Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
noch ein Glas Wein haben, bitte?«
    Sie versuchten nicht noch einmal, zu tanzen, aber sie wollten auch noch nicht aufbrechen.
    »Sie sind nicht viel jünger als wir«, sagte Zoe.
    »Nein«, pflichtete er ihr bei, »nicht viel.« Sie saßen an ihrem Tisch, tranken ihren Weißwein und betrachteten die hektischen Aktivitäten ringsumher mit Amüsement, Furcht und Neid. Die blitzenden Lichter, die sie sahen; der hämmernde Rhythmus, den sie hörten — all das verwirrte und bestürzte sie.
    Sie blickten sich an, und der Griff ihrer verschlungenen Finger wurde fester. Niemals zuvor hatten sie sich so allein und so zusammengehörig gefühlt.
    Und doch gab es da eine schreckliche Faszination. All die Nacktheit. All diese Sexualität. Es lockte. Beide verspürten die Sehnsucht.
    Zoe sah eine junge Frau, die so wild herumwirbelte, daß ihr langes blondes Haar wie eine Flamme leuchtete. Ihr Büstenhalter bestand fast nur aus schmalen weißen Spitzengummibändern. Ihre Jeans waren so eng, daß der Schlitz zwischen ihren Pobacken nicht zu übersehen war… und die Öffnung zwischen ihren Schenkeln.
    Sie tanzte wild, den Mund geöffnet, die Lippen feucht. Ihre Augen waren halb geschlossen; sie keuchte in einem Paroxysmus der Lust. Ihr Körper rang um Freiheit.
    »Das könnte ich auch«, sagte Zoe Kohler plötzlich.
    »Was?« brüllte Ernie. »Was hast du gesagt? Ich verstehe dich nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf. Dann saßen sie nur noch da und sahen zu. Sie tranken viele Gläser Wein. Sie spürten die Hitze der Tänzer. Was sie beobachteten, erregte sie und schüchterte sie gleichzeitig ein, auf eine Weise, die sie nicht verstehen konnten.
    Schließlich, weit nach ein Uhr, erhoben sie sich taumelnd, hin und her gerissen von ihren Emotionen. Ernie hatte gerade noch genug Geld, um die Rechnung zu bezahlen und ein geringes Trinkgeld zurückzulassen. Draußen blieben sie leicht schwankend stehen, die Arme um die Hüften des anderen gelegt. Sie atmeten die kühle Nachtluft ein und blickten zu den Sternen auf, deren Glanz gedämpft wurde vom Leuchten der Stadt.
    »Müssen nach Hause«, murmelte Ernie. »Habe jetzt nur nicht mehr genug Geld für ein Taxi.«
    »Mach dir deswegen keine Gedanken, Liebling«, sagte sie. »Ich habe Geld.«
    »Nur geliehen«, insistierte er.
    Sie führte ihn, leicht torkelnd, zur Park Avenue. Als endlich ein Taxi hielt, schob sie Ernie auf den Rücksitz und kletterte hinterher. Sie gab dem Fahrer ihre Adresse.
    »Bin etwas betrunken«, sagte Ernie feierlich. »Tut mir leid.«
    »Dummkopf!« sagte sie. »Kein Grund, sich zu entschuldigen. Wenn wir zu Hause sind, koche ich uns einen Kaffee.«
    Im Foyer ihres Appartementhauses versuchte er, sich geradezuhalten und mit sicheren Schritten zu gehen. Aber in ihrem Appartement brach er auf der Couch zusammen und blickte sie hilflos an.
    »Ich bin wie gelähmt«, sagte er.
    »Schlaf mir nur nicht ein«, sagte sie lächelnd. »Der Kaffee ist im Handumdrehen fertig. Dann geht's dir besser.«
    »Entschuldige«, murmelte er noch einmal.
    Als sie mit dem Kaffee aus der Küche kam, lag er zusammengekrümmt da, das Gesicht in die Hände geschmiegt. Mit leichenblassem Gesicht sah er zu ihr auf.
    »Ich fühle mich grauenhaft«, sagte er. »Ich glaube, das kommt vom Wein.«
    »Und von der Hitze«, sagte sie. »Und von der rauchigen Luft. Trink deinen Kaffee, Darling. Und nimm das hier…«
    »Was ist das?«
    »Ein extra starkes Aspirin«, sagte sie und gab ihm die Tuinal. »Gut gegen Kater.«
    Er schluckte sie hinunter und trank die Tasse aus. Sie goß ihm eine zweite ein.
    »Ernie«, sagte sie, »es ist schon nach zwei. Warum übernachtest du nicht bei mir? Ich möchte nicht, daß du um diese Zeit noch allein nach Hause gehst.«
    »Aber ich kann doch nicht…«, begann er.
    »Ich bestehe darauf«, sagte sie fest. »Du nimmst das Bett, und ich schlafe hier auf der Couch!«
    Er wehrte sich und sagte, daß es ihm schon viel besser ginge, und wenn sie ihm ein paar Dollar leihen würde, könnte er sich ein Taxi nehmen; da wäre er vollkommen in Sicherheit. Aber sie bestand darauf, daß er blieb, und nach einer Weile gab er nach — aber nur, wenn sie in ihrem Bett schliefe und er auf der Couch im Wohnzimmer. Sie war einverstanden.
    Sie brachte ihm eine dritte Tasse Kaffee. Diesmal trank er langsam, in kleinen Schlucken. Als sie ihm versicherte, daß ein kleiner Brandy seinen Magen beruhigen würde, gab es keinen Protest von seiner Seite. Sie tranken beide einen Brandy, zogen die

Weitere Kostenlose Bücher