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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Hütte.
    »Da haben Sie Ihre Story«, sagte Juan.
    »Was haben Sie in der Hütte zu ihm gesagt?«, fragte Brian.
    Juan lächelte. »Machen Sie ein paar schöne Bilder von dieser wilden Gegend und schreiben Sie über die Warao. Schreiben Sie, dass es noch Menschen gibt, die glücklich und zufrieden mit dem sind, was die Natur ihnen schenkt, und die unsere Zivilisation nicht brauchen, um ein ausgefülltes Leben zu führen.«
    »Was haben Sie in der Hütte gesagt?«, wiederholte Brian beharrlich.
    Juan zog die Stirn kraus. »Ich habe ihm gesagt, Sie glauben, dass ihr Geist bald wieder zu ihrem Körper findet.«
    »Sie wird sterben, wenn wir sie nicht in eine Klinik bringen«, entgegnete Brian barsch. »Es ist unsere Christenpflicht.«
    »Das denke ich nicht«, entgegnete Juan. »Ich bin auch Christ und im Namen Gottes getauft worden. Aber wenn ich sehe, was Gott mit seinen Dienern so alles geschehen lässt, dann kommen mir jedes Mal Zweifel, ob es ihn überhaupt gibt.
    Diese Menschen glauben daran, dass alle Dinge, die sie umgeben, von einem großen Geist erfüllt sind und dass diese Geister den Menschen nicht von vornherein gütlich gestimmt sind. Deswegen brauchen sie ihre Schamanin. Sie glauben, dass eine Kraft in ihr wohnt, der es gelingt, die bösen Geister zu beschwichtigen oder zu vertreiben. Wenn wir ihnen diese Frau wegnehmen würden, dann würden wir sie einer großen Kraft berauben. Wenn wir den Zustand der Frau auf eine medizinische Diagnose reduzieren, dann verraten wir den Glauben, ja, die Zuversicht dieser Menschen. Wollen Sie das tatsächlich?«
    Brian schluckte. »Sie wird verdursten und verhungern, wenn sie hierbleibt«, unternahm er einen letzten, zaghaften Versuch, Juan von der Notwendigkeit der medizinischen Behandlung der Schamanin in einer Klinik zu überzeugen.
    »Wenn es ihr Schicksal ist zu sterben, dann wird sie sterben. Aber das ist für diese Menschen leichter zu akzeptieren, als wenn wir ihnen die Verbindung zu den Göttern und den Schutz vor ihnen nehmen.«
    Brian seufzte. Tief im Inneren wusste er, dass Juan recht hatte. Die Frau gehörte zu ihrem Volk, im Leben wie auch im Sterben, und vor allem auch im Tod. Und noch etwas hatte er begriffen: Juan war kein stumpfsinniger und ungebildeter Cowboy, wie er zuerst geglaubt hatte, er war ein feinfühliger und intelligenter Mensch. Viel näher an der Natur der Dinge, als Brian anfänglich vermutet hatte. Wenig später trugen die Frauen das Essen auf. Brian hatte keinen Appetit, doch der Alte, der in die Runde zurückgekehrt war, hätte es als Beleidigung aufgefasst, wenn er nicht aß. Widerwillig tat Brian es den anderen gleich und langte mit gewölbten Fingern in die hölzerne Schüssel. Erstaunen legte sich über sein Gesicht. Der Brei schmeckte vorzüglich.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Juan schmatzte und leckte sich die Finger ab. »Das ist ein Brei aus Wurzeln, Gemüse und Fisch. Sehr nahrhaft.«
    »Fisch?«
    »Piranhas«, entgegnete Juan lachend.
     
Cape Canaveral, Florida
    NASA-Direktor Traverston schaute mit betretener Miene über seinen Brillenrand, als Professor James Paul, der verantwortliche Leiter der Shuttle-Missionen, mit seinem Bericht endete.
    »Und warum haben die Meteorologen den Sturm nicht voraussehen können?«, fragte er.
    »Sie haben sich verschätzt«, erklärte Paul. »Einfach verschätzt. Wir hatten ihn auf dem Bildschirm, aber er hat sich mit unerwartet hoher Geschwindigkeit auf die Baja zubewegt. Das war nicht abzusehen.«
    »Trotzdem, ein Gewitter kann das nicht verursacht haben«, sagte Traverston. »Ich habe noch nie davon gehört, dass ein Blitzschlag einen komatösen Zustand bei Astronauten hervorruft. Verbrennungen, Tod, das sind bekannte Folgen. Und warum sind nur zwei Astronauten davon betroffen, während der dritte den Blitzschlag schadlos übersteht, obwohl er sich nur ein paar Meter von den anderen entfernt im selben Raum befindet? Da stimmt etwas nicht, James.«
    »Ich weiß«, entgegnete der Professor. »Das ist es ja gerade, was mich stutzig macht. Ich schlage deswegen vor, alle Shuttleflüge vorläufig einzustellen, bevor wir den Vorfall nicht genauestens untersucht und geklärt haben. Wir können nicht ausschließen, dass unsere Systeme versagten.«
    Traverston winkte ab. »Wir können nicht einfach unsere Verträge mit den anderen Nationen ignorieren. Der Ausbau der Versorgungseinheit des ISS muss bis zum Oktober abgeschlossen sein. Das heißt, wir müssen mindestens noch zwei weitere Flüge in

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