Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
Freuden, die du dir denken kannst, für nur einen Silberpfennig«, sagte sie müde.
»Danke, nein«, erwiderte er.
»Ich kann dir Rauschmittel beschaffen, wenn du welche möchtest.«
»Nein«, wiederholte Druss ein wenig energischer und ging weiter. Drei bärtige Männer erhoben sich und bauten sich vor ihm auf. »Ein Geschenk für die Armen, Herr?« fragte der erste.
Druss wollte gerade antworten, als er aus dem Augenwinkel sah, wie der Mann zu seiner Linken eine Hand in die Falten eines schmutzigen Hemdes steckte. Er lachte leise. »Wenn diese Hand mit einem Messer wieder zum Vorschein kommt – dann sorge ich dafür, daß du es frißt, kleiner Mann.« Der Bettler erstarrte.
»Du solltest hier nicht mit Drohungen kommen«, sagte der erste. »Nicht unbewaffnet, so wie du. Das ist nicht klug, Herr.« Er griff hinter seinen Rücken und zog einen Dolch mit langer Klinge hervor.
Als Druss das Messer sah, trat er einen Schritt vor und schlug dem Mann beiläufig eine Hand quer über den Mund. Der Räuber taumelte nach links, trieb eine Gruppe von zuschauenden Huren auseinander, krachte gegen eine Ziegelmauer und fiel zu Boden. Er stöhnte auf; dann lag er still. Ohne die anderen beiden Bettler zu beachten, ging Druss zur nächsten Schenke und trat ein.
Das Innere hatte keine Fenster, eine hohe Decke und wurde von Laternen beleuchtet, die von den Deckenbalken hingen. Die Schenke roch nach brennendem Öl und altem Schweiß. Sie war überfüllt, und Druss bahnte sich einen Weg zu einem langen Tisch, auf dem einige Fässer Bier standen. Ein alter Mann in fettiger Schürze kam auf ihn zu. »Du willst doch vor den Boxkämpfen nicht trinken? Das gibt zuviel Luft im Bauch«, warnte er.
»Was für Boxkämpfe?«
Der Mann betrachtete Druss abschätzend; in seinen glitzernden Augen lag keine Spur von Wärme. »Du versuchst doch wohl nicht, den alten Thom zum Narren zu halten, oder?«
»Ich bin fremd hier«, sagte Druss. »Also, was für Kämpfe?«
»Folge mir, Bursche«, sagte Thom und schob sich durch die Menge zur Rückseite der Schenke und durch eine schmale Tür. Druss folgte ihm und fand sich in einem rechteckigen Lagerhaus wieder, in dessen Mitte ein großer, mit Sand bestreuter Kreis durch Seile abgetrennt worden war. An der gegenüberliegenden Wand war eine Gruppe von Athleten dabei, Übungen zu machen, um die Muskeln in Schultern und Rücken zu lockern.
»Hast du jemals gekämpft?«
»Nicht für Geld.«
Thom nickte. Dann nahm er Druss’ Hand und hob sie hoch. »Gute Größe und flache Knöchel. Aber bist du auch schnell, mein Junge?«
»Wie hoch ist der Preis?« entgegnete der junge Mann.
»So läuft das nicht – nicht für dich. Dies hier ist ein Standard-Wettkampf. Alle Teilnehmer werden lange im Voraus gemeldet, so daß sportliche Herren Gelegenheit haben, die Klasse der Kämpfer zu beurteilen. Aber kurz vor Beginn der Wettkämpfe gibt es Angebote an die Männer im Zuschauerraum, die sich ein paar Pfennige verdienen können, wenn sie gegen verschiedene Kämpfer antreten. Einen Goldraq zum Beispiel für den Mann, der es schafft, eine Sanduhr lang auf den Beinen zu bleiben. Es geht darum, daß die Kämpfer sich mit schwachen Gegnern aufwärmen.«
»Wie lange ist eine Sanduhr?« fragte Druss.
»Etwa so lang, wie du jetzt im Blinden Korsaren bist.«
»Und wenn ein Übungspartner gewinnt?«
»Das passiert nicht, mein Junge. Aber falls es geschähe, würde der Betreffende den Platz des Verlierers im Hauptkampf einnehmen. Nein, das eigentliche Geld wird mit Wetten unter den Zuschauern gemacht. Wieviel hast du bei dir?«
»Du stellst viele Fragen, Alter.«
»Pah! Ich bin kein Räuber, Bursche. War ich mal, aber dann wurde ich alt und langsam. Jetzt lebe ich von meinem Verstand. Du siehst aus wie ein Mann, der für sich eintreten kann. Zuerst hielt ich dich für Grassin, den Lentrier – das ist der da drüben, an der anderen Tür.« Druss’ Blick folgte dem Zeigefinger des alten Mannes. Er sah einen kräftig gebauten jungen Burschen mit kurzgeschnittenem schwarzem Haar. Er unterhielt sich mit einem anderen muskelbepackten Mann, einem blonden Krieger mit herabhängendem Schnurrbart. »Der andere ist Skatha, ein Seemann aus Naashan. Und der große Kerl da hinten ist Borcha. Er wird heute Abend siegen. Ohne Frage. Tödlich, das ist er! Höchstwahrscheinlich wird er jemanden zum Krüppel schlagen, ehe der Abend vorbei ist.«
Druss warf einen Blick auf den Mann und spürte, wie sich ihm die Nackenhaare
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