Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
wollen diesen Ort zerstören, nur um die Stämme zu demütigen, um sie auf die Plätze zu verweisen. Die QUELLE weiß, wie sehr ich Gewalt hasse, aber hier stehen wir nicht auf der falschen Seite, Druss. Beim Himmel, nein!«
Druss schlug ihm auf die Schulter. »Du hörst dich allmählich an wie ein Krieger«, sagte er mit einem breiten Grinsen.
»Das liegt nur daran, daß der Feind noch nicht da ist. Aber wenn, kannst du mich in einem leeren Mehlfaß wiederfinden!«
»Das glaube ich nicht einen Augenblick«, erklärte Druss.
In einem kleinen Zimmer neben dem provisorischen Krankenhaus saß Zhusai still, während Talisman und Lin-tse über den Überfall sprachen. Die beiden Männer waren körperlich sehr unterschiedlich: Lin-tse war hochgewachsen, seine ernstes Gesicht verriet seine gemischte Herkunft – die Augen standen kaum schräg, die Wangen- und Kieferknochen waren kräftig. Auch hatte sein Haar nicht das tiefe Schwarz der Nadir, sondern wies kastanienbraune Strähnen auf. Talisman, der sein Haar zu einem straffen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, sah jeder Zoll wie ein Nadirkrieger aus – die Haut hellgoldfarben, das Gesicht flach, die dunklen Augen ausdruckslos. Und doch, dachte Zhusai, wiesen sie eine Ähnlichkeit auf, die nicht physischer Art war, eine Aura, die fast von Bruderschaft sprach. Ob es wohl, überlegte sie, die gemeinsamen Erfahrungen an der Bodacas-Akademie waren, oder der Wunsch, die Nadir wieder stolz und frei zu sehen? Vielleicht beides.
»Sie werden morgen Nachmittag hier sein. Bestimmt nicht später«, sagte Lin-tse.
»Wir können nichts mehr tun. Die Krieger sind so bereit wie nur möglich.«
»Aber werden sie es durchstehen, Talisman? Ich habe noch nie viel Gutes über die Krummhörner gehört. Und was die Einsamen Wölfe angeht … nun, ohne ihren Anführer wirken sie nervös. Und ich sehe nicht, daß sich die Gruppen irgendwie vermischen.«
»Sie werden durchhalten«, erklärte Talisman. »Und was das anlangt, was du über die Krummhörner gehört hast, möchte ich gern wissen, was sie über die Himmelsreiter gehört haben. Es gehört nicht zu unseren Bräuchen, gut über unsere Stammesfeinde zu denken. Obwohl ich bemerkt habe, daß du die Flinken Ponys nicht erwähnt hast. Könnte das daran liegen, daß unser Freund Quing-chin ihr Anführer ist?«
Lin-tse lächelte gepreßt. »Ich verstehe schon. Der Axtmann sieht wie ein guter Kämpfer aus.«
»Das ist er. Ich bin mit ihm durch die Leere gewandert, mein Freund, und glaub mir, er ist eine beeindruckende Erscheinung.«
»Trotzdem fühle ich mich unbehaglich mit einem
gajin
in diesen Mauern. Ist er ein Freund?«
»Der Nadir? Nein. Meiner? Vielleicht. Ich bin froh, daß er hier ist. Er verbreitet ein Gefühl der Unbezwingbarkeit.« Talisman stand auf. »Du solltest gehen und dich ausruhen, Lin-tse. Du hast es dir verdient. Ich wünschte, ich hätte gesehen, wie du und deine Männer über die Schlucht setztet. In diesem Augenblick wart ihr wahrlich Himmelsreiter. Darüber werden in Zukunft Lieder gesungen werden.«
»Nur wenn wir überleben, General.«
»Dann müssen wir das, denn ich möchte diese Lieder selbst gern hören.«
Lin-tse stand auf, und die beiden Männer ergriffen ihre Hände. Dann verbeugte sich Lin-tse vor Zhusai und ging hinaus. Talisman ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen.
»Du bist erschöpfter als er«, tadelte Zhusai ihn. »Du bist es, der Ruhe braucht.«
Talisman lächelte müde. »Ich bin jung und voller Kraft.«
Zhusai ging durchs Zimmer und kniete neben ihm nieder, ihre Arme ruhten auf seinen Oberschenkeln. »Ich werde nicht mit Nosta Khan gehen«, erklärte sie. »Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich weiß, es ist Brauch bei den Nadir, daß der Vater den Ehemann für seine Tochter aussucht, aber mein Vater war kein Nadir, und mein Großvater hat nicht das Recht, mich zu versprechen. Ich sage dir, Talisman, wenn du mich fortschickst, dann warte ich auf Nachricht von dir. Wenn du stirbst …«
»Sag es nicht! Ich verbiete es!«
»Du kannst mir gar nichts verbieten«, sagte sie ruhig. »Du bist nicht mein Ehemann, du bist mein Hüter. Nicht mehr. Also gut, ich sage es nicht. Aber du weißt, was ich dann tun werde.«
Zornig packte er sie bei den Schultern und zog sie hoch. »Warum quälst du mich so?« rief er. »Kannst du nicht einsehen, daß deine Sicherheit mir Kraft und Hoffnung geben würde?« Sie entspannte sich in seinen Armen und setzte sich auf seinen Schoß. »Hoffnung?
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