Die dritte Sünde (German Edition)
französisches Praliné sollte sie wohl die zweifelhafte Beglückung durch ihren Gemahl erwarten. Dabei war das Anlegen dieses Kleidungsstücks sicher kaum der Mühe wert, da sie das exquisite, bis zur Durchsichtigkeit zarte Gebilde vermutlich ohnehin würde ausziehen müssen. Doch sie würde tun, was man von ihr erwartete, zumindest für diese Nacht. In naher Zukunft jedoch würde sie ihre eigenen Wege verfolgen. Es war eben leider nötig, dass Havisham die Gelegenheit hatte, ihre jungfräuliche Pforte zu durchbrechen, so wie es Jemina Craven ihr erklärt hatte.
Ob es wohl wehtun würde? Ihre kundige Freundin hatte auf ihre drängenden Fragen diesbezüglich nur bedächtig den Kopf gewiegt und gemeint, das hinge stark ab von den Liebeskünsten des Mannes.
Hoffentlich würde sich Havisham nicht allzu ungeschickt anstellen!
Zumindest hatte sie im Hinblick auf die möglichen Folgen der Unternehmung vorgesorgt. In einer Hutschachtel im Ankleideraum, die Havisham sicher nie öffnen würde, hatte sie den Glaszylinder mit der Kolbenvorrichtung und der breiten vergoldeten Kanüle, den ihr Jemina zum Abschied geschenkt hatte, zusammen mit einer Essiglösung vorbereitet. Sie würde sich unmittelbar nach dem Vollzug der ehelichen Pflichten entschuldigen und dann heimlich das Gerät aus dem Ankleidezimmer holen, um im glücklicherweise gleich nebenan liegenden Raum für die körperlichen Bedürfnisse die erforderliche Scheidenspülung vorzunehmen. Ganz bestimmt würde sie nicht in die gleiche Falle wie ihre verstorbene Mutter tappen!
Etwas nervös ließ sie sich von Cathy aus ihrem Kleid helfen, fuhr sie ungeduldig an, als sie meinte, dass diese es nicht sorgfältig genug auf einen Kleiderbügel hängte, und legte dann ihr berüschtes Nachtgewand an. Vor dem Spiegel sitzend ließ sie sich von Cathy das blonde Haar auskämmen, das diese für die Trauung überraschend gekonnt in sorgfältig geringelte Korkenzieherlocken gedreht und in Höhe der Schläfen festgesteckt hatte. Die Haube, die ihr als Ehefrau eigentlich zustand, lehnte sie selbstverständlich ab. Nicht im Traum dachte sie daran, ihr engelsgleiches Haar unter dieser matronenhaften Nachthaube zu verbergen. Havisham sollte sich des unerhörten Glücks, dass er sie ergattert hatte, durchaus bewusst sein.
Dann war es endlich soweit. Eine gewisse Erregung erfasste sie nun doch.
»Du kannst dich zurückziehen! Ich erwarte dich morgen nach dem Frühstück, das ich im Bett einzunehmen gedenke, wieder«, sagte sie obenhin und entließ Cathy mit einer beiläufigen Handbewegung, die ihr nun, als verheiratete Frau von Stand, angemessen schien. Cathy knickste folgsam und schickte sich an, sich wie befohlen zurückzuziehen. Es war ohnehin erstaunlich, wie nahtlos und willig sich ihre ehemalige Spielgefährtin in die Rolle der Dienerin gefunden hatte. Sie selbst hätte das nicht so einfach akzeptiert, sinnierte Isobel. Sie verfolgte Cathys Rückzug im Spiegel. Als diese die Tür erreicht hatte, fiel Isobel doch noch etwas ein: »Übrigens, Cathy, selbstverständlich nennst du mich ab jetzt Madam oder Mrs Havisham, solltest du meinen, das Wort an mich richten zu müssen. Haben wir uns verstanden?« Ihre Worte klangen unnötig scharf. Es bereitete ihr einfach eine gewisse Genugtuung, ihre Überlegenheit gegenüber Cathy auszuspielen.
Cathy räusperte sich. »Wie Sie wünschen, Madam!«, sagte sie schlicht, um sich dann mit einem erneuten Knicks eilig zurückzuziehen.
Isobel begab sich zu dem gewaltigen Ehebett, auf dem in Kürze ihre Defloration stattfinden sollte, und setzte sich darauf. Spielerisch prüfte sie die Matratzen, indem sie etwas auf und ab wippte. Das alte Möbel begann leicht zu quietschen, was sie zu einem nervösen Kichern veranlasste. Sollte sie Havisham sitzend empfangen oder aber sich schon schlafend stellen? Sie probierte einige Möglichkeiten von völliger Bedeckung bis hin zu verführerischen Posen aus und entschied sich schließlich für eine halbsitzende Stellung mit den Beinen unter der Zudecke, was ihr die Gelegenheit gab, den mit einem Seidenband zusammengehaltenen weiten Ausschnitt ihres Nachtgewandes zu lockern und den Ansatz ihrer Brüste sichtbar werden zu lassen. Das würde es gewiss tun. Da hörte sie, wie Havisham das Schreibzimmer betrat und kurz darauf die Tür zum Schlafzimmer öffnete. Gespannt hielt sie die Luft an. Bedächtig, aber mit entschlossenem Schritt trat er ein.
»Ich sehe, du hast dich schon zurechtgemacht, meine Liebe«,
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