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Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Titel: Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Chareos konnte ihre Beute nicht sehen, oder ob die Eule sie erwischt hatte. Ein Fuchs schnürte aus dem Unterholz und rannte über den Schnee, ohne den Mann zu beachten.
    Erinnerungen drängten sich in Chareos’ Gedanken, Tage der fugend und des Ehrgeizes, wunderbare Zeiten des Ruhms, Nächte der Verzweiflung und düsterer Melancholie. Was hast du erreicht? fragte er sich. Was gab es tatsächlich zu erreichen? Er erinnerte sich an die Trennung von seinen Eltern und an die lange, kalte Reise, die darauf folgte. Das war hart für einen kleinen Jungen gewesen. Die Erinnerungen waren bruchstückhaft, und er schob sie fort. Seine Jugend in Neu-Gulgothir war einsam gewesen, trotz der Freundschaft und Anleitung von Attalis, seinem Schwertmeister und Vormund. Chareos hatte sich unter den Jungen seines Alters nie recht wohl gefühlt, aber schlimmer noch war, daß er sich dem merkwürdigen Lebensstil des Adels von Gothir nicht anpassen konnte. Erst auf einer Reise nach Norden begann er die Gothir zu verstehen. Er war an einem Dorf vorbeigekommen, das sich an einen Berg schmiegte. Oberhalb der Siedlung befand sich ein gewaltiger Überhang aus Steinen und Felsen.
    »Das sieht gefährlich aus«, meinte Chareos zu Attalis.
    Der alte Mann nickte.
    »Eines Tages wird es herunterstürzen«, sagte er. »Nur wenige werden überleben.«
    »Warum leben die Menschen dann hier?«
    »Weil es schon immer so war, Junge. Nach einer Weile bemerken sie die Gefahr gar nicht mehr. Man kann nur eine gewisse Zeit mit der Angst leben. Dann nimmst du sie auf, und sie hat keine Macht mehr über dich.«
    So waren die Gothir. Ständig lebten sie mit der Drohung einer Nadirinvasion, die sie nicht verhindern konnten. Der Adel organisierte endlose Feste, Bankette, Tänze und die verschiedenen Unterhaltungen: Sie behielten nur eine Scheinarmee, um die Brüstungen von Bel-Azar zu bemannen. In jenen Tagen der Apathie war Chareos zum Mann herangewachsen. Als ausgezeichneten Schwertkämpfer, dank der Unterweisung von Attalis, erhielt er eine Offiziersstelle bei den Säbelfechtern – der Elitetruppe, die der Lordregent aufstellte. Er erinnerte sich jetzt voller Verlegenheit an seinen Stolz, als ihm das erste Mal der weiße Umhang und der silberne Säbel überreicht wurden. Er hatte mit zweihundert anderen jungen Männern vor der Galerie gestanden, den Rücken kerzengerade, die Augen fest auf den Lordregenten auf seinem Ebenholzthron gerichtet. Er fühlte sich wie ein Mann, und das Schicksal lächelte ihm zu.
    Zwei Wochen später lag seine Welt in Schutt und Asche. Attalis, immer ein stolzer Mann, wurde in einen belanglosen Streit mit Targon verwickelt, dem Streiter des Lordregenten. Der Streit weitete sich zu einer Blutfehde aus, und Targon forderte den alten Mann öffentlich heraus. Das Duell wurde am Königlichen Hof ausgetragen. Chareos, der mit den Säbelfechtern auf Patrouille war, hörte erst zwei Tage später davon. Attalis war von einem Stich in die Schulter verwundet worden und auf die Knie gefallen; sein Schwert glitt klirrend auf das Steinpflaster. Targon hatte einen Schritt nach vorn gemacht und dem alten Mann die Kehle aufgeschlitzt.
    Chareos hatte um Sonderurlaub gebeten, um dem Begräbnis beizuwohnen, was ihm gewährt wurde. Er verwendete seine mageren! Ersparnisse – und verpfändete den Sold des nächsten Jahres –, um ein Stück Land zu kaufen, einen Marmorsarkophag und eine Statue über dem Grab. Als dies getan war, suchte er Targon auf. Der Mann war einen Kopf größer als Chareos und gertenschlank. Er war schnell und voller Vertrauen auf seine Fähigkeiten. Wieder fand das Duell am Königlichen Hof statt.
    Targon hatte den jungen Offizier spöttisch angelacht. »Ich hoffe, du bist ein besserer Gegner als der alte Mann«, sagte er. Chareos sparte sich eine Antwort. Seine dunklen Augen waren auf Targons schwärzliche Züge gerichtet, als er seinen geborgten Degen zog. »Angst, mein Junge?« fragte Targon. »Solltest du auch haben!«
    Der Lordregent hob seinen Arm, und beide Männer präsentierten ihre Schwerter. Das Duell begann in einer hitzigen Reihe von Hieben, Paraden und Riposten. Chareos wußte nach wenigen Sekunden, daß er unterlegen war, doch er behielt die Ruhe – sicher in dem Wissen, daß seine Klinge irgendwie ihr Ziel im Fleisch seines Gegners finden würde. Hin und her über den Hof fochten die zwei Krieger; ihre Klingen schimmerten in der Morgensonne. Dreimal spürte Chareos, wie das Schwert seines Gegners ihm die Haut

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