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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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abhalte.«
    Immer hatte er sich beklagt, immer kritisiert. Und sie hatte ihn nie verurteilt, ihm nie an irgendwas die Schuld gegeben.
    Nie! Obwohl es eine Menge auszusetzen gegeben hätte:
    »Mußt du deine dreckigen Socken und die Unterwäsche im Badezimmer auf dem Boden liegenlassen? Irgend jemand muß sie aufheben, und dieser jemand bin wieder ich!«
    Und…
    »Mußtest du auf der Party jede Frau antatschen? Denkst du, ich hätte das nicht bemerkt? Weißt du, in was für einem Ruf du allmählich stehst?«
    Und…
    »Warum bestehst du darauf, wenn du merkst, daß es mir keinen Spaß macht? Ich mache deinen Zirkus ja mit, aber ich hoffe, du beeilst dich ein bißchen.«
    Aber all diese Dinge hatte sie nie gesagt. Weil sie erzogen worden war, daran zu glauben, daß eine gute Frau viel aushalten und hart arbeiten muß, damit ihre Ehe ein Erfolg wird und daß sie ihrem Mann ein sauberes, bequemes Heim bereiten muß. Sie muß für ihn kochen, mitfühlend seinen Problemen lauschen, seine Kinder gebären.
    Und all dem zum Trotz hatte er eines Tages in völliger Mißachtung ihrer Bemühungen und brüsker Zurückweisung ihres Martyriums wütend und frustriert gebrüllt: »Du bist undefinierbar. Du bist einfach nicht da!« Und war aus dem Haus gestürmt. Und jetzt verheiratete er sich mit Evelyn Jane Clark.
    Zoe Kohler wußte, daß Männer sich in vielem von Frauen unterschieden. Ihre physische Kraft ängstigte sie. Sie stolzierten wie Gockel durchs Leben, fordernd und verlangend. Gewalt erregte sie. Insgeheim liebten sie alle den Krieg. Sie waren am liebsten mit anderen Männern zusammen. Sanftmut war Schwäche.
    Ihre körperlichen Eigenarten und Gewohnheiten stießen Zoe ab. Selbst nach dem Baden hatten sie noch einen starken maskulinen Geruch, eine intensive moschusartige Ausdünstung. Sie kauten Zigarren, brachen beim Anblick dreckiger Bilder in wieherndes Gelächter aus und schmatzten, wenn sie irgend etwas Gutes aßen, tranken oder fickten.
    Sie haßte Männer durchaus nicht. Aber sie sah mit aller Klarheit, was sie waren und was sie wollten. Jeder Mann, dem sie begegnet war, hatte sich aufgeführt, als würde er ewig leben. Sie kannten keine Demut. Sie waren so sicher, so ungeheuer sicher. Ihr Selbstvertrauen erdrückte Zoe.
    Am schlimmsten aber war ihre herzliche, plumpe Gutmütigkeit: die Stimme zu laut, das Lächeln zu breit, die ganze Art zu offen. Sogar die Hinterhältigen, Verschlagenen legten sich diese Verkleidung zu, um ihre Männlichkeit zu beweisen. Das Mannsein war eine Rolle, und die besten Schauspieler waren die erfolgreichsten Männer.
    Sie hob die Einladung auf und legte sie auf ein Regal. Vielleicht würde sie Kenneth ein Geschenk schicken, vielleicht auch nicht. Sie würde darüber nachdenken. Ob ein Geschenk Kenneth beschämte und ihm die Verächtlichkeit seiner Tat vor Augen führte? Oder ob es ihn nur in seinem zweifellos vorhandenen Glauben bestärkte, daß sie ein hirnloses, oberflächliches Weibchen war, das ihn immer noch liebte?
    Sie zog sich langsam aus. Sie duschte und zog ihr altes Flanellnachthemd an.
    Es war immer noch früh, kaum zehn Uhr abends, und sie konnte noch einiges erledigen: die Rechnungen durchgehen, Schecks ausschreiben, das Radio einschalten oder fernsehen, ein Buch lesen.
    Statt dessen holte sie ihr Schweizer Armee-Taschenmesser aus ihrer Handtasche. Sie hatte es bereits in heißem Wasser gebadet und sorgfältig abgetrocknet. Sie hatte es sorgfältig nach verräterischen Blutspuren abgesucht und anschließend die Klingen geölt.
    Jetzt nahm sie das Messer mit in die Küche. Sie klappte die größte Klinge heraus. Ihr elektrischer Dosenöffner verfügte auch über einen Schleifstein, mit dem man Messerklingen schärfen konnte. Sie hielt die große Klinge vorsichtig gegen den schnurrenden Stein und schärfte sie sorgfältig.
    Um die Wirkung zu testen, nahm sie das Messer mit ins Schlafzimmer und bearbeitete die Heiratsankündigung von Evelyn Jane Clark und Kenneth Garvin Kohler mit kurzen, wilden Stichen, bis sie nur noch aus kleinen Schnipseln bestand.
    Am Samstag, dem 26. April, verließ Zoe Kohler um sechs Uhr abends ihre Wohnung und ging in östlicher Richtung zur Second Avenue. Sie trug eine Tortenschachtel, in der sich vier Stück Kuchen befanden, zweimal Erdbeer und zweimal Apfel, die sie am Nachmittag gekauft hatte.
    Es war ein milder Frühlingsabend, der Himmel klar, die Luft angenehm wie ein Streicheln. Zoes Depression der vergangenen Woche war von einer südlichen

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