Die dritte Sünde (German Edition)
Farm an diesen Aaron Stutter vorzunehmen. Der schien auch ein fähiger Stallmeister zu sein. Jedenfalls waren, wovon er sich heute hatte überzeugen können, die Pferdeställe und die Tiere selbst in tadellosem Zustand. Schade, dass nun jemand anderes für diese Aufgabe gefunden werden musste, doch der junge Mann trug sich ja auch mit Heiratsplänen. Dem Vernehmen nach handelte es sich dabei um die Zofe der Hausherrin. Immerhin hatte er Stutter das Versprechen abgenommen, so lange, bis ein neuer Stallmeister eingestellt wäre, wenigstens an zwei Vormittagen der Woche noch zur Verfügung zu stehen, um nach dem Rechten zu sehen. Bis dahin würde man sich eben irgendwie behelfen müssen.
Mrs Havisham, Grubers neue Herrin – eine recht kapriziöse, aber nicht uninteressante junge Frau –, hatte zudem in diesem Zusammenhang noch einige recht seltsame Wünsche geäußert, die sie mit einer alten freundschaftlichen Verbundenheit zu Stutters Braut begründete. So sollten Cathy Thomson, neben den für die Ablöse der Pacht notwendigen Geldmitteln von achtzig Pfund, die Aaron Stutter bereits ausgehändigt worden waren, weitere zwanzig Pfund zur Verfügung gestellt werden. Dies verbunden mit der Auflage, das Geld für Nahrungsmittel und anderes für den Lebensunterhalt Notwendige, jedoch ausschließlich für das Paar zu verwenden. Diese ausdrückliche Forderung hatte ihn doch etwas erstaunt, aber mehr noch hatte er sich darüber gewundert, dass Mrs Havisham sich besonders um die Ausstattung des Schlafzimmers der jungen Leute zu sorgen schien. So war sie heute direkt nach dem Frühstück auf den Speicher Whitefells gestiegen und hatte höchstpersönlich einige der ausrangierten Möbelstücke herausgesucht und mit einem Wagen zur Pennywood Farm bringen lassen. Es handelte sich dabei um ein gutes Bett, eine Frisierkommode, wie sie eher zu einer Lady passte, und einen recht großen Standspiegel. Er hatte diesen Transport umgehend in die Wege geleitet, fand es aber seltsam, dass die Dankbarkeit Aaron Stutters sich angesichts der für eine einfache Farm sehr edlen Möbel in engen Grenzen hielt.
Da trat Mrs Branagh – eine fähige und sehr respektable Person, wie Timothy Gruber schnell festgestellt hatte – zu ihm und nahm ihn am Arm, um ihm etwas zu zeigen: »Das ist übrigens die kleine Thomson, die Braut von Mr Stutter. Ich hoffe, dass es ihr als Pächterin bessergehen wird als auf Whitefell.« Mr Gruber, hellhörig geworden durch die kryptische Bemerkung der Haushälterin, blickte angestrengt in die Richtung, die ihm ihr knochiger Arm wies. Bisher hatte er die junge Braut noch nicht zu Gesicht bekommen.Schließlich entdeckte er mit Mrs Branaghs Hilfe die Zofe zwischen den anderen Besuchern. Bei dem hübschen Anblick bedauerte er spontan, dass er erst jetzt nach Whitefell gekommen war. Dieses Mädchen hätte auch ihn reizen können.
Neugierig fragte er: »Was meinen Sie damit, dass es ihr dann bessergehen soll? Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie die Position der Zofe so gern aufgibt. Viele wären froh, sie hätten eine solche Anstellung. Außerdem – so habe ich zumindest den Eindruck gewonnen – scheint ihr Wohl Mrs Havisham besonders am Herzen zu liegen.«
Mrs Branagh sah ihn nachdenklich an. Offenbar überlegte sie sich, ob sie ihre Äußerung näher erläutern solle. Schließlich räusperte sie sich und wandte ihren Blick wieder der ausgelassen feiernden Menge zu. »So, Sie haben diesen Eindruck gewonnen«, meinte sie gedehnt. »Nun, zumindest bestehen berechtigte Zweifel daran. Die letzten Monate, in denen Cathy Thomson die Stelle als Zofe unserer Mrs Havisham bekleidete, waren allerdings anderer Natur. Cathy ist sehr hübsch, wie Sie zweifellos bemerkt haben.« Mr Gruber, der immer noch vom inspirierenden Anblick der jungen Frau gefesselt war, errötete peinlich berührt und beeilte sich, seine Aufmerksamkeit völlig seiner Gesprächspartnerin zuzuwenden.
»Das täuscht ein wenig darüber hinweg, wie kränklich und schmal sie im Dienst der Herrin geworden ist«, fuhr die Haushälterin fort. »Ich bin wirklich froh, dass sich jetzt so schnell eine Lösung gefunden hat.«
Gruber schüttelte irritiert den Kopf. »Aber Mrs Havisham hat selbst – und ich darf hinzufügen, nicht gerade zur übermäßigen Begeisterung von Mr Havisham – Cathy Thomson einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag sozusagen als Mitgift übergeben. Allerdings erwähnte sie eine etwas eigenartige Auflage, das muss ich auch zugeben.«
Mrs
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