Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Schabeisen?«
»Die Toten haben wenig Bedarf für ihre inneren Organe, Majestät. Sie verwesen. Damit ein Körper schön bleibt, muß man sie entfernen.« Der Gottkönig stand auf und ging zu Chorin-Tsus Truhe, die offen neben der Tür stand. Er spähte hinein, dann nahm er ein Glas heraus, in dem viele Glasaugen lagen.
»Ich glaube, ich überlasse dich jetzt deiner Kunst, Meister Einbalsamierer«, sagte er fröhlich. »Ich muß mich um so viele Dinge kümmern. So viele von Bokats Freunden werden ihr folgen wollen. Ich muß eine Liste mit ihren Namen vorbereiten.«
Chorin-Tsu verbeugte sich tief, sagte jedoch nichts.
Sieben irrte sich. Als Majon das Thema der Prophezeiung bei Druss ansprach, gab es keine sofortige Weigerung. Der Drenai-Krieger hörte mit unbewegtem Gesicht zu, seine kalten, hellen Augen blieben ausdruckslos. Als der Botschafter endete, stand Druss auf. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er.
»Aber, Druss, es gibt so viele Überlegungen …«
»Ich sagte, ich werde darüber nachdenken. Und jetzt geh.« Die Kälte seines Tonfalls ging Majon durch und durch wie ein eisiger Hauch.
Im Laufe des späten Nachmittags ging Druss, lässig gekleidet in ein weiches, braunes Lederhemd mit weiten Ärmeln, wollene Beinkleider und knielange Stiefel, durch das Stadtzentrum, ohne auf die Menschenmenge zu achten, die um ihn herumströmte: Diener, die Lebensmittel und Waren für ihre Haushaltungen trugen; Männer, die sich vor Schenken und Gasthäusern versammelten, Pärchen, die Hand in Hand durch die Parks schlenderten. Druss wanderte zwischen ihnen hindurch, in Gedanken beschäftigt mit der Bitte des Botschafters.
Als Sklavenjäger Druss’ Dorf überfallen und die jungen Frauen – unter ihnen Rowena – gefangengenommen hatten, hatte Druss instinktiv die Räuber gejagt bis er sie gestellt hatte. Das war richtig gewesen! Dabei hatten sich keine moralischen oder politischen Fragen gestellt Aber hier und jetzt war alles so unklar. »Eine solche Entscheidung wäre ehrenhaft«, hatte Majon ihm versichert Und warum? Weil Tausende von Drenai-Leben gerettet wären. Den Wünschen eines Verrückten nachzugeben, Demütigung und Niederlage zu erleiden: das war ehrenhaft?
Doch zu gewinnen würde schlimmstenfalls einen schrecklichen Krieg bedeuten. War der Gewinn eines Kampfes ein solches Risiko wert, hatte Majon gefragt. Für die Befriedigung, einen Mann zu Boden zu schlagen?
Druss durchquerte den Park der Riesen und wandte sich nach links. Er ging durch den Marmorbogen in Richtung des Schwanentals, in dem Klays Haus lag. Hier standen die Häuser der Reichen. Die Straßen waren von Bäumen gesäumt, die Häuser elegant, die Grundstücke schmückten sich mit kleinen Seen, Springbrunnen und schönen Skulpturen, die entlang der Pfade standen, die sich durch die makellos gepflegten Gärten wanden.
Alles zeugte von Geld, enormen Summen von Gold. Druss war in Bergdörfern aufgewachsen, in denen die Häuser aus rohbehauenem Holz gezimmert waren, das mit Lehm abgedichtet wurde. Orte, an denen Geld so selten war wie eine ehrenhafte Hure. Jetzt betrachtete er einen Palast aus weißem Marmor nach dem anderen, mit vergoldeten Säulen, gemalten Fresken, geschnitzten Reliefs, jedes mit einem Dach aus roten Terrakottaziegeln oder schwarzem lentrischem Schiefer.
Während er weiterging, suchte er nach dem Haus des Gothir-Meisters. Zwei Wachposten standen vor den hohen, schmiedeeisernen Toren, beide Männer trugen silberne Brustplatten und waren mit Kurzschwertern bewaffnet. Das Haus war beeindruckend, wenn auch nicht so prahlerisch wie die anderen Häuser. Es war eckig, mit einem geneigten roten Ziegeldach und kam ohne verzierte Säulen, Fresken und Malereien aus. Das Heim des Champions war aus schlichtem weißem Stein. Der Haupteingang lag unter einem steinernen Vordach, und die vielen Fenster waren funktionell ohne farbiges Glas, bleigefaßte Figuren und andere Verzierungen. Zu seinem nicht geringen Ärger merkte Druss, daß ihm der Mann gefiel, dem dieses Haus gehörte, das inmitten eines Gartens mit Weiden und Birken lag.
Eine dramatische Geste gab es allerdings. Eine Statue des Kämpfers, in fast doppelter Lebensgröße, stand auf einem Piedestal in der Mitte eines gepflegten Rasens. Wie das Haus war auch sie aus weißem Stein, weder bemalt noch verziert, und zeigte Klay mit trotzig erhobenen Fäusten.
Eine Weile blieb Druss auf der breiten Straße vor dem Tor stehen. Eine Bewegung im Schatten erregte seine
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