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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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töten, aber dann holen sie einfach neue. Nein. Wir können nicht agieren, deshalb müssen wir reagieren. Ich möchte, daß du dir vorstellst, dieser Abschnitt der Mauer würde fallen.« Er wandte der Brüstung den Rücken zu und betrachtete prüfend die Häuserreihe hinter der Mauer. Von dort führten mehrere Gäßchen und zwei größere Straßen in die Stadt. »Nimm fünfzig Mann und blockiere die Gassen und Straßen. Und laß alle Erdgeschoßfenster der Häuser zumauern. Wir brauchen eine zweite Verteidigungslinie.«
    »Jawohl, Herr«, sagte der junge Mann mit gesenktem Blick.
    »Halt die Ohren steif, mein Junge«, riet ihm Michanek. »Noch sind wir nicht tot.«
    »Nein, Herr. Aber die Leute reden schon offen über die Hilfstruppen. Sie sagen, sie kommen nicht. Sie sagen, man läßt uns allein.«
    »Welche Entscheidung der Kaiser auch trifft, wir werden sie befolgen«, sagte Michanek streng. Der junge Mann wurde rot; dann salutierte er und marschierte davon. Michanek schaute ihm nach, ehe er auf die Wehrgänge zurückkehrte.
    Es gab keine Hilfstruppen. Die Armee Naashans war in zwei verheerenden Schlachten zerschlagen worden und war jetzt auf der Flucht zur Grenze. Resha war die letzte der besetzten Städte. Die beabsichtige Eroberung Ventrias war nur noch eine Katastrophe ersten Ranges.
    Doch Michanek hatte seine Befehle. Er und der abtrünnige Ventrier Darishan sollten Resha so lange wie möglich halten, um ventrische Truppen zu binden, während der Kaiser in die Sicherheit der Berge von Naashan floh.
    Michanek griff in den Beutel an seinem Gürtel und zog das kleine Stück Pergament hervor, auf dem die Nachricht gekommen war. Er blickte auf die hastig hingeworfenen Zeilen.
     
    Halte um jeden Preis aus,
    bis Du anderslautende Befehle erhältst.
    Keine Kapitulation.
     
    Langsam zerriß der Krieger die Botschaft. Keine Abschiedsgrüße, kein Dank, keine Worte des Bedauerns. So sieht die Dankbarkeit der Fürsten aus, dachte er. Er hatte seine Antwort niedergekritzelt, sie sorgfältig gefaltet und in die winzige Metallröhre gesteckt, die er anschließend an das Bein der Taube band. Der Vogel stieg in die Lüfte und flog nach Osten, trug Michaneks letzte Botschaft zu dem Kaiser, dem er seit seiner Knabenzeit gedient hatte:
     
    Wie Du befiehlst, so soll es geschehen.
     
    Die zugenähte Wunde an seiner Seite begann zu jucken – ein sicheres Zeichen für die einsetzende Heilung. Müßig kratzte Michanek sich. Du hattest Glück, dachte er. Bodasen hätte dich fast erwischt. Am Westtor sah er die ersten der Lebensmittelkonvois, die sich durch die ventrischen Reihen wanden, und er schlenderte hinunter, den Karren entgegen.
    Der erste Fahrer winkte, als er Michanek erblickte. Es war sein Vetter Shurpac. Er sprang vom Brettersitz und warf die Zügel dem dicken Mann neben sich zu.
    »Schön, dich zu sehen, Vetter«, sagte Shurpac, umarmte Michanek und küßte ihn auf beide bärtige Wangen. Michanek überlief es kalt – die Kälte der Angst, als er sich an Rowenas Warnung erinnerte:
»Ich sehe Soldaten mit schwarzen Umhängen und Helmen, die die Mauern stürmen. Du sammelst deine Männer für ein letztes Gefecht vor diesen Mauern. An deiner Seite werden … dein jüngster Bruder und ein Vetter zweiten Grades sein.«
    »Was ist los, Michi? Du siehst aus, als wäre ein Geist über dein Grab gegangen.«
    Michanek zwang sich zu einem Lächeln. »Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu sehen. Ich hörte, du wärst beim Kaiser.«
    »War ich auch. Aber es sind traurige Zeiten, Vetter. Er ist ein gebrochener Mann. Ich hörte, du seist hier, und habe versucht, einen Weg hierher zu finden. Dann hörte ich von dem Duell. Großartig. Aus dem Stoff macht man Legenden! Wieso hast du ihn nicht getötet?«
    Michanek zuckte die Achseln. »Er hat gut und tapfer gekämpft. Ich habe ihm die Lunge durchstoßen, und er stürzte. Danach war er keine Bedrohung mehr, und es bestand kein Anlaß für den Todesstoß.«
    »Ich hätte zu gern Gorbens Gesicht gesehen. Er soll Bodasen für unschlagbar mit der Klinge gehalten haben.«
    »Niemand ist unschlagbar, Vetter. Niemand.«
    »Unsinn«, widersprach Shurpac. »Du bist unschlagbar. Deswegen wollte ich ja hierher, um an deiner Seite zu kämpfen. Wir werden es diesen Ventriern schon zeigen, nicht wahr? Wo ist Narin?«
    »In der Kaserne. Er wartet auf die Lebensmittel. Wir werden sie an ventrischen Gefangenen ausprobieren.«
    »Glaubst du, Gorben hat sie vergiftet?«
    Michanek zuckte die Achseln.

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