Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende
mag dich, Borcha. Wie, im Namen des Chaos, bist du je dazu gekommen, einem Mann wie Collan zu dienen?«
»Er hatte auch eine gute Seite, Druss.«
»Wirklich?«
»Ja, er hat gut bezahlt.« Noch während er sprach, zuckte seine Hand vor, und die offene Handfläche knallte Druss ins Gesicht. Der knurrte und sprang Borcha an, doch dieser wich nach links aus, seine Faust glitt von Druss’ Wange. »Das Kinn, du Hornochse! Laß es unten!« brüllte er.
»Ich hatte eigentlich auf Männer mit mehr Qualitäten gehofft«, sagte Bodasen, als er die Menschenmenge auf dem Festplatz betrachtete.
Borcha lachte leise. »Laß dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen. Einige dieser Männer sind von Qualität. Es hängt nur davon ab, was du suchst.«
Bodasen starrte finster auf den lärmenden Haufen – manche waren in Lumpen, und die meisten waren schmutzig. Über zweihundert Mann hatten sich bis jetzt versammelt, und ein rascher Blick zum Tor zeigte ihm, daß noch mehr auf der Zufahrtsstraße waren. »Ich nehme an, wir haben unterschiedliche Ansichten, was Qualität ausmacht«, meinte er düster.
»Sieh mal dort drüben«, sagte Borcha und zeigte auf einen Mann, der auf einem Zaun saß. »Das ist Eskodas, der Bogenschütze. Er kann ein Ziel, nicht größer als dein Daumennagel, auf fünfzig Schritt treffen. Ein Mann, mit dem man durch die Berge wandern kann, wie man in meiner Heimat sagt. Und dort, der Schwertkämpfer Kelva – furchtlos und hochbegabt. Ein geborener Kämpfer.«
»Haben die Männer irgendeinen Begriff von Ehre?«
Borcha lachte laut auf. »Du hast dir zu viele Geschichten über Ruhm und Wunder angehört, mein Freund. Diese Männer sind Söldner. Sie kämpfen gegen Bezahlung.«
Bodasen seufzte. »Ich sitze gefangen in diesem … diesem Schandfleck von Stadt. Mein Kaiser ist von allen Seiten von einem schrecklichen Feind umzingelt, und ich kann nicht zu ihm. Kein Schiff wird segeln, wenn es nicht mit kampfgewohnten Truppen bemannt ist, und ich muß die Krieger in der Gosse von Mashrapur suchen. Ich hatte mir mehr erhofft.«
»Wähle klug, dann überraschen die Männer dich vielleicht«, riet Borcha ihm.
»Dann wollen wir uns zuerst die Bogenschützen ansehen«, erklärte Bodasen.
Weit über eine Stunde lang beobachtete Bodasen die Bogenschützen, die auf Strohpuppen schossen. Als sie fertig waren, wählte er fünf Männer aus, darunter den jugendlichen Eskodas. Jeder Mann erhielt einen einzelnen Goldraq und den Befehl, sich am Tag des Auslaufens auf der Donnerkind zu melden.
Die Beurteilung der Schwertkämpfer war schwieriger. Zuerst ließ Bodasen sie gegeneinander kämpfen, doch die Krieger gingen die Aufgabe mit sinnloser Wildheit an, und schon bald lagen mehrere Männer mit Schnitten, Platzwunden und einer mit einem gebrochenen Schulterblatt am Boden. Bodasen gebot den Kriegern Einhalt und wählte mit Borchas Hilfe zehn Männer aus. Die Verletzten erhielten je fünf Silberstücke.
Der Tag schritt voran, und gegen Mittag hatte Bodasen dreißig der fünfzig Männer ausgesucht, die erforderlich waren, um die Donnerkind zu bemannen. Er entließ den Rest der Möchtegern-Söldner und verließ, begleitet von Borcha, den Platz.
»Läßt du einen Platz für Druss frei?« fragte der Kämpfer.
»Nein. Ich habe nur Platz für Männer, die für Ventria kämpfen werden. Druss’ Suche ist eine persönliche Angelegenheit.«
»Shadak zufolge ist er der beste Kämpfer in der Stadt.«
»Ich bin Shadak nicht besonders geneigt. Wenn er nicht wäre, würden die Piraten für Ventria kämpfen.«
»Gütiger Himmel!« schnaubte Borcha. »Wie kannst du so was nur glauben? Collan hätte lediglich dein Geld genommen und nichts dafür gegeben.«
»Er gab mir sein Wort«, widersprach Bodasen.
»Wie, zum Teufel, habt ihr Ventrier jemals ein Reich aufgebaut?« sagte Borcha. »Collan war ein Lügner, ein Dieb, ein Räuber. Warum solltest du ihm glauben? Hat er dir nicht gesagt, er würde Druss seine Frau zurückgeben? Hat er dich nicht angelogen, damit du Druss in eine Falle lockst? Was glaubst du denn, mit was für einem Mann du es zu tun hattest?«
»Einem Edelmann«, fauchte Bodasen. »Offenbar habe ich mich geirrt.«
»Allerdings. Du hast gerade einen Goldraq an Eskodas gezahlt, den Sohn eines Ziegenzüchters und einer lentrischen Hure. Sein Vater wurde gehängt, weil er zwei Pferde gestohlen hatte, und seine Mutter hat ihn ausgesetzt. Er wurde in einem Waisenhaus aufgezogen, das von zwei Priestern der QUELLE
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