Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Die Aufträge für das CUTE-Projekt beliefen sich auf gerade mal 47 Busse, ein Auftrag, so klein, dass die Produktionskosten pro Bus eine Million Euro überstiegen. CUTE war wie so viele ähnliche Programme in Europa und anderen Ländern – darunter die USA, Japan und China – ein Pilotprojekt. Politiker mögen solche Projekte, weil sich damit sexy grüne Technologien einführen lassen, ohne erhebliche öffentliche Mittel ausgeben zu müssen, um die allgemeine Einführung und einen Markt zu garantieren. Was Kohler mit seinem Zwischenruf zum Ausdruck bringen wollte, war, dass man endlich zu Potte kommen sollte. Die einzige Möglichkeit, diese Revolution des Transportwesens zum Konsumenten zu bringen, war ein erhebliches staatliches Engagement. Mit anderen Worten: Die öffentliche Hand müsste Mittel für den Kauf einer großen Zahl von Fahrzeugen bewilligen. Eine staatliche Förderung der Massenproduktion würde die Produktionskosten senken, was nötig wäre, um damit auf den Markt zu gehen. 47 Busse reichten da einfach nicht aus.
Den anderen Anwesenden ging es ähnlich. Sie hatten die Nase voll von Pilotprojekten; sie wollten endlich die ökonomische Revolution. Sie fühlten sich in ihren Bemühungen blockiert und befürchteten sogar, bahnbrechende Technologien für Jahrzehnte auf Eis legen zu müssen. Wenn nicht für immer.
Der Silo-Effekt
Da gab es noch ein zweites Problem, wollte die Europäische Union Klimawandel, Energiesicherheit und den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft für das 21. Jahrhundert gleichzeitig angehen. Der komplexe |85| Aufbau der verschiedenen Generaldirektionen und Dienste der Europäischen Kommission fördert den Silo-Effekt. Anders gesagt, Programme und Projekte sind oft zu autonom, in sich geschlossen, ohne Bezug zu den Bemühungen anderer Abteilungen und Behörden ringsum. Das Phänomen ist nicht auf Brüssel beschränkt; man findet es rund um die Welt. Indem sie Initiativen nicht abteilungs- und behördenübergreifend angehen, begeben sich staatliche und superstaatliche Apparate vieler Möglichkeiten von Synergien; in jedem Fall verhindern sie einen ganzheitlicheren Ansatz, das allgemeine Wohlbefinden der Gesellschaft zu fördern. Silo-Denken führt unweigerlich zu isolierten Pilotprojekten und zu einer großen Kluft zwischen den großen Visionen, auf die man sich auf Ministerebene oder noch höher einigt, und dem, was übrig bleibt, nachdem sie den Weg hinab durch Behörden und Abteilungen genommen haben. Nach zahllosen trockenen Berichten, Studien und Auswertungen enden sie als bloße Schatten einer großen Idee.
Um das Problem endloser Pilotprojekte und besagter Silo-Effekte anzugehen, traten nun Claude Lenglet und Pier Nabuurs auf den Plan. Lenglet, Ingenieur und Vertreter von Bouygues, dem französischen Baugiganten, ist ein führender Akteur bei der Europäischen Plattform für Bautechnologie. Und Nabuurs ist, wie bereits erwähnt, CEO von KEMA und zugleich auch Präsident von SmartGrids Europe, der EU-Technologieplattform, die sich aus IT- und Versorgungsunternehmen zusammensetzt. Beide erklärten Präsident Barroso, dass sich nur wenige der 36 europäischen Technologieplattformen miteinander austauschten, und das trotz vieler potenzieller Synergien zwischen ihnen.
Wir hatten eine Liste von 13 Technologieplattformen zusammengestellt, deren Erfolg für den der anderen jeweils von großer Bedeutung war. Für die Einleitung der Dritten Industriellen Revolution in der EU mussten sie unbedingt integriert werden. Dazu gehörten neben anderen die bautechnologische Plattform, die für intelligente Netze zuständige SmartGrids-Plattform, die verschiedenen Plattformen für erneuerbare Energien, die für Wasserstoff und Brennstoffzellen, Straßen- und Schienentransport und nachhaltige Chemie. Zusammen repräsentieren diese Plattenformen Technologien, Industrien und Sektoren einer im Entstehen |86| begriffenen Infrastruktur der Dritten Industriellen Revolution. Barrosos Reaktion darauf: »Machen wir das doch, sorgen wir dafür, dass die miteinander reden, und schauen wir, was dabei herauskommt.« Mithilfe von Maria da Graça Carvalho, der obersten Beraterin des Beratergremiums für Europäische Politik, machten wir uns sofort an die Arbeit, hielten noch im Frühjahr 2007 mehrere Meetings mit den dreizehn Plattformen und suchten nach Möglichkeiten zur Kooperation.
Barroso versuchte sich also wenigstens an dem Puzzle. Es gab jedoch noch einen weniger offensichtlichen Grund dafür,
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