Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Plänen seines Unternehmens |80| für die Zukunft. Er antwortete, Daimler habe die Absicht, die Autoindustrie zu revolutionieren. Man arbeite mit Nachdruck daran, 2015 mit Brennstoffzellenautos, -Lastkraftwagen und -Bussen in Serie zu gehen. Der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf die Brennstoffzelle, so Zetsche, stelle einen kritischen Wendepunkt für die deutsche Wirtschaft dar.
Merkel und alle übrigen Anwesenden waren zunächst sprachlos. Wir wussten alle, dass Daimler, wie andere Kraftfahrzeughersteller auch, an Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen arbeitete, aber das war das erste Mal, dass dem Daimler-Vorsitzenden herausrutschte, dass seine Firma fest entschlossen war, Ernst zu machen und die Zukunft in die Gegenwart zu bringen. Zetsches Absichtserklärung, den ältesten Autohersteller der Welt auf eine Wasserstoffzukunft festzulegen, schien den Beginn einer neuen Wirtschaftsära für das Land zu markieren, das mit der Einführung des Verbrennungsmotors die Zweite Industrielle Revolution eingeleitet hatte.
Im September 2009 tat Daimler sich mit sieben Partnern aus der Industrie – EnBW, Linde, dem österreichischen Konzern OMV, Shell, Total, Vattenfall und der beim Verkehrsministerium angesiedelten Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – zu einer gemeinsamen Initiative zum Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland zusammen. Bis 2015 soll der Markt für die Masseneinführung von Brennstoffzellenfahrzeugen gerüstet sein. 98
Ob Daimlers Einsatz sich auszahlen wird, vermag noch niemand zu sagen. Ob wir uns nun für elektrische Akkumulatoren, Brennstoffzellen oder eine Kombination von beidem entscheiden werden – fest steht: Der ölgetriebene Verbrennungsmotor, die zentrale Technologie der Zweiten Industriellen Revolution, ist auf dem Weg ins Aus. Unsere Kinder werden Fahrzeuge fahren, die leise, sauber, intelligent und mit einem Netz verbunden sind, das flach ist, dezentral und kollaborativ. Allein das ist ein Zeichen dafür, dass wir auf der Schwelle zwischen zwei Wirtschaftszeitaltern stehen.
Der Aufbau eines neuen Energieregimes auf der Basis erneuerbarer Energien, die von Gebäuden produziert, teils als Wasserstoff gespeichert |81| und über intelligente »Internetze« verteilt und mit emissionsfreien Steckdosenfahrzeugen gekoppelt werden, öffnet die Tür zur Dritten Industriellen Revolution. Das ganze System ist interaktiv, integriert und nahtlos. Diese Verbundenheit schafft neue Anknüpfungspunkte für branchenübergreifende Beziehungen, wohingegen eine ganze Reihe traditioneller Partnerschaften der Zweiten Industriellen Revolution über kurz oder lang ausgedient haben wird.
Um sich klarzumachen, welchen Bruch mit unserer bisherigen Organisation des Wirtschaftslebens die Dritte Industrielle Revolution vollzieht, denken Sie an die tiefgreifenden Veränderungen, die allein während der letzten zwanzig Jahre mit der Einführung des Internets stattgefunden haben. Die Demokratisierung von Information und Kommunikation hat den weltweiten Handel und gesellschaftliche Beziehungen genauso grundlegend verändert wie die Revolution des Druckgewerbes am Anfang der modernen Zeit. Nun stellen Sie sich die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen vor, die die Demokratisierung von Energie mit sich bringen dürfte, wenn sie von der Internettechnologie verwaltet wird!
Vor allem die ärmeren Länder in der Dritten Welt dürften enorm davon profitieren. Wir müssen uns vor Augen halten, dass 40 Prozent der Menschheit immer noch mit zwei Dollar oder weniger täglich auskommen müssen, also in äußerster Armut leben, und die überwiegende Mehrheit nicht über Elektrizität verfügt. Ohne Zugang zu Strom bleiben diese Menschen machtlos. Die wichtigste Voraussetzung dafür, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut zu holen, ist der verlässliche und erschwingliche Zugang zu grünem Strom. Ist dieser nicht gegeben, ist jede wirtschaftliche Entwicklung unmöglich. Die Demokratisierung der Energie und der allgemeine Zugang zur Elektrizität sind der unerlässliche Ausgangspunkt für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Ärmsten der Welt. Die Vergabe von Mikrokrediten zur Erzeugung von Mikrostrom beginnt das Leben in den Entwicklungsländern bereits jetzt zu verändern und gibt möglicherweise Millionen von Menschen die Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation.
|82| Die Frage ist allerdings, ob wir das rechtzeitig schaffen. Obwohl es
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