Die dritte Sünde (German Edition)
ordnungsgemäß abgegeben hatte. Er glaubte nicht, dass diese an der Geschichte, die er sich zurechtgelegt hatte, zweifeln würden. Dass Isobel die Brosche bei ihrem Ritt in der Nähe der Pennywood Farm einfach verloren hatte, war immerhin sehr plausibel.
»Ja, richtig, du weißt ja, wo es ist.«
»Ja, sicher … danke, Mrs Reed! Und Ihnen wünsche ich einen wunderschönen Tag!«, rief Aaron ihr noch beschwingt über die Schulter zu und war bereits aus der Küche gestürmt, bevor die Köchin sich noch mehr über den plötzlichen Frohsinn des jungen Mannes wundern konnte.
London, 18. März 1839
Kapitel 63
»Wollen Sie die Sache wirklich bis zum bitteren Ende treiben, wenn Baker sich weiterhin so störrisch zeigt? Bedenken Sie, immerhin wären die Folgen doch gravierend. Menschenleben stehen auf dem Spiel! Nun, vielleicht nicht besonders wertvolle Leben … aber trotzdem. Ich weiß nicht recht, Havisham, möglicherweise gehen Sie damit einen Schritt zu weit. Wenn ruchbar werden sollte, dass Sie und letztlich auch ich in die Angelegenheit verwickelt sind, könnte sich das zu einem Bumerang für uns beide entwickeln, das haben wir doch oft genug erörtert.« Mr Green runzelte die Stirn und blickte seinen Gesprächspartner, der diese Vorgehensweise wieder einmal ernsthaft erwogen hatte, zweifelnd an. Dieses ganze Vorhaben verursachte ihm mehr und mehr Bauchschmerzen. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Havisham schnaubte unwillig und fletschte die Zähne. Tatsächlich hatte sich Mr Baker als unerwartet harter Gegner erwiesen. Er hatte durchaus noch starke Befürworter unter den Whigs, die er im Zuge des Angriffs von seinem Kontrahenten um sich geschart hatte. Schon jetzt stand die Kandidatur von Horace Havisham, Kaufmann und Unternehmer aus Wiltshire und darüber hinaus Herr von Whitefell, auf sehr wackeligen Füßen, selbst wenn Baker doch noch zurücktreten sollte. Green kam mehr und mehr zu der Ansicht, einen Fehler begangen zu haben, der ihn selbst in den Abgrund reißen konnte. Auch wenn die Informationen, die Armindale in Trowbridge aufgeschnappt hatte, sich als richtig erwiesen hatten. Es hatte einige Wochen gedauert, bis Armindale zweifelsfrei und auch durch Zeugen belegt bestätigen konnte, dass Rupert Baker immer noch seinen widernatürlichen Neigungen nachging. Nun konnten sie auch, wann immer es nötig sein sollte, auf dieses Druckmittel zurückgreifen. Wenn es je zu einer Anklage gegen Rupert Baker mit dem Vorwurf der Sodomie kommen würde, dann war eine Verurteilung angesichts der Fakten auf alle Fälle gewiss. Die Wahrscheinlichkeit, dass Rupert Baker am Galgen enden würde, war dementsprechend hoch. Die Anwendung dieses Druckmittels würde allerdings nicht nur Baker senior nachhaltig kompromittieren, sondern darüber hinaus leider erheblichen Wirbel verursachen. Vor dieser unerwünschten Wirkung scheute sowohl Green wie auch Havisham zurück. Dieser Schuss konnte auch vollkommen nach hinten losgehen und sie beide ernsthaft in Misskredit bringen – der Tod jeglicher politischer Ambition! Die Sache war einfach zu brisant. Wie es sich herausgestellt hatte, unterhielt Rupert Baker zurzeit regelmäßigen sexuellen Kontakt zu einem Neffen des Dukes of Beaufort, der dann sicher auch unter Anklage gestellt werden würde. Der Skandal wäre ungeheuerlich. Das war Green schneller als dem politisch noch unerfahrenen Havisham klar gewesen und er hatte sich entsprechend warnend geäußert. Guten Argumenten gegenüber war Havisham durchaus offen. Er lernte schnell und hatte es eingesehen. Demzufolge hatten beide bisher davon Abstand genommen, von diesem Druckmittel Gebrauch zu machen. Havisham hielt allerdings die Observation durch Armindale aufrecht. Man konnte nie wissen …
Green seufzte, nahm noch einen Schluck aus seinem Glas und ließ seinen Blick über die zahlreichen Gäste der Abendgesellschaft im Hause Havisham schweifen. Etliche wichtige Whigvertreter nebst Gattinnen waren anwesend, dazu auch einige Geschäftsleute aus dem Bekanntenkreis Havishams, die dieser noch für seine Kandidatur zu gewinnen suchte. Havishams junge Frau indes steckte schon wieder den Kopf mit Lady Craven zusammen. Green wusste, dass Havisham darüber alles andere als erfreut war. Lady Craven hatte in der Londoner Gesellschaft weiß Gott nicht den allerbesten Ruf. Allerdings war sie immer noch eine schöne Frau, wenn auch ihr gepflegtes Äußeres nicht ganz über die Anzeichen einer Erkrankung hinwegtäuschen konnte, die
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