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Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Gleichgewichtsgefühl verhelfen, die Aufbauarbeit an Armen und Schultern ihren Stößen und Hieben mehr Kraft verleihen. Aber das eigentliche Problem lag in ihrem Herzen. Wenn sie wütend wurde, war sie unbeherrscht und damit eine leichte Beute für einen geübten Schwertkämpfer. Wenn sie kühl war, waren ihre Bewegungen gestelzt, ihre Angriffe leicht zu berechnen und zu kontern.
    Sie war vielleicht eine Stunde fort, als er ihre leichten Schritte auf der festgestampften Erde der Lichtung hörte. Er sah auf, als sie eintrat, die Tunika schweißnaß, das Gesicht gerötet, das lange Haar feucht. Das Schwert lag immer noch in ihrer Hand.
    »Hast du es den ganzen Weg getragen?« fragte er leise.
    »Ja. Das hast du mir doch gesagt.«
    »Du hast es nicht am Wegrand niedergelegt und bei deiner Rückkehr wieder aufgenommen?«
    »Nein!« antwortete sie gekränkt.
    Er glaubte ihr und fluchte innerlich. »Tust du immer, was man dir sagt?« fuhr er sie an.
    »Ja«, sagte sie schlicht.
    »Warum?«
    Sie warf das Schwert auf den Tisch und stellte sich vor ihn, die Hände in die Hüften gestemmt. »Kritisierst du mich jetzt dafür, daß ich dir gehorche? Was willst du eigentlich von mir?«
    Er seufzte. »Nur dein Bestes – und das hast du heute gegeben. Ruh dich aus. Ich mache uns etwas zu essen.«
    »Unsinn«, sagte sie zuckersüß. »Du bist ein alter Mann, und du siehst müde aus. Setz dich her, und ich bringe dir etwas zu essen.«
    »Ich dachte, wir hätten einen Waffenstillstand«, sagte er und folgte ihr in die Küche, wo sie einen großen Schinken vom Haken nahm und ihn aufzuschneiden begann.
    »Das war gestern. Bevor du versucht hast, meinen Vater zu betrügen.«
    Sein Gesicht verdunkelte sich. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden betrogen.«
    Sie fuhr zu ihm herum. »Nein? Und wie würdest du zehntausend in Gold für ein paar Wochen Arbeit nennen?«
    »Ich habe nicht um die Summe gebeten! Er hat sie angeboten. Und wenn du schon gelauscht hast – eine weibliche Tugend, wie ich feststellen konnte –, dann hast du auch gehört, daß ich ihm sagte, ich hätte es für fünfzig getan.«
    »Willst du Käse zum Schinken?« fragte sie.
    »Ja, und Brot. Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Ich habe es gehört, aber ich glaube dir nicht. Du wolltest mich zwingen, aufzugeben. Gib’s zu!«
    »Ja, ich gebe es zu.«
    »Dann gibt es dazu nichts mehr zu sagen. Hier ist dein Essen. Wenn du fertig bist, spül deinen Teller ab. Und dann tu mir den Gefallen und verbring den Abend in deinem Zimmer. Ich habe für heute genug von deiner Gesellschaft.«
    »Die Arbeit endet nicht, nur weil die Sonne untergegangen ist«, sagte er leise. »Tagsüber haben wir an deinem Körper gearbeitet, heute abend arbeiten wir an deinem Geist. Und ich gehe dann in mein Zimmer, wenn es mir paßt. Was willst du essen?«
    »Dasselbe wie du.«
    »Hast du Honig?«
    »Nein.«
    »Getrocknete Früchte?«
    »Ja – warum?«
    »Iß ein paar. Ich habe vor langer Zeit gelernt, daß Süßigkeiten und Kuchen einem müden Magen gut bekommen. Man schläft besser und wacht erfrischter auf. Und trink viel Wasser.«
    »Sonst noch was?«
    »Wenn mir noch etwas einfällt, sage ich es dir. Und jetzt laß uns zu Ende essen, damit wir mit der Arbeit beginnen können.«
     
    Nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte, fegte Angel die Asche des alten Feuers beiseite, legte frisches Anmachholz zurecht und hielt einen Funken an den Zunder. Miriel hatte in der Küche gegessen und war dann durch die Hütte und hinaus in die Nacht gegangen. Angel war wütend auf sich. Du bist kein Lehrer, dachte er. Und das Mädchen hatte recht – er wollte, daß sie aufgab. Aber nicht aus den Gründen, die sie vermutete. Er seufzte, lehnte sich zurück und beobachtete, wie die winzigen Flammen das Anmachholz verzehrten. Bald spürte er die ersten wärmenden Strahlen des Feuers.
    Er hatte versucht, den Jungen Ranuld zu unterweisen, ihm die Bewegungen und Deckung zu zeigen, die er in seinem neuen Beruf brauchen würde, doch Ranuld war in seinem ersten Kampf durch einen Hieb gestorben, der ihm die Eingeweide herausriß. Dann war da Sorrin gewesen, groß und athletisch, furchtlos und schnell. Er hatte sieben Kämpfe durchgestanden – war sogar ein Liebling der Massen geworden. Senta hatte ihn getötet – blitzschnelle Drehung und ein Rückhandhieb gegen die Kehle, wunderbar ausgeführt. Sorrin war tot, ehe er es wußte.
    Das war der Tag gewesen, an dem Angel seinen Abschied genommen hatte.

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