Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
verlassene Städte. Sie fragte sich, ob dies der Weg ins Paradies war. Als sie zu einer Bergkette kam, sah sie eine häßliche Festung aus grauem Stein. Sie dachte an den Mann mit der Axt und wurde in die Zitadelle gezogen, gelangte in einen Saal, in dem ein riesiger Mann mit vernarbtem Gesicht und boshaften Augen saß. Neben ihm stand die Axt, die sie bei dem Mann in Schwarz gesehen hatte.
    Sie stieg hinab, bis zu einem tiefen, dunklen Verlies, kalt und schmutzig, dem Schlupfwinkel von Ratten und Läusen. Hier lag der Axtschwinger; seine Haut war mit wunden Stellen bedeckt. Er schlief, und sein Geist war nicht in seinem Körper. Sie versuchte, sein Gesicht zu berühren, doch ihre Geisthand floß durch die Haut. In diesem Moment erblickte sie eine dünne Linie aus pulsierendem Licht, die von dem Körper ausstrahlte. Ihre Hand berührte das Licht, und sofort fand sie ihn.
    Er war allein und schrecklich verzweifelt. Sie sprach mit ihm, versuchte, ihm Kraft zu geben, doch er griff nach ihr, und seine Worte waren schockierend und flößten ihr Angst ein. Da verschwand er. Sie vermutete, daß er geweckt worden war.
    Wieder in der Zitadelle, schwebte sie durch die Gänge und Zimmer, Vorzimmer und Säle. Ein alter Mann saß in einer leeren Küche. Auch er träumte, und es war der Traum, der sie zu ihm zog. Der alte Mann war in demselben Verlies. Er hatte dort drei Jahre verbracht. Pahtai drang in seinen Verstand ein und sprach mit seinem Traumgeist. Dann kehrte sie an den Nachthimmel zurück. Ich sterbe nicht, dachte sie. Ich bin nur frei.
    Binnen eines Augenblicks kehrte sie nach Resha und zu ihrem Körper zurück. Schmerz durchflutete sie, und das Gewicht ihres Fleisches legte sich wie ein Gefängnis um ihren Geist. Sie spürte Michaneks Hand, und alle Gedanken an den Axtträger lösten sich auf wie Nebel in der Sonne. Sie war plötzlich glücklich trotz der Schmerzen. Er war so gut zu ihr gewesen, und doch …
    »Bist du wach?« fragte er leise. Sie schlug die Augen auf.
    »Ja. Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch. Mehr als mein Leben.«
    »Warum haben wir nie geheiratet?« fragte sie. Ihre Kehle war trocken, die Worte kamen rasselnd. Sie sah, wie er blaß wurde.
    »Mehr wünschst du dir nicht? Würdest du dich dann wohler fühlen?«
    »Es würde … mich … glücklich machen«, antwortete sie.
    »Ich schicke nach einem Priester«, versprach er.
     
    Sie fand ihn auf einem finsteren Berg; die Winterwinde heulten über den Gipfel. Er war schwach und durchgefroren. Seine Glieder zitterten, und seine Augen blickten glanzlos.
    »Was machst du da?« fragte sie.
    »Auf den Tod warten«, sagte er.
    »Das paßt nicht zu dir. Du bist ein Krieger, und ein Krieger gibt niemals auf.«
    »Ich habe keine Kraft mehr.«
    Rowena setzte sich neben ihn, und er spürte die Wärme ihrer Arme um seine Schultern, roch ihren süßen Atem. »Sei stark«, sagte sie und strich ihm übers Haar. »In der Verzweiflung liegt nur die Niederlage.«
    »Ich kann kalte Steine nicht überwinden. Ich kann kein Licht in der Dunkelheit anzünden. Meine Glieder verfaulen, meine Zähne wackeln.«
    »Gibt es denn nichts, wofür du leben möchtest?«
    »Doch«, sagte er und griff nach ihr. »Ich lebe für dich! Immer schon. Aber ich kann dich nicht finden.«
     
    Er erwachte in der Dunkelheit im Gestank des Verlieses und kroch zum Gitter des Türsteins. Ein kühler Luftzug wehte durch den Gang, und er atmete tief ein. Eine Fackel flackerte, daß es in seinen Augen brannte. Er blinzelte und beobachtete, wie der Wärter den Gang entlangstapfte. Dann kam die Dunkelheit zurück. Druss’ Magen verkrampfte sich, und er stöhnte. Schwindel überkam ihn. Übelkeit stieg in ihm auf.
    Ein schwaches Licht leuchtete auf, und er drückte das Gesicht gegen die schmale Öffnung, indem er sich qualvoll auf die Knie rollte. Ein alter Mann mit verfilztem weißem Bart kniete vor der Kerkertür. Das Licht der winzigen tönernen Öllampe war quälend hell und schmerzte Druss in den Augen.
    »Ah, du lebst! Gut«, flüsterte der alte Mann. »Ich habe dir diese Lampe und eine alte Zunderschachtel gebracht. Geh vorsichtig damit um. Sie wird dir helfen, deine Augen wieder an Licht zu gewöhnen. Ich habe auch etwas zu essen dabei.« Er schob ein in Leinen gewickeltes Päckchen durch die Tür, und Druss nahm es. Sein Mund war zu trocken, als daß er sprechen konnte. »Ich komme wieder, wenn ich kann«, sagte der alte Mann. »Denk daran – benutzte die Lampe nur, wenn der Aufseher weg

Weitere Kostenlose Bücher