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Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Titel: Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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ihn durch den Dienstboteneingang und eine reich mit Teppichen belegte Treppe hinauf in das Gewirr der königlichen Gemächer. Die Gardisten umgingen den berühmten Saal der Konkubinen und betraten die Königliche Kapelle, wo sie sich vor dem Abbild des Gottkönigs verbeugten. Sobald sie durch die Kapelle gegangen waren, wurden sie langsamer, als ob sie weniger Lärm machen wollten, und Chorin-Tsu nutzte die Gelegenheit, wieder zu Atem zu kommen. Endlich kamen sie zu einem Privatgemach mit Doppeltüren. Zwei Männer warteten davor, ein Soldat mit einem gegabelten, eisengrauen Bart, sowie der in Purpur gewandete Erste Minister, Garen-Tsen. Er war groß und zaundürr, sein Gesicht zeigte keinerlei Ausdruck.
    Chorin-Tsu verbeugte sich vor seinem Landsmann. »Mögen die Götter des Himmels dich segnen«, sagte Chorin-Tsu auf Chiatze.
    »Es ist unpassend und unhöflich, in den Königlichen Gemächern eine fremde Sprache zu benutzen«, ermahnte ihn Garen-Tsen in der Sprache des Südens. Chorin-Tsu verbeugte sich nochmals. Garen-Tsens lange Finger klopften auf den zweiten Knöchel seiner rechten Hand. Dann verschränkte er die Arme, so daß sein Zeigefinger den Bizeps berührte. Chorin-Tsu verstand die Zeichensprache:
Tu was von dir verlangt wird, und du bleibst am Leben!
    »Ich bitte um Vergebung, Herr«, sagte Chorin-Tsu. »Vergib deinem bescheidenen Diener.« Er legte seine Handflächen zusammen und verbeugte sich noch tiefer als zuvor, wobei seine Daumen sein Kinn berührten.
    »Deine Fähigkeiten werden gebraucht, Meister Einbalsamierer. Niemand darf diesen Raum betreten, bis du deine Kunst beendet hast. Hast du verstanden?«
    »Selbstverständlich, Herr.« Die Gardisten stellten Chorin-Tsus Truhe neben der Tür ab. Garen-Tsen öffnete die Tür gerade so weit, daß der ältere Chiatze eintreten und die Truhe hinter sich herschleppen konnte.
    Chorin-Tsu hörte, wie die Tür sich hinter ihm schloß, dann blickte er sich um. Die Teppiche waren aus feinster Chiatze-Seide, ebenso die Vorhänge, die das königliche Bett umgaben. Das Bett selbst war wunderbar geschnitzt und dann vergoldet worden. Jeder Gegenstand im Zimmer kündete von Reichtum und erlesenen Kostbarkeiten, die sich nur Monarchen leisten konnten.
    Selbst der Leichnam …
    Sie hing an den Armen von goldenen Ketten, die an Ringen in der Decke über dem Bett befestigt waren, und die Laken unter ihr waren blutdurchtränkt. Chorin-Tsu hatte die Königin nur zweimal gesehen – einmal während der Parade anläßlich ihrer Hochzeit, und dann noch einmal vor zwei Wochen, als die Freundschaftsspiele begannen. In ihrer neuen Rolle als Bokat, die Göttin der Weisheit, hatte sie die Eröffnungszeremonie gesegnet. Damals hatte Chorin-Tsu sie von nahem gesehen. Ihre Augen wirkten leer, und als sie den Segen sprach, klangen ihre Worte verschwommen. Jetzt ging er zu einem Stuhl, setzte sich und starrte den leblosen Körper an.
    Der alte Mann seufzte. Wie bei der Eröffnungsfeier der Spiele trug die Königin den Helm der Bokat, ein goldenes Stück mit Flügeln und langen Wangenstücken. Chorin-Tsu war in den Mythen der Gothir nicht besonders bewandert, aber er wußte genug. Bokat war die Gemahlin Missaels, des Kriegsgottes. Ihr Sohn Caales, der künftige Kriegsgott, war dem Leib seiner Mutter bereits voll ausgewachsen entsprungen.
    Aber es war nicht dieser Teil des Mythos, der zu dieser Wahnsinnstat geführt hatte. Nein. Bokat war von dem Feind gefangengenommen worden. Die Götter der Gothir waren in den Krieg gezogen, und die Welt entbrannte unter den Feuerpfeilen Missaels. Bokat war von einem der anderen Götter genommen und an Ketten vor der Magischen Stadt aufgehängt worden. Ihr Gemahl, Missael, erhielt die Warnung, daß sie als erste sterben würde, sollte er angreifen. Er nahm seinen Bogen und schoß ihr mitten ins Herz, dann stürmten er und seine Gefährten vor, erklommen die Mauern und erschlugen jeden in der Stadt. Als die Schlacht vorbei war, zog er den Pfeil aus der Brust seiner Gemahlin und küßte die Wunde. Sie verheilte augenblicklich, und sie erwachte und schloß ihn in die Arme.
    Hier in diesem Raum hatte jemand versucht, den Mythos nachzuahmen. Der blutbefleckte Pfeil lag auf dem Boden. Müde stieg Chorin-Tsu auf das Bett und löste die Bolzen, die die goldenen Ketten an den schlanken Handgelenken der toten Königin hielten. Der Körper fiel auf das Bett, der Helm fiel ab und rollte dumpf klirrend auf den Fußboden. Das blonde Haar der Königin fiel herab,

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