Die dritte Todsuende
habe ich wohl immer nur erwartet, zu heiraten und eine Familie zu haben. Es schien alles darauf hinzudeuten. Aber dann hat es nicht geklappt.«
»Sie haben mir von Ihrer Mutter erzählt. Was ist Ihr Vater für ein Mann?«
»Dad? Oh, der ist noch immer ziemlich aktiv. Er hat einen Gebrauchtwagenhandel und ist zur Hälfte an einer Immobilienfirma beteiligt, und darüber hinaus hat er seine Finger noch in einer Menge anderer Geschäfte. Gehört zu einem halben Dutzend Clubs und Geschäftsverbindungen. Alle naselang wird er zum Präsidenten von diesem oder jenem gewählt. Ich erinnere mich, daß er fast jeden Abend auf einem anderen Meeting war. Er mischt auch in der Lokalpolitik mit.«
»Hört sich nach einem sehr beliebten Mann an.«
»Ich denke schon, ja. Ich habe ihn kaum zu Gesicht bekommen. Ich wußte natürlich, daß er existierte, aber er war nie wirklich da. Immer auf dem Sprung irgendwohin. Wann immer er mich sah, gab er mir einen Kuß. Er roch nach Whiskey und Zigarren. Aber er war sehr erfolgreich, und wir hatten es gut zu Hause, ich kann mich also nicht wirklich beklagen. Wie war Ihr Vater?«
»Groß und dürr und etwas gebeugt, als er älter wurde. Ich glaube wirklich, er hat sich zu Tode gearbeitet. Er hatte immer zwei Jobs auf einmal. Bei so einer Familie mußte er das auch. Er kam spät nach Hause und fiel sofort ins Bett. Wir Jungen haben auch alle gearbeitet — Zeitungen ausgetragen und so was. Aber wir haben nicht viel nach Hause gebracht. Also mußte er arbeiten und arbeiten. Und er hat sich nie beklagt. Nicht ein einziges Mal.«
Ein paar Minuten lang schwiegen sie und nippten an ihrem Brandy.
»Zoe, glauben Sie, daß Sie je wieder heiraten werden?«
Sie überlegte einen Moment. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich nicht — so wie es momentan aussieht.«
Er sah ihr in die Augen. »Hat man Ihnen so weh getan?«
»Ich war am Boden zerstört«, rief sie aus. »Völlig am Ende. Maddie Kurnitz kann von einem Ehemann zum nächsten hüpfen. Ich kann das nicht. Vielleicht ist das mein Fehler. Vielleicht bin ich eine verrückte Romantikerin.«
»Sie haben Angst, es noch einmal zu versuchen?«
»Ja, ich habe Angst. Wenn ich es noch einmal versuchen würde, und es würde wieder schiefgehen, würde ich mich, glaube ich, umbringen.«
»Mein Gott«, sagte er leise, »das meinen Sie ernst, nicht wahr?«
Sie nickte.
»Zoe, niemand von uns ist perfekt. Und auch Beziehungen sind nicht immer perfekt. «
»Das weiß ich«, sagte sie, »und ich war bereit, mit dem zufrieden zu sein, was ich hatte. Aber er war's nicht. Ich möchte wirklich nicht darüber sprechen, Ernie. Es war alles so — so häßlich.«
»In Ordnung«, rief er und ließ seine Hand auf den Tisch fallen, »wir werden nicht mehr darüber reden. Wir unterhalten uns über erfreuliche Dinge und essen unser Dessert, trinken Kaffee und lachen, was das Zeug hält.«
Sie streckte ihre Hand aus und fuhr ihm über das Haar.
»Sie sind nett«, sagte sie und blickte ihm in die Augen. »Ich bin froh, daß ich Sie kennengelernt habe.«
Er griff nach ihrer Hand und preßte sie gegen seine Wange.
»Und ich bin froh, daß ich Sie kennengelernt habe«, sagte er. »Und ich möchte Sie weiterhin so oft sehen, wie ich kann. Okay?«
»Okay«, sagte sie. »So, und jetzt… Erdbeer- oder Apfelkuchen? Was ist Ihnen lieber?«
»Erdbeer«, sagte er prompt.
»Mir auch«, sagte sie. »Wir mögen die gleichen Dinge.«
Bei Kaffee und Küchen plauderten sie über Bücher, Filme und Fernsehstars, eifrig darauf bedacht, keine Gesprächspause entstehen zu lassen. Dann deckten sie den Tisch ab, und Ernie spülte, während Zoe abtrocknete. Sie prägte sich ein, wo er Teller, Tassen, Gläser, Untertassen und Besteck aufbewahrte.
Dann setzten sie sich, immer noch ins Gespräch vertieft, in das große Zimmer und schenkten sich wiederum Brandy ein. Er erzählte ihr von seinen Kursen in Computertechnologie, und sie erzählte ihm von den Problemen der Sicherheitsabteilungen der großen Hotels. Sie waren beide gute Zuhörer.
Um elf Uhr sagte Zoe, sie glaube, sie sollte jetzt besser gehen. Ihr war ein wenig schwindlig. Ernest sagte, seiner Meinung nach sollten sie erst den Brandy austrinken, und sie sagte, wenn sie das täten, würde sie nie mehr heimgehen, und er sagte, das wäre auch in Ordnung. Beide lachten, weil sie wußten, daß er scherzte. Aber ganz sicher waren sie auch wieder nicht.
Ernest sagte, er würde sie nach Hause bringen, aber sie lehnte ab; sie würde
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