Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes
Tausenden Blut und Tod brachte.
Waylander hatte ihn verändert. Als der Priester in Trance gewesen war und sein Geist durch die Leere irrte, hatte Waylander sich in den Arm geschnitten und ihn über Dardalions Gesicht gehalten. Und das Blut war auf die Wangen des Priesters getropft, auf seine Haut und die Lippen und in seinen Mund. Der bewußtlose Dardalion hatte heftig reagiert; sein Körper krümmte sich in beinahe epileptischen Krämpfen.
Und er tötete den Dämonen-Geist, der ihn jagte.
Um Dardalions Leben zu retten, hatte Waylander seine Seele besudelt.
»Du hast mich auch besudelt«, flüsterte Waylander. »Du hast mich mit deiner Reinheit berührt. Du hast ein Licht auf die dunklen Stellen geworfen.« Müde stemmte er sich hoch. Von hier aus konnte er die Stadt unter sich liegen sehen, die kleine Kirche, nur einen Steinwurf von den blutbespritzten Bärengehegen entfernt, die aus Holz gebauten Häuser und Ställe. Er hatte nicht hierherkommen wollen. Im Süden lag sein Zuhause; im Süden wartete Danyal auf ihn, still inmitten der Blumen und des glitzernden Wasserfalls.
Sobald er die Deckung des Waldes erreicht hatte, entspannte er ein wenig und spürte den langsamen, ewigen Herzschlag des Waldes um sich herum. Was scherten sich diese Bäume um die Hoffnungen der Menschen? Ihr Geist war immerwährend, wurde in die Blätter hineingeboren, sank wieder zu Boden, mischte sich mit der Erde, nährte den Baum, und wurde wieder zu Blättern. Ein endloser, passiver Zyklus aus Geburt und Wiedergeburt im Laufe der Äonen. Keine Morde gab es hier, keine Schuld. Er fühlte das Gewicht seiner Waffen und wünschte, er könnte sie alle von sich werfen und nackt durch den Wald wandern, die weiche Erde unter seinen Füßen, die warme Sonne auf seinem Rücken.
Ein Schmerzensschrei ertönte ein Stück links von ihm, gefolgt von Flüchen. Mit raschen Schritten, ein Messer in der Hand, schob er sich durch die Büsche und sah, etwa fünfzig Schritt entfernt, vier Männer, die vor dem Eingang einer flachen Höhle standen, am Fuß eines sanften Abhangs. Drei trugen hölzerne Keulen, ein vierter hatte ein Kurzschwert, das – wie Waylander selbst auf diese Entfernung sehen konnte – teilweise verrostet war.
»Das Mistvieh hat mir fast den Arm abgerissen«, klagte ein untersetzter Mann mit beginnender Glatze. Aus einer Fleischwunde an seinem Unterarm tropfte Blut.
»Wir brauchen einen Bogen oder Speere«, sagte ein anderer.
»Laßt das Tier doch. Es ist ein Dämon«, sagte ein dritter und wich zurück. »Außerdem stirbt es sowieso.«
Einer nach dem anderen zogen sie sich von der Höhle zurück, doch der letzte Mann blieb stehen und warf einen großen Stein in die Dunkelheit. Ein tiefes Grollen war zu hören, und ein riesiger Hund erschien im Eingang, Blut an den Fangzähnen. Die Männer brachen plötzlich in Panik aus und rannten den Hang hinauf. Der erste, der dicke Glatzkopf mit dem verletzten Arm, sah Waylander dort stehen und hielt.
»Geh nicht dort hinunter, Freund«, sagte er. »Der Hund ist mörderisch.«
»Tollwut?« erkundigte sich Waylander.
»Nee. Einer der Kampfhunde. Heute morgen gab es einen Bärenkampf, und einen verdammt guten dazu. Aber einer von Jezels Hunden riß aus. Der schlimmste von ihnen, ein halber Wolf. Wir dachten, der Bär hätte ihn umgebracht, und waren dabei, die Kadaver rauszuzerren, aber er war nicht tot. Das Mistvieh sprang auf und zerriß Jezel die Kehle. Schrecklich. Wirklich schrecklich. Dann rannte er davon. Die Götter mögen wissen, wie er das geschafft hat. Wo er doch von dem Bär halb zerrissen war.«
»Nicht viele Hunde greifen ihre Besitzer an«, meinte Waylander.
»Kampfhunde schon«, warf ein zweiter Mann ein, hochgewachsen und klapperdürr. »Das ist die Ausbildung, verstehst du? Die Schläge und das Hungernlassen und so. Jezel ist … war … ein verdammt guter Ausbilder. Der beste.«
»Danke für die Warnung«, sagte Waylander.
»Keine Ursache«, erwiderte der Dünne. »Brauchst du ein Bett für die Nacht? Mir gehört das Gasthaus. Wir haben ein schönes Zimmer.«
»Danke, nein. Ich habe kein Geld.«
Sofort ließ das Interesse des Mannes nach, und mit einem raschen Lächeln ging er an Waylander vorbei und schlenderte, gefolgt von den anderen, in Richtung Stadt. Waylanders Blick schweifte zu dem Hund, der erschöpft ins Gras gesunken war und jetzt schwer atmend auf der rechten Seite lag. Die blutverkrusteten Flanken bebten.
Waylander ging langsam den Hang hinab und
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