Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
Finn nickte, machte auf dem Absatz kehrt und lief aus der Höhle.
Beltzer setzte sich kichernd. »Eine Nacht, an die wir zurückdenken werden, was, Schwertmeister?«
»Ja«, pflichtete Chareos ihm geistesabwesend bei und wandte sich um, wo Kiall und Okas noch immer schliefen. Er kniete nieder und rüttelte Kiall an der Schulter.
Der junge Mann öffnete die Augen und blinzelte. »Oh«, flüsterte er. »Sind wir in Sicherheit?«
»Wir sind wieder in der Höhle«, antwortete Chareos. »Wie sicher wir sind, bleibt abzuwarten. Du hast dich dort gut gehalten.«
»Woher weißt du das?« fragte Kiall.
»Du lebst«, sagte Chareos schlicht.
»Sollten wir nicht hinausgehen und Maggrig und Finn helfen?« erkundigte sich Beltzer.
»Nein. Das Spiel, das hier gespielt wird, ist ihr Spiel. Wir wären nur hinderlich.«
Chareos nahm seine Zunderschachtel aus seinem Gepäck, säuberte die Feuerstelle und entfachte ein neues Feuer. Die drei Männer setzten sich darum und genossen die Wärme. Vor der Höhle ertönte ein Schrei, und Kiall sprang auf.
»Das könnte Finn oder Maggrig sein«, sagte er.
»Könnte«, gab Beltzer ihm recht. »Wie wär’s mit was zu essen?«
»Eine gute Idee«, meinte Chareos und wandte sich an Kiall. »Koch uns ein paar Haferflocken. Mein Magen glaubt allmählich, man hätte mir die Kehle durchgeschnitten.«
»Was ist mit Finn?« wollte Kiall wissen.
»Er kann essen, wenn er kommt«, antwortet Beltzer grinsend.
Kiall ging zu ihrem Gepäck und nahm einen Ledersack mit Haferflocken heraus. Er warf einen Blick auf Okas. »Er schläft immer noch«, sagte er.
»Das bezweifle ich«, meinte Chareos.
Die drei Suchenden saßen schweigend da, während die Haferflocken in einem Kupfertopf über dem Feuer blubberten und langsam eindickten. Das blasse graue Licht der Dämmerung erhellte den Himmel, als Kiall das Essen auf zwei Holzteller schöpfte.
»Willst du nichts essen?« fragte Beltzer, als Kiall sich wieder setzte.
»Nein, mir ist der Appetit vergangen«, antwortete der jüngere Mann mit einem Blick auf die blutigen Leichen. »Wie könnt ihr bei einem solchen Gestank an Essen denken?«
Beltzer zuckte die Achseln. »Es ist auch nur Fleisch, mein Junge, und Eingeweide.«
Kurz darauf trat Finn in die Höhle und ließ sich müde zu Boden sinken. Seine Augen waren blutunterlaufen. Maggrig folgte ihm nach wenigen Minuten. Beide Männer aßen schweigend.
»Nun?« fragte Chareos, als sie ihr Mahl beendet hatten.
»Es waren noch vier von ihnen draußen.«
»Habt ihr sie alle geschnappt?« fragte Beltzer.
»Ja, aber es war knapp. Sie waren gut, sehr gut. Was machen wir jetzt?«
»Wir warten auf Okas«, antwortet Chareos. »Ihr solltest ein wenig schlafen.« Finn nickte und ging in die hinterste Ecke der Höhle, wickelte seine hagere Gestalt in eine Decke und ließ sich nieder, den Kopf auf seinen Sattel gebettet.
»Sie hätten uns fast besiegt«, sagte Maggrig. »Mindestens einer von ihnen hatte eine bessere Position. Sein Schuß ging um Haaresbreite an Finns Kopf vorbei.«
»Habt ihr ihre Pferde gefunden?« fragte Chareos.
»Ja. Wir haben den Kerlen die Sättel abgenommen und sie davongejagt. Finn glaubt, es waren Späher einer größeren Truppe – wahrscheinlich dieselbe Bande, die Ravenna gefangennahm.«
»Dann jagen sie uns«, sagte Chareos.
»Natürlich jagen sie uns«, fuhr Beltzer ihn an. »Deswegen liegen ja überall die Leichen herum.«
»Ich glaube, Chareos meint uns im besonderen«, warf Maggrig ein. »Sie haben nicht einfach nur versucht, eine kleine Reisegruppe auszurauben. Sie haben gezielt nach
uns
Ausschau gehalten.«
»Wie kommst du darauf?« fragte Beltzer Chareos.
»Sag es ihm, Maggrig«, bat Chareos.
»Zuerst einmal ihre Geschicklichkeit. Sie waren besonders vorsichtig, was Finn und mich zu dem Schluß brachte, daß sie unsere Stärken kennen. Zweitens waren sie darauf eingestellt, Verluste zu erleiden und trotzdem weiterzumachen. Wenn wir einfach nur eine Reisegruppe wären, hätten sie nicht wissen könne, was wir bei uns haben – und ein bißchen Proviant und ein paar Pferde sind es nicht wert, dafür zu sterben.«
»Also«, meinte Beltzer, »ist es schon bekannt.«
»Es scheint so«, gab Chareos ihm recht.
»Es ist höchst eigenartig«, sagte Chien-tsu. »Der Nadirschamane beobachtet uns nicht mehr.« Sukai zügelte seinen Grauen und blickte auf den Lagerplatz unter ihnen.
»Vielleicht, weil sie vorhaben, uns diese Nacht anzugreifen, Herr«, sagte der Soldat
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