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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Brézillons Blockierungssperre aufgebrochen. Weise, wie er war, hatte Danglard sich am Vortag entschlossen, die Information, die er vor zwei Tagen eingeholt hatte, geheimzuhalten. Verletzt, wie er nun war, holte er sie aus seinem Köcher heraus und schoß sie ab wie einen Pfeil.
    »Danglard«, hatte Adamsberg gesagt, »schicken Sie die Mannschaft sofort los, ich kann den Prähistorianer nicht allzu lange hier festhalten. Er ist gerade auf einer altsteinzeitlichen Feuerstelle zugange.«
    »Den Prähistoriker«, korrigierte Danglard.
    »Rufen Sie auch die Gerichtsmedizinerin an, aber nicht vor Mittag. Wir brauchen sie hier vor Ort, sobald wir am Sarg angelangt sind. Sie soll mit zweieinhalb Stunden Ausgrabungszeit rechnen.«
    »Ich nehme Lamarre und Estalère und begleite sie. In einer Stunde vierzig Minuten sind wir in Opportune.«
    »Bleiben Sie in der Brigade, Capitaine. Wir werden noch einmal so ein verdammtes Grab öffnen, und in einer Entfernung von fünfzig Metern sind Sie für uns ohne jeden Nutzen. Ich kann nur Leute gebrauchen, die hacken und Eimer schleppen können.«
    »Ich begleite sie«, sagte Danglard ohne weitere Erklärung. »Und ich habe noch andere Neuigkeiten. Sie hatten mich doch gebeten, Nachforschungen über vier Leute anzustellen.«
    »Das eilt nicht, Capitaine.«
    »Commandant.«
    Adamsberg seufzte. Danglard schlich oft aus purer Raffinesse wie die Katze um den heißen Brei, doch an manchen Tagen schlich er zuviel, und zwar aus Kummer, und dieser komplizierte Tanz ermüdete ihn.
    »Ich habe hier ein Gelände abzustecken, Danglard«, sagte Adamsberg, schon etwas ungeduldiger, »Pflöcke müssen eingehauen und Bänder gezogen werden. Wir reden später darüber.«
    Adamsberg klappte sein Telefon zusammen und drehte es wie einen Kreisel auf dem Bistrotisch.
    »Was mache ich hier nur«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Veyrenc, »mit siebenundzwanzig Leuten auf dem Hals, wo ich doch ebensogut und tausendmal besser ganz allein im Gebirge auf einem Stein sitzen und die Beine ins Wasser baumeln lassen könnte?«
    »Die menschlichen Wesen, die ruh’losen Seelen, sie winden sich, zittern und müssen sich quälen. Verdammen kann dies nur, wer sich als Mensch verkennt, denn dieses Treiben ist, was man das Leben nennt.«
    »Ich weiß, Veyrenc. Trotzdem wünschte ich mir, man würde sich nicht pausenlos in solchem Hickhack aufreiben. Siebenundzwanzig Nöte auf einmal, die sich kreuzen und einander antworten wie Schiffe in einem übervölkerten Hafen. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, über die Gischt hinwegzulaufen.«
    »O nein, Seigneur,
    Kein Mensch kann stehen nur am Ufer immerfort,
    er wird, tut er es doch, im Nichts versinken dort.«
    »Wir werden sehen, in welche Richtung die Antenne des Telefons zeigt«, meinte Adamsberg und gab dem Kreisel neuen Schwung. »Auf die Menschen oder auf das Nichts«, sagte er und zeigte zunächst auf die Tür, die auf die Straße führte, dann auf das Fenster, das aufs Land hinausging.
    »Menschen«, sagte Veyrenc, noch bevor das Gerät austrudelte.
    »Menschen«, bestätigte Adamsberg und schaute zu, wie das Telefon in Richtung Tür liegenblieb.
    »Das Land war sowieso nicht leer. Auf der Weide stehen sechs Kühe und auf dem Feld nebenan ein Stier. Das ist schon der Anfang der Verwirrung, oder?«
     
    Wie in Montrouge hatte Mathias am Grab Platz genommen und ließ seine großen Hände über die Erde gleiten, verharrte, ließ die Finger weiterwandern und folgte dabei immer den Narben im Boden. Zwanzig Minuten später zog er mit der Kelle am Kopfende der Grabstätte den Rand einer Grube mit einem Durchmesser von 1,60 Meter nach. Adamsberg, Veyrenc und Danglard standen daneben und schauten ihm zu, während Lamarre und Estalère den Bereich absperrten, indem sie ein gelbes Plastikband spannten.
    »Genau dasselbe«, sagte Mathias zu Adamsberg und stand auf. »Ich gehe jetzt, alles Weitere kennst du ja.«
    »Aber nur du kannst uns sagen, ob hier dieselben Leute gegraben haben. Wenn wir die Grube ausheben, machen wir wahrscheinlich bloß ihre Ränder kaputt.«
    »Vermutlich«, gab Mathias zu, »vor allem bei der lehmigen Erde hier. Die Auffüllung wird voraussichtlich an den Wänden kleben.«
    Um siebzehn Uhr dreißig hatte Mathias die Grube vollständig ausgehoben, es dämmerte bereits. Seiner Auffassung nach und dem Abdruck der Werkzeuge zufolge hatten sich zwei Personen beim Graben abgelöst, vermutlich dieselben Männer wie in Montrouge.
    »Der eine stößt

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