach seinem Geschmack. Er wandte sich vom Fenster ab und betrachtete die dunkelhaarige Frau, die auf dem satinbezogenen Diwan saß. Das hier war eine
wirkliche
Nadirschönheit.
Er hatte sie zum erstenmal gesehen, als Tenaka Khan sie nach Ulrickham gebracht hatte. Sie war vierzehn Jahre alt gewesen, ihre Haut golden, die Augen stolz. Tsudai hatte immer geglaubt, daß stolze Frauen ein Fluch des Teufels seien, und er hatte sich danach gesehnt, sie auszupeitschen, zu sehen, wie sie sich zu seinen Füßen wand. Selbst jetzt noch erregte ihn die Erinnerung daran.
Er setzte sich neben sie. Als sie dünn lächelte und von ihm abrückte, rötete sich sein Gesicht, aber er zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Dein Bruder, Jungir, schickt dir Grüße. Er hofft, daß du bei guter Gesundheit bist«, sagte Tsudai. »Ich werde ihm sagen, daß es der Fall ist, denn ich habe dich nie schöner gesehen, Tanaki.«
»Warum sollte ich nicht bei guter Gesundheit sein?« fragte sie. »Hat Jungir mich nicht in dieses öde Land geschickt, damit ich die frische Luft genieße?«
»Es war zu deiner eigenen Sicherheit, Prinzessin. Es gab Gerüchte um Anschläge, und man fürchtete um dein Leben.«
Darauf lachte sie, und das klingende Geräusch tat wenig dazu bei, Tsudais körperliches Unbehagen zu lindern. Ihr Blick begegnete dem seinen, und zum erstenmal schien es ihm, als lächelte sie mit echter Wärme.
»Warum spielen wir so törichte Spiele, Tsudai? Hier ist sonst niemand, und wir wissen beide, warum mein Bruder mich hergeschickt hat. Er hat seine eigenen Brüder und wahrscheinlich auch seinen Vater umgebracht. Warum sollte er davor zurückschrecken, auch seine Schwester umzubringen? Ich sage dir, weshalb. Weil ich die einzige Hoffnung der Nadir bin, ihnen einen männlichen Erben zu schenken. Trotz all seines Geschicks mit Pferden und Waffen – Jungir ist unfruchtbar.«
Tsudai erbleichte. »Das darfst du nicht sagen! Wenn das dem Khan hinterbracht wird …«
»Nicht einmal du würdest das wagen. Nicht einmal aus zweiter Hand. Warum bist du also wirklich hier, Tsudai?«
Er schluckte seinen Ärger hinunter. Es war unbequem, hier in der vollen Rüstung seines Ranges zu sitzen. Er griff nach der Schnalle seiner schwarzsilbernen Brustplatte.
»Zieh dich nicht aus«, wies sie ihn zurecht. »Das wäre unschicklich.«
»Unschicklich? Was weißt du schon von Schicklichkeit? Du nimmst dir eine endlose Reihe barbarischer Liebhaber und wechselst sie jeden Tag. Du bist von edlem Geblüt. So solltest du dich nicht benehmen.«
Tanaki stand auf und hob die Arme über den Kopf. Ihre Gestalt war schlank und geschmeidig, und die kurze Seidentunika glitt hoch und entblößte ihre glatten goldenen Schenkel.
»Du tust das nur, um mein Blut in Wallung zu bringen«, fauchte Tsudai und stand auf. Er war sich der Erregung bewußt, die seinen Körper durchströmte.
»Nicht einmal ein Vulkan könnte dich in Wallung bringen«, entgegnete sie. »Und jetzt sag mir endlich, warum du hier bist!«
Er blickte ihr fest in die violetten Augen und
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