Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Welche Hoffnung gäbe es für Zhusai, wenn du tot wärst, Liebster? Was hielte die Zukunft für mich noch bereit? Die Ehe mit einem unbekannten Mann mit violetten Augen? Nein, nicht für mich. Entweder du oder keiner.«
Sie beugte sich vor und küßte ihn, und er fühlte ihre weiche, warme Zunge auf seinen Lippen. Sein Verstand schrie, sich von ihr loszumachen, doch die Erregung überflutete ihn, und er zog sie an sich und erwiderte ihren Kuß mit einer Leidenschaft, von der er nicht gewußt hatte, daß er sie besaß. Seine Hand glitt über ihre Schulter, spürte die Weichheit ihres weißen Seidenhemdes und des Fleisches darunter. Seine Hand folgte den Linien ihres Körpers, hinunter zur linken Brust und die harte Brustwarze ließ ihn langsamer werden. Er drückte sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
Er hörte nicht, wie die Tür aufging, aber er spürte die warme Luft, die von draußen hereinwehte. Er fuhr zurück und drehte den Kopf. Nuang Xuan stand in der Tür. »Schlechter Zeitpunkt, was?« fragte der alte Krieger augenzwinkernd.
»Nein«, antwortete Talisman mit belegter Stimme. »Komm rein.« Zhusai stand auf, dann beugte sie sich vor und küßte ihn auf die Wange. Er sah ihr nach, wie sie hinausging, sein Blick folgte dem Schwung ihrer schmalen Hüften.
Nuang Xuan ließ sich linkisch auf dem Holzstuhl nieder. »Nach Nadirart auf dem Boden zu sitzen ist besser«, sagte er, »aber ich will nicht zu dir aufsehen müssen.«
»Was willst du von mir, Alter?«
»Du möchtest daß ich das Tor bewache – aber ich wünsche mit Druss auf der Mauer zu stehen.«
»Warum?«
Nuang seufzte. »Ich glaube, ich werde hier sterben, Talisman. Ich habe nichts dagegen, denn ich habe lange gelebt. Und ich habe viele Männer getötet. Zweifelst du daran?«
»Warum sollte ich daran zweifeln?«
»Weil es nicht stimmt«, sagte Nuang mit einem verschlagenen Lächeln. »Ich habe in meinem Leben fünf Männer getötet: drei in Zweikämpfen, als ich noch jung war, und zwei Lanzenreiter, die uns angriffen. Ich sagte dem Axtkämpfer, ich würde auf der Mauer hundert töten. Er sagte, er wollte für mich mitzählen.«
»Nur hundert?« fragte Talisman.
Nuang lächelte. »Ich fühlte mich nicht so wohl.«
»Nenn mir den wahren Grund, weshalb du an seiner Seite kämpfen willst«, bat Talisman.
Nuangs alte Augen wurden schmal, und er holte tief Luft. »Ich habe ihn beim Kämpfen beobachtet, und er ist tödlich. Viele
gajin
werden in seiner Nähe sterben. Wenn ich da bin, werden die Männer mich kämpfen sehen. Ich kann keine hundert schaffen, aber für die, die dabei sind, wird es so aussehen. Dann, wenn sie Lieder über diese Schlacht singen, wird mein Name weiterleben. Verstehst du?«
»Nuang und der Todeswanderer«, sagte Talisman leise. »Ja, ich verstehe.«
»Warum nennst du ihn so?«
»Er und ich, wir sind durch die Leere gegangen. Es ist ein guter Name für ihn.«
»Er ist sehr gut. Nuang und der Todeswanderer. Das gefällt mir. Kann es so sein?«
»Es kann. Ich werde dich auch beobachten, alter Mann, und mitzählen.«
»Ha! Jetzt bin ich glücklich, Talisman.« Nuang stand auf und rieb sich den Hintern. »Ich mag diese Stühle nicht.«
»Wenn wir uns das nächste Mal unterhalten, sitzen wir auf dem Fußboden«, versprach Talisman.
Nuang schüttelte den Kopf. »Nicht mehr viel zu reden. Die
gajin
werden morgen hier sein. Bleibt deine Frau hier?«
»Ja.«
»Wie es sein sollte«, sagte Nuang. »Sie ist sehr schön, und Sex mit ihr wird dir in der nächsten Zeit helfen. Aber vergiß nicht, daß ihre Hüften sehr schmal sind. Für solche Frauen ist die erste Geburt immer sehr schwer.«
»Ich werde daran denken, Alter.«
Nuang ging zur Tür. Er hielt inne und drehte sich noch einmal zu Talisman um. »Du bist sehr jung. Aber wenn du am Leben bleibst, wirst du ein großer Mann werden – ich kenne mich aus in solchen Dingen.«
Damit war er fort.
Talisman ging zu einer zweiten Tür in der rückwärtigen Wand des Zimmers und trat ins Krankenlager. Sieben breitete Decken auf dem Fußboden aus, und eine junge Nadirfrau fegte den Staub aus dem Zimmer.
»Alles bereit hier, General«, sagte Sieben fröhlich. »Reichlich Faden und spitze Nadeln. Und Verbandszeug – und die am schauderhaftesten riechenden Kräuter, die ich je gesehen habe. Ich schätze, wenn wir nur damit drohen, werden die Verwundeten zurück auf die Mauern strömen.«
»Getrocknete Baumpilze«, sagte Talisman. »Sie verhindern Infektionen. Hast du
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