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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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unbedarft einem solchen Ereignis ausliefern zu müssen, wie es die meisten ihrer Leidensgenossinnen wohl tun mussten, war für sie einfach unerträglich. Mit einer Mischung aus Neugier und Widerwillen warf sie Havisham einen verstohlenen Seitenblick zu, als er neben ihr die große Treppe der Eingangshalle hinaufschritt. Schade, dass er nicht jünger und schlanker war. Sie versuchte sich vorzustellen, wie ihr Gemahl wohl nackt aussehen würde. Die Vorstellung war leider nicht sehr anregend. Er entsprach einfach nicht ihrem Geschmack. Würde er jetzt gleich sein Recht von ihr einfordern?
    Doch noch gewährte ihr Havisham einen Aufschub.
    »Meine Liebe«, wandte er sich, oben am Treppenabsatz angekommen, mit einem Lächeln an sie, »ich werde mich mit deinem Vater noch ein wenig ins Herrenzimmer auf einen Brandy und eine Zigarre zurückziehen, bevor ich zu dir komme. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um dich von den Strapazen des Tages zu erholen. Dann allerdings werde ich mich darauf freuen, dir meine private Aufwartung in unserem Schlafzimmer zu machen.« Er lächelte noch breiter. Eine gewisse Anzüglichkeit lag jetzt in seiner Miene, die er nur schlecht verbergen konnte. Isobel schob die unguten Gefühle, die in ihr aufflackerten, entschlossen beiseite. Sie würde es schon überstehen. Das war nun einmal der Preis der finanziellen Absicherung, sie hatte dem Handel schließlich bereitwillig zugestimmt. Allerdings würde sie ihrerseits ebenfalls ihren Preis fordern. Havisham sollte sich nur nicht einbilden, dass er sie billig bekam! »Ich erwarte Sie voller Ungeduld, mein Gemahl«, sagte sie forsch und genoss seine Verblüffung. Was glaubte er vorzufinden? Ein verschrecktes Mauerblümchen? Eine de Burgh war einem Havisham allemal in jeder Situation gewachsen! Das sollte er sich ruhig merken. Hoheitsvoll stieg sie weiter die Treppe hinauf, ihren frisch angetrauten Gatten auf dem Absatz zurücklassend, um in ihr neues Reich zu gelangen.

Kapitel 37

    Es war schon ein seltsames Gefühl, die Räume ihres Vaters, die er vor vielen Jahren mit ihrer Mutter bewohnt hatte, nun selbst als Ehefrau zu betreten. Durch ein kleineres holzgetäfeltes Zimmer mit einem zierlichen Tischchen vor dem Kamin, flankiert von zwei Sitzgelegenheiten und einem Schreibtisch in der Nähe des Fensters, betrat man das weitaus größere Schlafzimmer. Die Räume waren nacheinander parallel zum Gang, der in der Mitte des Hauses lag, angeordnet, und man konnte von einem ins andere Zimmer durch weitere Türen gelangen. Nach dem Schlafzimmer, dem ein begehbares Ankleidezimmer beigeordnet war, folgte eine Kammer für den Leibdiener, die jetzt aber nicht mehr in dieser Funktion genutzt wurde, sondern als Raum für die persönlichen hygienischen Bedürfnisse diente. Dieser Raum war allerdings kein Durchgangsraum, sondern lag bei einem weiteren kleinen Flur, der in zwei nachfolgende saalähnliche Zimmer führte, die dem Zeitvertreib und als Besprechungssalon dienten. Letzterer leitete über in die offizielleren Räume Whitefells, die aus mehreren großen Salons, der Bibliothek und einem kleineren Speisesaal bestanden, in dem die de Burghs alltags in der Regel Lunch und Dinner einzunehmen pflegten. Alle Räume waren mit bunten Seidentapeten ausgekleidet, die allerdings hoffnungslos altmodisch waren, wie Isobel einmal mehr mit einem Naserümpfen bemerkte. Auch waren sie mit vielen Gemälden bestückt. Seit sie in London gewesen war, betrachtete sie sich als ausgewiesene Kennerin moderner Innenarchitektur. Sie gedachte die Räume so bald als möglich in der Art umgestalten zu lassen, wie sie es in Craven House – für Isobel der Gipfel gelungener Wohnkultur – gesehen hatte. Nun, es gab viel zu tun in nächster Zeit und für Havisham viel zu bezahlen, dachte sie mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, als sie das Schlafzimmer betrat. Cathy erwartete sie bereits. Abwartend und geduldig saß sie auf einem Stühlchen in der Nähe des Fensters, sprang aber sofort auf, als Isobel hereinkam. Der recht große Raum wurde von einem mächtigen, geradezu thronähnlichen Ehebett dominiert. Auf dieses ausladende, baldachingekrönte Möbel hatte sie bereits Isobels Nachthemd für die Hochzeitsnacht gebreitet. Es war aus edler englischer Spitze gefertigt, mit vielen Rüschen und Schleifen versetzt und sorgfältig gestärkt. Das eher schlichte Nachthemd des Ehegatten lag auf der anderen Seite des Bettes. Isobel lächelte amüsiert. Eingewickelt in Spitze wie ein

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