Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
hast du mir als Gegenleistung anzubieten?«
    »Einen anderen Kreis. Kurze Grashalme, die inmitten umstehender langer Grashalme ein großes Rund bilden, auf einem Grab. Wenn wir nichts finden, werden die beiden Toten den Leuten vom Drogendezernat übergeben. Und da ist was, Mathias. Dein Kreis ist schon freigelegt, er kann auf dich warten. Meiner nicht.«
    Mathias interessierte sich ebensowenig für Adamsbergs Ermittlungen, wie der Kommissar Mathias’ altsteinzeitliche Sorgen verstand. Doch in dringenden Sachen Erde waren die beiden Männer sich einig.
    »Was führt dich ausgerechnet zu diesem Grab?« fragte Mathias.
    »Es handelt sich um eine junge Frau aus der Normandie, genau wie die in Montrouge, außerdem ist vor kurzem ein Schatten über den Friedhof gelaufen.«
    »Du bist in der Normandie?«
    »In Opportune-la-Haute, im Departement Eure.«
    »Tonerde und Feuerstein«, faßte Mathias zusammen.
    »Es genügt eine Schicht Feuerstein, und schon wächst das Gras darüber kürzer und spärlicher. Siehst du da irgendwo Feuerstein in der Gegend? Zum Beispiel eine Mauer mit Fundamentsteinen?«
    »Ja«, sagte Adamsberg und lief zur Kirche zurück.
    »Schau dir den unteren Teil an, und beschreib mir den Pflanzenwuchs.«
    »Das Gras steht dichter als auf dem Grab«, sagte Adamsberg.
    »Was wächst da sonst noch?«
    »Disteln, Brennesseln, Wegerich und anderes Zeug, das ich nicht kenne.«
    »Okay. Geh zum Grab zurück. Was siehst du in dem kurzen Gras?«
    »Gänseblümchen.«
    »Sonst nichts?«
    »Ein bißchen Klee, zweimal Löwenzahn.«
    »Gut«, sagte Mathias nach einer Pause. »Hast du nach dem Rand einer Grube gesucht?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Ja, was glaubst du denn, warum ich dich anrufe?«
    Mathias betrachtete die Feuerstelle aus dem Magdalénien unter seinen Füßen.
    »Ich komme«, sagte er.
     
    Im Café in Opportune, das auch als Lebensmittelladen und Cidre-Depot fungierte, gestattete man Adamsberg, sein Hirschgeweih am Eingang unterzustellen. Jeder hier wußte bereits, daß Adamsberg ein Béarner Bulle aus Paris war, den Angelbert in Haroncourt eingeführt hatte; die edlen Trophäen jedoch, die er bei sich trug, öffneten ihm die Türen viel weiter, als jede Empfehlung es vermocht hätte. Der Wirt des Cafés, ein entfernter Vetter von Oswald, bediente die beiden Polizisten dienstbeflissen, Ehre, wem Ehre gebührte.
    »In drei Stunden nimmt Mathias den Zug in Saint-Lazare«, sagte Adamsberg. »Um 14 Uhr 34 ist er in Évreux.«
    »Wir brauchten die Genehmigung zur Exhumierung noch vor seiner Ankunft«, sagte Veyrenc. »Aber ohne die Unterstützung des Divisionnaire können wir sie nicht einholen. Und Brézillon wird Ihnen den Fall nicht überlassen. Er mag Sie nicht, oder?«
    »Brézillon mag niemanden, und er brüllt gern rum. Er versteht sich gut mit Kerlen wie Mortier.«
    »Ohne sein Einverständnis keine Genehmigung. Es nützt also gar nichts, daß Mathias kommt.«
    »Wenigstens sollten wir herauskriegen, ob in dem Grab ein Loch ausgehoben wurde.«
    »Aber in ein paar Stunden wird man uns erwischt haben, es sei denn, wir gehen heimlich vor. Was nicht funktioniert, denn die von der Brigade aus Évreux beobachten uns. Beim ersten Spatenstich haben wir sie auf dem Hals.«
    »Das ist eine gute Zusammenfassung, Veyrenc.«
    Der Lieutenant ließ ein Stück Zucker in seinen Kaffee fallen und lächelte offen, indem er seine Lippe zur rechten Wange hochzog.
    »Eins allerdings könnte man versuchen«, sagte er. »Aber das wäre ziemlich schäbig.«
    »Sagen Sie’s trotzdem.«
    »Man könnte Brézillon drohen, daß man, falls er die Blockade nicht aufhebt, alles ausplaudern wird, was sein Sohn vor vierzehn Jahren getan hat. Ich bin der einzige, der die Wahrheit kennt.«
    »Das ist allerdings schäbig.«
    »Ja.«
    »Wie denken Sie sich das?«
    »Es dürfte natürlich nicht darum gehen, die Drohung wahr zu machen. Ich stehe mit Guy, dem Sohn, weiterhin auf gutem Fuß, ich will ihm auf keinen Fall schaden, nachdem ich ihm damals, als er jung war, aus der Katastrophe herausgeholfen habe.«
    »Das wäre möglich«, sagte Adamsberg und legte sich die Hand auf die Wange. »Brézillon würde beim ersten Wort nachgeben. Wie alle hartgesottenen Burschen hat er keinen wirklich harten Kern. Das ist das Prinzip der Nuß. Man drückt darauf, und sie bricht auseinander. Versuchen Sie dagegen mal, Honig zu brechen.«
    »Ich kriege direkt Lust darauf«, sagte Veyrenc unvermittelt.
    Der Lieutenant ging zum Tresen, um Brot und Honig zu

Weitere Kostenlose Bücher