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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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sich als Verräterin, als Hure und, ich fürchte, als Mörderin.«
    »Nichts davon war ihre Schuld«, sagte Druss. »Wie konnte sie nur so etwas denken?«
    Der Priester lächelte, doch es war Shalitar, der sprach. »Jeder Tod ruft Schuldgefühle hervor, Druss. Ein Sohn stirbt an der Pest, und die Mutter wird sich dafür tadeln, daß sie das Kind nicht an einen sicheren Ort gebracht hat, ehe die Krankheit zuschlagen konnte. Ein Mann stürzt zu Tode, und seine Frau denkt: ›Hätte ich ihn nur gebeten, heute zu Hause zu bleiben.‹ Es ist die Natur guter Menschen, sich Bürden aufzuhalsen. Alle Tragödien könnten vermieden werden, wenn wir es nur vorher wüßten. Wenn sie dann eintreten, suchen wir die Schuld bei uns. Doch für Rowena war die Last der Schuld überwältigend.«
    »Was kann ich tun?« fragte der Axtträger.
    »Nichts. Wir müssen einfach hoffen, daß sie zurückkommt.«
    Der Priester von Pashtar Sen schien etwas sagen zu wollen, stand jedoch auf und ging zum Fenster. Druss sah die Veränderung in ihm. »Sprich«, verlangte er. »Was wolltest du sagen?«
    »Es spielt keine Rolle«, erwiderte der Priester leise.
    »Laß mich das beurteilen, sofern es Rowena betrifft.«
    Der Priester setzte sich wieder und rieb sich die müden Augen. »Sie schwebt«, sagte er schließlich, »zwischen Tod und Leben. Ihr Geist wandert durch das Tal des Todes. Wenn wir einen Zauberer fänden, könnten wir ihr vielleicht seinen Geist hinterherschicken, um sie heimzuholen.« Er breitete die Hände aus. »Aber ich weiß nicht, wo wir einen solchen Mann finden könnten – oder eine solche Frau. Und ich glaube nicht, daß wir Zeit zum Suchen haben.«
    »Was ist mit deinem Talent?« fragte Druss. »Du scheinst über diesen Ort Bescheid zu wissen.«
    Der Mann senkte unter Druss’ forschendem Blick die Augen. »Ich … ich habe das Talent, aber nicht den Mut dazu. Es ist ein schrecklicher Ort.« Er lächelte mühsam. »Ich bin ein Feigling, Druss. Ich würde dort sterben. Es ist kein Ort für kleingeistige Männer.«
    »Dann schicke mich; ich finde sie.«
    »Du hättest keine Chance. Wir sprechen hier von einem … einem Reich dunkler Magie und Dämonen. Du wärst ihnen gegenüber wehrlos, Druss. Sie würden dich überwältigen.«
    »Aber du könntest mich dorthin schicken?«
    »Es hätte keinen Zweck. Es wäre Wahnsinn.«
    Druss wandte sich an Shalitar. »Was passiert mit ihr, wenn wir nichts tun?«
    »Sie hat vielleicht noch einen Tag … vielleicht auch noch zwei. Aber sie wird schwächer.«
    »Dann haben wir keine Wahl, Priester«, sagte Druss, erhob sich und baute sich vor dem Mann auf. »Sag mir, wie ich in dieses Tal komme.«
    »Du mußt sterben«, flüsterte der Priester.
     
    Ein grauer Nebel wirbelte, obwohl kein spürbarer Wind wehte, und von überall erklangen seltsame, geisterhafte Geräusche.
    Der Priester war verschwunden, und Druss war allein.
    Allein?
    Um ihn herum bewegten sich Gestalten im Nebel, einige riesengroß, andere klein und gleitend. »Bleib auf dem Pfad«, hatte der Priester gesagt. »Folge dem Weg durch den Nebel. Laß dich unter keinen Umständen von diesem Weg locken.«
    Druss schaute zu Boden. Der Weg war randlos und grau, als bestünde er aus geschmolzenen Stein. Er war glatt und flach, und der Nebel hielt sich darüber, schwebte und waberte in kalten Fingern, die um seine Beine und seinen Rumpf wirbelten.
    Die Stimme einer Frau rief ihn von der Seite her an. Er hielt inne und schaute nach rechts. Eine dunkelhaarige Frau, kaum mehr als ein Mädchen, saß auf einem Stein, die Beine gespreizt. Eine Hand streichelte ihre Schenkel. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und warf den Kopf zurück. »Komm her«, rief sie. »Komm!«
    Druss schüttelte den Kopf. »Ich habe anderes zu tun.«
    Sie lachte. »Hier? Du hast hier etwas anderes zu tun?« Sie lachte laut und kam näher, doch er sah, daß sie den Weg nicht betrat. Ihre Augen waren groß und golden, doch sie hatten keine Pupillen, lediglich schwarze Schlitze in dem Gold. Als sie den Mund öffnete, schoß eine gegabelte Zunge zwischen ihren Lippen hervor, die – wie Druss jetzt erkannte – graublau waren. Ihre Zähne waren klein und scharf.
    Er beachtete sie nicht mehr und ging weiter. Ein alter Mann mit gebeugten Schultern saß mitten auf dem Pfad. Druss blieb stehen. »Wohin, Bruder?« fragte der alte Mann. »Welchen Weg soll ich wählen? Es gibt so viele Pfade.«
    »Es gibt nur einen«, antwortete Druss.
    »So viele Pfade«, wiederholte

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