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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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gestülpt hatte.
    »Also, das begreife ich nicht«, sagte er. »Wenn jeder in Opportune wußte, daß Narziß ein kastrierter Kater war.«
    »Man muß wohl annehmen, daß derjenige, der ihn verstümmelt hat, es nicht wußte oder nicht aus der Gegend war. Und daß er keine Männer mochte, wenn ich Ihren Ermittlungen meine Meinung hinzufügen darf.«
    Adamsberg klappte sein Telefon zusammen und begann ratlos wieder mit den Beinen zu schwingen.
    » Und daß er keine Männer mochte «, wiederholte er für sich. »Die Schwierigkeit, Retancourt, liegt darin, daß selbst Laien wissen, daß ein schläfriger, elf Kilo schwerer Kater zwangsläufig kastriert ist.«
    »Die Kugel nicht.«
    »Die Kugel ist ein Fall für sich, wir halten sie aus der Sache raus. Das Problem bleibt ungelöst: Wieso hat der Mörder von Narziß einen Kater kastriert, der bereits kastriert war?«
    »Sollten wir uns nicht lieber um Dialas Mörder kümmern?«
    »Genau das machen wir ja. Sich an Jungfrauen berauschen und ein männliches Tier kastrieren, zwischen beidem besteht durchaus ein Zusammenhang. Es war Pascalines Kater, nur das Männchen wurde getötet. Als hätte man alles Männliche um Pascaline herum beseitigen wollen. Vielleicht um ihre Umgebung zu reinigen. Auch dadurch zu reinigen, daß man die Gräber öffnete und irgendeinen unsichtbaren Zaubertrank hineinschmuggelte.«
    »Solange wir nicht wissen, ob die beiden Frauen ermordet worden sind, tappen wir im dunkeln. Unfall oder Mord, Mörder oder Grabschänder, das ändert alles. Und wir haben keine Möglichkeit, es herauszufinden.«
    Adamsberg ließ sich vom Hocker gleiten und lief durchs Zimmer.
    »Eine Möglichkeit gibt es«, sagte er, »falls Sie sich dazu durchringen könnten.«
    »Sagen Sie.«
    »Man müßte den Stein beschaffen, der Pascalines Kopf zertrümmert hat. Folgt man der Unfallthese, ist er von der Kirchenmauer heruntergefallen. Folgt man der Mordthese, hat er am Boden gelegen, und der Mörder benutzte ihn zum Töten. Ein herabgefallener Stein oder aber ein Stein, mit dem getötet wurde. Im zweiten Fall müßten am Stein Spuren seines Aufenthaltes an der Luft erkennbar sein. Der Unfall hat sich an der Südseite der Kirche zugetragen. Wenn der Stein wirklich in der Mauer gesteckt hat, dürfte er also keinerlei Moos aufweisen. Wenn er jedoch bereits im Gras lag, hätte sich sehr wohl Moos auf seiner nach Norden gelegenen Seite gebildet. Bei dem Klima dort ist das unvermeidlich und geht schnell. Und so wie ich Devalon kenne, bezweifle ich, daß er nach Flechtenspuren auf dem Stein gesucht hat.«
    »Wo befindet sich dieser Stein?« fragte Retancourt und setzte, schon in den Startlöchern, die Katze auf dem Boden ab.
    »In der Gendarmerie von Évreux oder auf der Müllkippe. Devalon ist ein streitsüchtiger Bulle, Retancourt, und noch dazu wenig kompetent. Es wird Sie viel Kraft kosten, an den Stein heranzukommen. Es wäre besser, ihm vorher nichts davon zu sagen, der ist imstande und schmeißt ihn weg, nur um uns eins auszuwischen. Vor allem, wenn er sich bei dieser Ermittlung geirrt hat.«
    Die Katze miaute unruhig. Die Kugel spürte genau, wenn ihr bevorzugter Zufluchtsort sich reisefertig machte. Noch drei Stunden später, während Lieutenant Retancourt bereits in Évreux ermittelte, wollte die Katze partout nicht aufhören zu greinen und preßte ihre Nase an die Eingangstür der Brigade, das Hindernis zwischen ihrem kleinen Körper und der entschwundenen Frau, die all ihr Denken beherrschte. Adamsberg schleppte das Tier gewaltsam zu Danglard.
    »Capitaine, Sie haben doch Einfluß auf dieses Viech, machen Sie ihm verständlich, daß Retancourt zurückkommen wird, geben Sie ihm ein Glas Wein oder was weiß ich, aber tun Sie irgendwas, damit es aufhört zu jammern.«
    Adamsberg stockte.
    »Scheiße«, flüsterte er und ließ Die Kugel fallen, die mit einem Klagelaut auf den Boden zurückplumpste.
    »Was?« fragte Danglard, den die Verzweiflung des Tieres, das auf seine Knie gesprungen war, mit Besorgnis erfüllte.
    »Ich habe gerade die Geschichte mit Narziß begriffen.«
    »Wurde auch Zeit«, murrte der Commandant.
    In diesem Augenblick rief Retancourt an. Ihre Stimme drang deutlich aus dem Mobiltelefon, und Adamsberg hätte nicht sagen können, wer von beiden, Danglard oder die Katze, aufmerksamer die Ohren spitzte.
    »Devalon hat mich nicht rangelassen an den Stein. Der Typ ist ein ganz Verbissener, er würde sogar seine Fäuste einsetzen, um etwas zu verhindern.«
    »Sie

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