Die dritte Sünde (German Edition)
darf auf keinen Fall zu viel davon nehmen, hörst du? Schon sechs Tropfen des Öles können dich umbringen. Dennoch ist es ein recht zuverlässiges Mittel, das kann ich bestätigen, da ich es selbst schon einige Male angewendet habe, wenn es auch ziemlich schmerzhaft war.« Lady Craven verzog das Gesicht, strich sich nachdenklich mit den Fingern durch ihr schönes dunkles Haar, und fuhr dann fort: »Die Ägypter empfahlen Scheidenspülungen, die – immerhin weit weniger gesundheitsgefährdend als das Sadeöl – allerdings so schnell wie möglich nach dem Akt durchgeführt werden müssen. Ein amerikanischer Arzt, ein Mr Charles Knowlton, hat das dankenswerterweise in einem Buch mit dem seltsamen Titel ‚Die Früchte der Philosophie’ [19] empfohlen. Seitdem setze ich diese oft ein, da sie nicht so gefährlich sind wie das Sadebaumöl. Die notwendigen Ingredienzen für eine solche Spülung kannst du dir sicher problemlos in der Küche oder bei einem Apotheker besorgen, ohne dass jemand Verdacht schöpfen wird. Es handelt sich um Essig, Alaun oder Zinksulfat. Lösungen aus jeder der drei Chemikalien haben die Wirkung, den Samen des Mannes zuverlässig abzutöten, sofern er sich noch nicht mit dem Blut der Frau vermischt hat. [20] Sollte es aber doch geschehen, dass du schwanger wirst, empfiehlt es sich, dass du dir deine Liebhaber so aussuchst, dass du deinem Mann ein Kind von einem anderen glaubhaft unterschieben kannst. Wie sieht dein Aaron denn aus? Ist er blond wie Mr Havisham? Das dürfte die Sache erheblich erleichtern, falls du deine Bekanntschaft mit ihm fortsetzen möchtest.«
Isobel schüttelte den Kopf. »Nein, er ist eher dunkel.« Sie ließ seine Gestalt vor ihrem inneren Auge entstehen. Einmal mehr wurde ihr bewusst, wie sehr er sie erregte. »Er hat dunkles Haar, bemerkenswerte bernsteinfarbene Augen und einen wirklich beeindruckenden Körper, ganz abgesehen von seiner noch beeindruckenderen Männlichkeit.« Sie kicherte. Lady Craven zwinkerte ihr belustigt zu. »Ich sehe, du lernst schnell, mein liebes Kind. Aber das wundert mich nicht, schließlich bist du Imogens Tochter. Doch auch der Unterschied im Aussehen zu Mr Havisham ist kein wirkliches Problem. Glücklicherweise war dein Vater früher dunkelhaarig, wenn er auch jetzt längst ergraut ist, und auch seine Augen sind braun, wenn ich mich recht erinnere. So kannst du dich immerhin darauf hinausreden, so es denn wider alle Bemühungen dazu kommen sollte, dass du ein Kind von diesem offenbar sehr verlockenden jungen Mann empfängst, dass es eben nach deinem Vater gerät. Das dürfte dich auch der immerwährenden Unterstützung deines Vaters versichern. Denn schlimmer als Väter sind Großväter. Sie benehmen sich geradezu albern in ihrem absurden Stolz. Ich möchte dabei gar nicht wissen, wie viele von ihnen stolz auf eine Nachkommenschaft blicken, die gar nicht die ihre ist.« Lady Craven lachte spöttisch auf. »Dennoch, angesichts der Gefahren, die Schwangerschaft und Geburt für uns Frauen bereithalten, abgesehen von den normalen Beschwernissen, empfehle ich dir, solches solange es nur geht zu vermeiden. Erst wenn dein Gatte ausdrücklich nach einem Kind verlangt, solltest du dich darum bemühen – unerheblich, ob es dann das seine sein wird. Du musst eben nur darauf achten, so du anderweitigen Vergnügungen nachgehst, dass du regelmäßig das Bett mit Mr Havisham teilst. Du wirst dich daran gewöhnen, glaube mir. Die kurze Zeit, die die Männer brauchen, um ihren Samen abzusondern, ist letztlich zu ertragen. Deine Lust kannst du woanders befriedigen.«
Isobel dachte nach. So gesehen war es wirklich das Klügste, was sie tun konnte, den Antrag Havishams so schnell wie möglich anzunehmen, bevor er sich eines anderen besann. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass es ihr gelingen würde, diesem Mann alles, nach dem es sie nur verlangte, abzuschmeicheln. Sicher würde sie es auch schaffen, Aaron Stutter in ihrer Nähe zu halten, und wenn nicht, dann würde sie eben nach einer Alternative suchen müssen. Irgendeine Gelegenheit würde sich schon ergeben.
In diesem Augenblick trat ein Bediensteter Lady Cravens, ebenfalls ein augenfällig hübscher junger Mann, ein. Isobel betrachtete die Umgebung ihrer Lehrerin nun mit ganz anderen Augen. »Mylady, ein Mr de Burgh wünscht Miss Isobel de Burgh zu sprechen. Ich habe ihn hereingebeten. Er wartet im Salon. Es scheint sehr dringend zu sein.«
»Danke, Charles!«, sagte Lady Craven und schenkte
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