Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Er atmete schwer.
»Schick … mich zurück«, keuchte er.
»Nein. Dein
zhi
ist zu schwach. Du wirst sterben.«
»Schick mich zurück, verdammt noch mal!« Talisman versuchte aufzustehen, sank aber kopfüber in den Staub. Sieben lief zu ihm und half ihm, sich aufzusetzen.
»Dein Schamane hat recht, Talisman. Du warst dem Tode nahe. Was ist dort geschehen?«
»Ungeheuer, wie ich sie noch nie gesehen habe! Riesig. Geschuppt. Augen wie Feuer. In den ersten Tagen unserer Reise haben wir nichts gesehen. Dann wurden wir von Wölfen angegriffen. Große Tiere, fast so groß wie Ponys. Wir töteten vier von ihnen. Die anderen flohen. Ich dachte, sie wären schon schlimm. Aber, bei den Göttern von Stein und Wasser, sie waren nur Schoßhündchen im Vergleich zu dem, was dann kam.« Er schauderte plötzlich. »Wie viele Tage war ich weg?«
»Knapp zwei Stunden«, antwortete Sieben.
»Das ist unmöglich.«
»Zeit bedeutet in der Leere nichts«, erklärte Nosta Khan. »Wie weit seid ihr gekommen?«
»Wir schafften es bis zu den Toren von Giragast. Dort war ein Mann. Oshikai kannte ihn – ein kleiner Schamane mit einem gegabelten Bart.« Talisman wandte sich an Sieben. »Er läßt dir seinen Dank für das Geschenk ausrichten. Er wird es nicht vergessen.«
»Shaoshad der Verfluchte«, zischte Nosta Khan.
»Verflucht mag er sein, aber ohne ihn wären wir nie an den Dämonen am Tor vorbeigekommen. Druss und Oshikai sind … kolossal. Ich habe nie solche Kraft gesehen und solch beherrschte Wut. Als die geschuppten Wesen kamen, dachte ich, das sei unser Ende. Oshikai griff sie an, Druss war an seiner Seite. Ich war bereits verwundet und konnte mich kaum bewegen.« Seine Hand fuhr an seine Seite und suchte nach der Wunde. Er lächelte. »Ich fühle mich so schwach.«
»Du mußt ruhen«, sagte Nosta Khan. »Dein
zhi
ist sehr geschrumpft. Ich werde dich mit einem Heilzauber belegen, während du schläfst.«
»Sie können es nicht schaffen. Überall sind Dämonen.«
»Wie ging es ihnen, als du zurückkamst?« erkundigte sich Sieben.
»Druss hat eine Wunde am Oberschenkel und eine in der linken Schulter. Oshikai blutet aus Brust und Hüfte. Das letzte, was ich von ihnen sah, war, wie sie in einen schwarzen Tunnel gingen. Der kleine Mann, Shaoshad, ging ihnen voran. Er hatte einen Stab, der wie eine Fackel aufflammte. Ich versuchte, ihnen zu folgen … aber dann war ich hier. Ich hätte niemals auf Shul-sens Bitte eingehen sollen. Ich habe Druss umgebracht und die Seele Oshikais vernichtet.«
»Druss ist noch immer stark«, sagte Sieben und deutete auf die glühende Aura, die den Axtkämpfer umgab. »Ich kenne ihn schon lange, und ich wette darauf, daß er zurückkommt. Vertrau mir.«
Talisman schauderte wieder. Nosta Khan legte ihm eine Decke um die Schultern. »Ruh dich jetzt aus, Talisman«, befahl er dem Jüngeren. »Laß den Schlaf deine Schwäche fortspülen.«
»Ich muß warten«, sagte Talisman. Vor Erschöpfung sprach er undeutlich.
»Wie du wünschst, Herr«, flüsterte Nosta Khan. Als Talisman sich niederlegte, begann Nosta Khan leise zu singen. Talisman fielen die Augen zu. Minutenlang dauerte der Gesang, dann schließlich schwieg der Schamane. »Er wird viele Stunden lang schlafen«, erklärte der alte Mann. »Ah! Aber mein Herz ist voller Stolz auf ihn. Er ist ein Krieger unter Kriegern! Und ein Ehrenmann!«
Sieben warf einen Blick auf Druss. Das Glühen wurde schwächer. »Du solltest ihn lieber zurückholen«, sagte er.
»Noch nicht. Es ist alles gut.«
Druss lehnte seine massige Gestalt gegen die schwarze Felswand, dann ließ er sich in die Knie sinken. Er hatte kaum noch Kraft, und milchhelles Blut floß aus zahllosen Wunden in seinem Oberkörper. Oshikai legte seine goldene Axt auf einen Felsen und setzte sich. Auch er war schwer verwundet. Der kleine Schamane, Shaoshad, ging zu Druss und legte seine knochige Hand auf eine klaffende Wunde in Druss’ Schulter. Die Wunde schloß sich augenblicklich.
»Wir sind fast da«, sagte der kleine Mann. »Nur noch eine Brücke.«
»Ich glaube nicht, daß ich noch einen Schritt weiter kann«, sagte Druss. Shaoshad berührte alle seine Wunden, und nach und nach hörte der blutig-wäßrige Fluß aus allen auf.
»Noch eine Brücke, Drenai«, wiederholte Shaoshad. Dann ging er zu Oshikai und behandelte auch dessen Wunden.
»Ist Talisman gestorben?« fragte Oshikai den Schamanen mit schwacher Stimme.
»Ich weiß es nicht. Aber er ist nicht mehr hier. Aber
Weitere Kostenlose Bücher