Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
die offenen Tore. Zhusais Herz sank, als sie Nosta Khan erkannte, und sie stand auf und zog sich in die Schatten zurück. Talismans Miene war ausdruckslos, als die Männer näher kamen. Der erste, ein kahlrasierter Krieger mit einem goldenen Ohrring, blieb vor ihm stehen. »Ich bin Kzun von den Einsamen Wölfen«, erklärte er. Seine Stimme war tief und kalt. Er war mager und durchtrainiert, und in Zhusai erwachte ein Hauch von Angst als sie ihn betrachtete. Seine Haltung war herausfordernd, wie er so vor Talisman stand. »Quing-chin von den Flinken Ponys behauptet, du wärst ein Kriegsherr, dem man folgen könnte. Du siehst nicht aus wie ein Kriegsherr.«
Talisman stand auf und ging an Kzun vorbei, ohne ihn zu beachten. Er ging zu einem großen Krieger mit ernstem Gesicht. »Es tut gut, dich zu sehen, Lin-tse«, sagte er.
»Dich auch, Okai. Die Götter von Stein und Wasser haben dich zur rechten Zeit hierhergeführt.«
Ein untersetzter Mann mittleren Alters trat vor. »Ich bin Bartsai von den Krummhörnern.« Er kauerte sich hin und streckte seinen rechten Arm vor, die Handfläche nach oben. »Quing-chin von den Flinken Ponys spricht gut von dir, und wir sind hier, um dich um etwas zu bitten.«
»Noch nicht«, fauchte Kzun. »Erst soll er sich beweisen.«
»Warum braucht ihr einen Kriegsführer?« fragte Talisman. Er richtete seine Frage an Lin-tse.
»Gargan rückt mit einer Armee an. Die Gothir wollen den Schrein zerstören.«
»Sie haben bereits mehrere Nadirlager angegriffen«, setzte Quing-chin hinzu.
Talisman entfernte sich von der Gruppe und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf die Erde. Drei der anderen folgten ihm und setzten sich dazu. Kzun zögerte, dann schloß auch er sich an. Gorkai kam über den Hof und stellte sich mit verschränkten Armen hinter Talisman.
»Wie viele Mann hat die Gothirarmee?« fragte Talisman.
»Zweitausend«, antwortete Nosta Khan. »Lanzenreiter und Fußsoldaten.«
»Wie lange noch, bis sie hier sind?«
»Zwei Tage. Vielleicht drei«, sagte Bartsai.
»Und ihr habt vor zu kämpfen?«
»Wozu sollten wir sonst einen Kriegsführer brauchen?« fragte Kzun.
Zum ersten Mal sah Talisman ihm in die Augen. »Um eins klarzustellen, Kzun von den Einsamen Wölfen«, sagte er ohne Zorn in der Stimme, »der Schrein ist letztendlich nicht zu verteidigen. Ein ausdauernder Angriff von zweitausend Mann wird ihn schließlich einnehmen. Es gibt keine Hoffnung auf einen Sieg. Bestenfalls können wir ihn ein paar Tage halten, vielleicht eine Woche. Seht euch um. Eine Mauer ist bereits eingefallen, das Tor ist nutzlos. Alle Verteidiger würden sterben.«
»Genau, was ich gesagt habe«, warf Bartsai ein.
»Dann rätst du zur Flucht?« fragte Kzun.
»In diesem Augenblick rate ich zu gar nichts«, sagte Talisman. »Ich stelle nur das Offensichtliche fest. Habt ihr vor zu kämpfen?«
»Ja«, erklärte Kzun. »Dies ist der einzige Ort, der allen Nadir heilig ist. Wir können ihn nicht kampflos übergeben.«
Lin-tse ergriff das Wort: »Du kennst die Gothir, Okai. Du weißt, wie sie kämpfen. Wirst du uns führen?«
Talisman erhob sich. »Geht zurück zu euren Kriegern. Sagt ihnen, sie sollen sich in einer Stunde hier versammeln, ich werde zu ihnen sprechen.« Talisman ließ sie sitzen, ging über den Hof und stieg auf die östliche Brüstung. Verwirrt standen die Anführer auf und verließen den Schrein. Nosta Khan folgte Talisman.
Zhusai stand reglos an der Mauer, als Gorkai zu ihr kam. »Ich glaube nicht, daß wir lange genug leben, um den Tag des Einigers zu sehen«, sagte er finster.
»Und trotzdem wirst du bleiben.«
»Ich bin ein Wolfsschädel«, sagte er stolz. »Ich bleibe.«
Auf der Mauer ging Nosta Khan zu Talisman. »Ich habe das nicht vorhergesehen«, sagte der Schamane.
»Es spielt keine Rolle«, erwiderte Talisman. »Ob wir gewinnen oder verlieren, es bringt nur den Tag der Abrechnung schneller herbei.«
»Wieso?«
»Vier Stämme werden gemeinsam kämpfen. Das zeigt den Weg, dem wir folgen müssen. Wenn wir Erfolg haben, werden die Nadir wissen, daß die Gothir besiegt werden können. Wenn wir verlieren, wird das Sakrileg, das die Gothir an diesem Schrein begehen, die Stämme mit feurigen Ketten aneinander binden.«
»Erfolg? Du sagtest, wir würden alle sterben.«
»Wir müssen auf den Tod vorbereitet sein. Aber es gibt eine Chance, Nosta. Sie haben kein Wasser, also müssen wir die Brunnen bewachen und ihnen den Zugang verwehren. Zweitausend Männer brauchen
Weitere Kostenlose Bücher