Die dritte Sünde (German Edition)
daran knüpfen? Vergiss die ganze Romantik, die den jungen Frauen weisgemacht wird. Das alles ist eine Lüge. Tatsache ist, dass Männer das Bedürfnis haben, sich selbst ein Denkmal zu setzen, indem sie möglichst Söhne zeugen. Die Frau hat die Aufgabe, ihnen diese zu gebären. Sie stellt ihren Körper der Selbstverwirklichung des Mannes zur Verfügung. Dafür zahlt dieser den Preis der umfassenden Versorgung. Wenn die Frau klug ist, bereitet sie ihrem Mann darüber hinaus sexuelle Freuden, damit er sie nicht allzu bald woanders sucht, denn das wird er zwangsläufig tun. Ich kenne die Männer nur zu gut, glaube mir! Gelingt ihr das, kann sie ihm manche zusätzlichen Vergünstigungen entlocken. Allerdings kann sie auch versuchen, ihn mit Moral an sich zu binden. Viele so ehrenwerte Frauen der Gesellschaft, wie zum Beispiel meine liebe Freundin Lady Farnham, versuchen es auf diesem Wege. Ich fürchte nur, es ist ihnen nicht allzu viel Erfolg dabei vergönnt.« Der Spott in Lady Cravens Stimme war nicht zu überhören. Sie stand auf, ging zu einem der Fenster, das den Blick in den herrlichen sommerlichen Park von Craven House eröffnete und sah hinaus. Dann fuhr sie fort. »Ich denke, es ist ganz gut, dass ihr, du und dieser schöne Knecht, nicht ganz zum Ziel gekommen seid. Ich nehme an, du bist noch Jungfrau?« Sie wandte sich um und sah Isobel auffordernd an. Isobel spürte, dass sie nun unbedingt ehrlich sein musste. »Ich bin es noch, obwohl ich versucht war, mich ihm hinzugeben, aber irgendetwas hielt mich zurück. Ich hatte plötzlich Bedenken, und dann kam auch Cathy dazwischen.«
»Das ist sehr gut! Du bist ein kluges Mädchen!«, sagte Lady Craven, indem sie sich wieder zu Isobel umwandte. »Das wird diesen Havisham bestimmt zufriedenstellen. Den Männern ist es seltsamerweise, entgegen ihrer eigenen Gepflogenheiten, nämlich in den allermeisten Fällen sehr wichtig, dass ihre zukünftigen Gattinnen noch jungfräulich sind. Das erhöht den Wert, den man für sie hat, erheblich. Allerdings«, sie machte eine vielsagende Pause, »ist deine Pforte erst einmal vom rechtmäßigen Besitzer geöffnet worden, kannst du sie, wem immer du magst, zur Verfügung stellen. Natürlich ist dabei absolute Diskretion vonnöten! Aber eine kluge und geschickte Frau kann sich ihre Freuden gönnen und muss dabei doch nicht auf die Vorteile der finanziellen Absicherung durch die Ehe verzichten. Versteht du mich?«
Isobel nickte. Und wie sie verstand! Doch da gab es ein Problem, das auch ihrer Mutter zum Verhängnis geworden war. »Aber wenn man schwanger wird?«, fragte sie atemlos. Wie stellte es nur Lady Craven an, dieser Gefahr auszuweichen? Hatte sie überhaupt Kinder?
»Da hast du recht. Dies ist die Ungerechtigkeit der Natur. Die Männer leisten sich ihre Eskapaden und niemand erfährt es. Wird die Frau aber schwanger, werden ihre Geheimnisse leider nur zu offenbar. Jedoch, auch hier sind wir nicht ganz machtlos.«
Isobels Lippen formten lautlos ein staunendes »Oh!«
»Meine liebe Isobel, deine Frage ist so alt wie die Menschheit selbst, das kann ich dir versichern. Und frühere Völker waren weitaus weniger unfähig damit umzugehen, als die so abstoßend vordergründig moralische Gesellschaft heutzutage.« Sie setzte sich wieder in ihren Sessel. Isobel beugte sich gespannt nach vorne. Was sie jetzt zu hören bekommen würde, waren Informationen von unschätzbarem Wert. Lady Craven musste darüber verfügen.
»Es gibt eine große Anzahl von Empfehlungen zur Vermeidung einer Schwangerschaft«, erläuterte Lady Craven nun, indem sie ihre gelehrige Schülerin aufmerksam ins Auge fasste. »Zugegebenermaßen sind etliche von ihnen unsinnig und mit finsterstem Aberglauben verbunden. Sicherlich ist es Unsinn, sich, wie es von fehlgeleiteten Kirchenvätern im Mittelalter empfohlen wurde, den Finger eines Fötus um den Hals zu binden oder einer Kröte ins Maul zu spucken. Das gehört doch mehr ins Reich der Sagen und Märchen und erscheint mir zudem ausgesprochen unappetitlich zu sein. Allerdings haben verschiedene ebenfalls aus dieser Zeit überlieferte Kräuterrezepte schon erhebliche Wirkung, auch wenn sie teilweise nicht ganz ungefährlich sind. Ich kann dir da zum Beispiel den Sadebaum [18] empfehlen. Der war schon den Griechen, die in dieser Frage sehr findig waren, bekannt. Aus seinen Zweigtrieben kann man ein Öl gewinnen, das die Stockung des Blutes, die bei einer Schwangerschaft eintritt, wieder aufhebt. Aber man
Weitere Kostenlose Bücher