Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
war ein großartiges Duell. Aber vergib mir, wenn ich zugebe, daß mir das Herz die ganze Zeit in der Hose saß. Michanek hätte ausgleiten können – und wo wäre ich dann geblieben, wenn die Tore für Gorben offen gewesen wären?«
»Niemand kann Michanek besiegen«, sagte sie.
»Bis jetzt nicht. Aber Gorben hatte einmal einen anderen Meisterkämpfer … Druss hieß er, glaube ich. Ein Axtschwinger. Er war tödlich, wenn ich mich recht erinnere.«
Rowena schauderte. »Ist dir kalt?« fragte er, plötzlich besorgt. »Du bekommst doch kein Fieber?« Er hob die Hand und legte sie auf ihre Stirn. Als er sie berührte, sah sie ihn sterben, im Kampf auf den Wehrgängen, umringt von schwarzgekleideten Kriegern, während Schwerter und Messer in sein Fleisch drangen.
Sie schloß die Augen und drängte die Bilder zurück. »Du fühlst dich nicht wohl«, hörte sie ihn wie aus großer Entfernung sagen.
Rowena holte tief Luft. »Ich bin ein bißchen schwach«, gab sie zu.
»Nun, du mußt für eure Feier bei Kräften sein. Michanek hat drei Sänger und einen Lyraspieler gefunden – es wird bestimmt sehr unterhaltsam. Und ich habe ein ganzes Faß vom besten lentrischen Roten, das ich euch schicken will.«
Beim Gedanken an ihren Jahrestag hellte Rowenas Stimmung sich auf. Es war fast ein Jahr her, seit sie sich von der Pest erholt hatte … Ein Jahr, seit Michanek ihr Glück vervollkommnet hatte. Sie lächelte Darishan an. »Du kommst doch morgen? Das ist gut. Ich weiß, wie sehr Michanek deine Freundschaft schätzt.«
»Und ich die seine.« Darishan stand auf. »Er ist ein guter Mann, weißt du, viel besser als die meisten von uns. Ich bin stolz, ihn gekannt zu haben.«
»Ich sehe dich morgen«, sagte sie.
»Bis morgen«, erwiderte er.
»Ich muß zugeben, altes Roß, daß das Leben ohne dich ziemlich langweilig war«, sagte Sieben. Druss erwiderte nichts, sondern starrte in die Flammen des kleinen Feuers und beobachtete, wie sie tanzten und flackerten. Snaga lag neben ihm. Die Klingen ruhten aufwärts gerichtet am Stamm einer jungen Eiche; der Griff war zwischen eine vorspringende Wurzel geklemmt. Auf der anderen Seite des Feuers bereitete Eskodas zwei Kaninchen für den Spieß vor. »Wenn wir gegessen haben«, fuhr Sieben fort, »werde ich euch mit weiteren Abenteuern von Druss der Legende ergötzen.«
»Nein, das wirst du verdammt noch mal nicht«, knurrte Druss.
Eskodas lachte. »Du solltest es dir wirklich anhören, Druss. Er läßt dich in die Hölle hinabsteigen, um die Seele einer Prinzessin zu retten.«
Druss schüttelte den Kopf, doch ein kurzes Lächeln schimmerte durch den schwarzen Bart, das Sieben aufmunterte. In dem Monat, seit der Axtschwinger Cajivak getötet hatte, hatte er nur wenig gesprochen. In den ersten zwei Wochen hatten sie in Lania Rast gemacht, dann waren sie durch die Berge nach Osten gereist. Jetzt, zwei Tagesreisen von Resha, lagerten sie auf einem bewaldeten Hügel oberhalb eines kleinen Dorfes.
Druss hatte sein altes Gewicht weitgehend wiedererlangt, und seine Schultern füllten schon fast wieder das silberbeschlagene Wams, das er Cajivak abgenommen hatte.
Eskodas legte die aufgespießten Kaninchen über das Feuer und setzte sich, um Fett und Blut von den Fingern zu wischen. »Man kann beim Kaninchenessen verhungern«, meinte er. »Nicht viel dran. Wir hätten ins Dorf hinuntergehen sollen.«
»Ich bin gern draußen«, sagte Druss.
»Hätte ich es gewußt, wäre ich früher gekommen«, sagte Sieben leise, und Druss nickte.
»Ich weiß, Dichter. Aber das ist jetzt Vergangenheit. Jetzt zählt nur noch, daß ich Rowena finde. Sie kam in einem Traum zu mir, als ich in diesem Kerker saß. Sie hat mir Kraft gegeben. Ich werde sie finden.« Er seufzte. »Irgendwann.«
»Der Krieg ist fast vorbei«, sagte Eskodas. »Sobald er gewonnen ist, wirst du sie gewiß finden. Gorben kann Reiter in jede Stadt und jedes Dorf schicken. Wem sie auch gehört – der Betreffende wird wissen, daß der Kaiser ihre Rückgabe fordert.«
»Das stimmt«, meinte Druss, dessen Miene sich aufhellte, »und er hat versprochen, zu helfen. Ich fühle mich schon besser. Die Sterne strahlen, die Nacht ist kühl. Ach, tut das gut, am Leben zu sein! Na schön, Dichter, erzähl mir, wie ich die Prinzessin aus der Hölle gerettet habe. Und laß ein, zwei Drachen erscheinen!«
»Nein«, widersprach Sieben lachend, »jetzt bist du viel zu guter Laune. Es ist nur witzig, wenn dein Gesicht finster wie eine
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