Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
nieder.
»Er ist furchterregend«, sagte Lin-tse. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Talisman antwortete nicht. Die Einsamen Wölfe kämpften wie Dämonen, angefeuert von dem wütenden Stil des schwarzgekleideten Axtkämpfers. Auf den anderen Mauern sahen die Nadirkrieger mit atemloser Bewunderung zu.
»Sie greifen die Tore an!« rief Gorkai. »Sie haben Feuereimer und Äxte.«
Talisman hob den Arm zum Zeichen, daß er verstanden hatte, rührte sich aber sonst nicht. Mehr als ein Dutzend der Verteidiger auf der Westmauer waren verwundet. Fünf kämpften weiter, ein paar andere mühten sich die Stufen hinunter, um zum Lazarett zu gelangen.
»Jetzt!« befahl Talisman Lin-tse.
Der hochgewachsene Himmelsreiter machte einen Satz und hechtete die Stufen hinauf.
Äxte donnerten gegen das Tor, und Talisman sah, wie Gorkai und die Männer der Flinken Ponys Steine über die Brüstung warfen. Rauch drang durch das uralte Holz. Aber wie Druss vorgeschlagen hatte, war das Tor jeden Tag mit Wasser getränkt worden, und das Feuer erstarb rasch.
Talisman gab Gorkai ein Zeichen, zehn Mann zu ihm zurückzuschicken.
Die Schlacht tobte weiter. Druss stürmte blutbespritzt über den Wehrgang, sprang auf die Kampfplattform hinunter und zersprengte die Gothirkrieger, die sich einen Weg dorthin erkämpft hatten. Talisman schickte seine zehn Mann zu Hilfe, dann zog er sein Schwert und folgte ihnen. Er wußte, daß Druss recht hatte. Falls er starb, wäre das verheerend für den Kampfgeist. Trotzdem, seine Männer mußten ihn auch kämpfen sehen.
Er kletterte auf die Plattform, holte mit seinem Säbel aus und hieb ihn einem angreifenden Gothir in die Kehle. Zwei weitere Männer stürzten sich auf ihn. Druss zerschmetterte dem ersten mit Snaga die Schulter, der zweite wurde vom alten Nuang Xuan erledigt.
Die Gothir zogen sich zurück und nahmen ihre Leitern mit.
Die Nadir stießen einen gewaltigen Schrei aus. Sie jubelten und schwenkten ihre Schwerter.
Talisman rief Lin-tse zu sich. »Laß die Verwundeten zählen und die ernstlich verletzten Männer ins Lazarett schaffen.«
Die Einsamen Wölfe scharten sich um Druss, klopften ihm auf den Rücken und machten ihm Komplimente. In ihrer Aufregung sprachen sie nadir, und Druss verstand kein Wort. Er wandte sich an den untersetzten Chisk. »Na, mein Freund«, sagte er. »Wie viele hast du getötet?«
»Weiß ich nicht. Aber es waren viele.«
»Hast du den alten Mann besiegt, was meinst du?« fragte Druss und legte Nuang einen Arm um die Schulter.
»Ist mir egal«, rief Chisk fröhlich. »Ich küsse seine Wange!« Er ließ sein Schwert fallen, packte den überraschten Nuang bei den Schultern und umarmte ihn. »Wir haben ihnen gezeigt, wie die Nadir zu kämpfen verstehen, was? Wir haben es den verdammten
gajin
gezeigt.«
Nuang grinste, machte einen Schritt, dann fiel er mit einem erstaunten Ausdruck zu Boden. Chisk kniete neben ihm nieder und riß dem alten Mann das Wams auf. Nuang hatte drei Wunden, aus denen das Blut floß.
»Halt aus, Bruder«, sagte Chisk. »Die Wunden sind nicht so schlimm. Wir bringen dich zum Arzt, ja?« Zwei Einsame Wölfe halfen Chisk, Nuang zum Lazarett zu tragen.
Druss ging zum Brunnen und zog einen Eimer klares, kühles Wasser herauf. Er zog einen Lappen aus dem Gürtel und wischte sich das Blut von Gesicht und Wams. Dann goß er sich das Wasser über den Kopf.
Von den Wehrgängen ertönte Gelächter. »Ihr könntet auch ein Bad gebrauchen, ihr Hurensöhne!« rief er. Er ließ den Eimer wieder in den Brunnen und zog ihn wieder hoch. Dann trank er in tiefen Zügen. Talisman kam zu ihm. »Wir haben siebzig verwundet oder getötet«, sagte der Anführer der Nadir. »Gegen einen Verlust von neun Toten und fünfzehn Verwundeten. Was meinst du, was kommt als nächstes?«
»Dasselbe noch mal, aber mit frischen Truppen«, meinte Druss. »Und noch vor der Nacht. Ich schätze, es gibt heute noch mindestens zwei Angriffe.«
»Ich stimme dir zu. Und wir werden aushalten – das weiß ich jetzt.«
Druss lachte. »Sie sind ein guter Haufen. Morgen werden sie sich die Tore vornehmen – ein gemeinschaftlicher Angriff.«
»Warum nicht diese Nacht?«
»Sie haben ihre Lektion noch nicht gelernt«, antwortete Druss.
Talisman lächelte. »Du bist ein guter Lehrer, Axtkämpfer. Ich bin sicher, sie lernen es, noch ehe der Tag um ist.«
Druss nahm noch einen tiefen Schluck Wasser, dann deutete er auf eine Gruppe von Männern, die an der Basis des alten Turms
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